Tagebuch der Apokalypse 01
Ich habe bei meinem Vater angerufen und mit Jenny, der Jüngsten, gesprochen. Sie war bei meinem Anruf noch im Halbschlaf. Als sie klein war, habe ich sie ständig gepiesackt. Aber natürlich liebe ich das kleine Scheißerchen, und schließlich formt so was ja den Charakter. Mandy wohnt zu Hause, bis sie wieder auf die Beine kommt. Sie war schon immer der verschlossene Typ gewesen, auch mir gegenüber. Jetzt wünschte ich, es wäre anders oder wenigstens während unserer Kindheit weniger Distanz zwischen uns gewesen.
Ich muss endlich mal meine Kanonen reinigen. Besonders die CAR-15, die ist echt dreckig. Wenn ich schon dabei bin, könnte ich auch gleich meine Pistolen mit säubern. Und wenn wir schon beim Thema sind, wären ein paar hundert Schuss für die Büchse auch nicht schlecht, denn die sind sehr billig. Ich mag Plünderer nämlich nicht besonders, und wenn wir es irgendwann mit irgend einem Quarantänescheiß zu tun kriegen, möchte ich darauf vorbereitet sein.
14.36 Uhr
Okay, langsam mache ich mir Sorgen. Das Seuchenkontrollzentrum in Atlanta hat einen Fall dieser »Krankheit« im Bethesda- Marinelazarett in Maryland gemeldet. Die Meldung ist rausgegangen, weil es hier keine Kommunisten gibt, die Nachrichten unterdrücken könnten. Allem Anschein nach führt die Krankheit dazu, dass der Erkrankte einige motorische Fähigkeiten verliert und unberechenbar wirkt. Ich hab im Stützpunkt angerufen, um ein paar Fragen zu stellen, aber mir wurde gesagt, es bestünde die Möglichkeit, dass wir Montag freikriegen, damit das Verteidigungsministerium einschätzen kann, inwiefern eine Bedrohung von Angehörigen der Streitkräfte auf amerikanischem Boden besteht.
Meine Mutter hat wegen dieser Nachricht angerufen und erzählt, dass man auch Kennedy nach seinem Tod ins Bethesda- Marinelazarett gebracht hat. Ich lachte über meine verschwörungstheoriegläubige Mutter und riet ihr, sie solle ihren Mann (meinen Stiefvater) im Auge behalten und nach Möglichkeit nicht in die Stadt fahren, falls sie bereits genug Lebensmittel gehortet hätten, um daheim zu bleiben. Ich bin dann - natürlich - sofort raus zum örtlichen H.E.B.- Lebensmittelladen und habe tausend Schuss für die Büchse gekauft. Ich musste mehrere Läden abklappern, um so viel zusammen zu kriegen. In keinem Laden wollte man mir tausend Schuss auf einmal verkaufen. Wahrscheinlich hat ein mir unbekanntes Gesetz diese Bürokratie erzeugt, oder ein besorgter Waffenhändler spart ein wenig für sich selbst auf und bemüht sich gleichzeitig, seine Kundschaft zufriedenzustellen.
Ich war schon fast zur Tür raus, als ich den Anruf bekam, die Uniform anzuziehen und mich im Staffel Hauptquartier zu melden. Später mehr.
19.12 Uhr
Komme gerade von der Staffel-Besprechung aus dem Stützpunkt zurück. Bin leicht besorgt. Wir haben erfahren, dass wir morgen, an einem Sonntag, eine wichtige Mission fliegen müssen. Offiziell machen wir einen Aufklärungsflug über Atlanta, in Wirklichkeit geht es aber nach Decatur, Georgia. Wir sollen uns auf ein bestimmtes Gebiet konzentrieren, nämlich das rings um das CDC in Atlanta. Es ist nichts Ernstes; man hat uns nur befohlen, als Kontrollausgleich für die G-Men in Washington zu arbeiten, die sicherstellen wollen, dass das CDC nicht irgendwas verheimlicht. Es ist nur eine Foto-und Nachrichtenaufklärungssache.
Das erinnert mich an die Zeit, in der ich während meiner Trainingsflüge um San Antonio herum die Telefonate meiner Ex- Freundin abhörte. Mir gefällt die Ausrüstung des Nachrichtendienstes, weil ich mit ihrer Hilfe viel Geld und Zeit gespart habe, die ich sonst in diese Frau investiert hätte. Außerdem warteten die Nachrichten mit einem Reporter auf, der die Pressesprecherin des Bethesda- Lazaretts zur Schnecke machte: Die verweigerte der Presse den Zutritt zum Krankenhaus, damit sie dem Personal keine Fragen stellen konnte. »Was verheimlichen Sie uns?«, fragte O’Reilly. Die junge Offizierin blieb stur und beharrte darauf, es ginge ihr nur um den Schutz der Journalisten. Man gestatte kein fremdes Personal im Haus, und außerdem sei das Lazarett kein Gemeineigentum, sondern ein Militärhospital der US-Regierung. Kam mir komisch vor, dass ein niedrigrangiger Offizier wie sie ein solches Interview gab.
11. Januar
19.44 Uhr
Jetzt weiß ich nicht mehr, was ich glauben soll. Um 8.16 Uhr zogen wir heute Morgen los, um unsere Regierung zu bespitzeln. Wir fingen an, indem wir unsere Ausrüstung einschalteten, um alle
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