Tagebuch der Apokalypse 02
um nach Südost-Texas vorzustoßen und für das Hotel 23 zu arbeiten. Obwohl er mit Ende fünfzig schon zum älteren Semester gehört, hat er noch immer Feuer und Schwung im Blick. Ich hatte mir insgeheim gewünscht, er wäre noch im aktiven Dienst und könnte mir so als höherrangiger Offizier das Kommando über Hotel 23 abnehmen. Die Seahawk war ein ziemlich großer Hubschrauber. Der Unteroffizier meinte, die Reichweite des Hubschraubers betrüge über 600 Kilometer. Auf dem Weg zu unserem Stützpunkt waren die beiden an zahlreichen aufgegebenen Militärflugplätzen vorbeigekommen, auf denen es vermutlich einiges an JP-5 gab, einem gebräuchlichen Flugzeugtreibstoff.
Flugbenzin dieser Art hat seine Vorteile, da es nicht so schnell verdirbt wie konventionelles. Findet man es in Tankwagen, ist es noch zu gebrauchen. Sobald der Hubschrauber sich bei uns gemeldet hatte, ließ ich eine Botschaft ans HQ senden. Ich bedankte mich für die Kiste, forderte aber auch mehr Ersatzteile und Personal für die Instandhaltung an. Morgen möchte ich mit Baham und seinem Ingenieur gern eine Runde drehen, um die nähere Umgebung etwas genauer unter die Lupe zu nehmen.
11. September
23.54 Uhr
Der heutige Tag markiert ein weiteres Jubiläum des Tages, von dem ich glaubte, Schlimmeres könne nicht mehr kommen. Zeiten wie diese sind vermutlich daran schuld, dass ich den Wunsch verspüre, in die Vergangenheit zu reisen, in der die Menschen noch nicht wussten, was Terror ist. Die Bewegungen der Untoten in unserer Gegend mehren sich. Ich habe den Eindruck, dass momentan in keiner größeren Stadt irgendjemand noch eine Überlebenschance hat. In den mit Atomraketen beschossenen Städten lebt ohnehin niemand mehr. Mein Gedankengang ist simpel. Die Untoten strömen in mobilen Massenformationen aus den Großstädten. Ich bin sicher, dass die noch intakten Städte voller Untoter sind, die seit etlichen Monaten nichts mehr in ihre verfaulten Mägen füllen konnten. Vielleicht hat dies sie veranlasst, die heimischen Gefilde zu verlassen und Beute zu suchen. Vielleicht ist meine Annahme aber auch völlig falsch. Laut Baham ist seine Kiste für Aufklärungsflüge bereit. Wir haben über die Gebiete gesprochen, von denen wir annehmen, dass sie gute Kandidaten für einen Forschungsflug abgeben. Wir haben alle bombardierten Zonen ausgelassen und beschlossen, uns nach Nordnordost zu wenden. Texarkana soll unser Ziel sein. Dies ist, wenn man Untote und verstrahlte Städte meiden möchte, das sicherste der zu erforschenden Gebiete. Laut unseren Karten war Texarkana nicht sonderlich dicht bevölkert.
Von dort aus gesehen ist Dallas, Texas, die nächste bombardierte Stadt. Somit halten wir knappe 200 Kilometer Sicherheitsentfernung.
Leider werden wir aufgrund dieser Entfernung unterwegs Treibstoff auftreiben müssen. Von hier nach Texarkana sind es fast 450 Kilometer.
15. September
22.19 Uhr
Beim heutigen Aufklärungsflug hat die Maschine sehr gut mitgespielt. Die lange Reise nach Norden und Texarkana haben wir verschoben, aber dafür einen geeigneten Ort gefunden, um den Hubschrauber aufzutanken. Wir sind nach Norden geflogen, nach Shreveport in Louisiana. Außer dem Inertial Navigation System (INS) konnte uns nichts den Weg weisen. Das INS ist ein geschlossenes gyroskopisches Navigationsinstrument, das in der Flugnavigation nicht auf Informationen von außerhalb angewiesen ist. Solange man dem INS vor dem Abheben den richtigen Längen- und Breitengrad einspeist, behält es während des gesamten Fluges eine akkurate gyroskopische Position bei. Da die GPS- Satelliten längst abgeschmiert sind, wäre es fast unmöglich, die Luftwaffenbasis Barksdale in Shreveport ohne INS zu finden. Der Sprit wäre uns lange vor Erreichen des Ziels ausgegangen. Als wir über der Basis waren, hatten wir nur noch Treibstoff für fünfundvierzig Minuten.
Der Zaun war zwar hier und da beschädigt, stand aber noch. Eine Untotenschar hatte sich an der Nordseite des Hauptzauns versammelt. Als wir uns dem Parkplatz näherten, sah ich zahlreiche B-52- Bomber. Sie standen sauber aufgereiht vor den Hangars. Unter manchen Maschinen lagen die Bomben noch auf ihren Karren. Ich war mir zwar nicht sicher, hatte aber das Gefühl. dass diese Bomben keine gewöhnlichen Bomben waren. Die Piloten hatten nur nie die Chance erhalten, zu starten und die ihnen zugewiesenen Ziele anzufliegen. In unserer gegenwärtigen Lage sind die Maschinen jedoch nutzlos für uns. Eine Menge Treibstoff
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