Tagebuch Eines Vampirs 01. Im Zwielicht
es nicht ertragen könne, die Ursache des Zerwürfnisses zwischen uns zu sein. Wenn sie nicht mehr da wäre, so hoffe sie, würden wir uns nicht länger hassen. Sie habe das Opfer gebracht, um uns wieder
zusammenzubringen.“ „Oh, Stefan“, flüsterte Elena. Sie fühlte, wie ihr aus Mitleid Tränen in die Augen stiegen. „Es tut mir so leid. Aber kannst du nicht heute, nach all der Zeit, erkennen, daß das, was Katherine getan hat, falsch war? Es war sogar sehr egoistisch, und es war ihre freie Entscheidung. Ja, man könnte sogar sagen, daß es nichts mit dir und Damon zu tun hatte.“ Stefan schüttelte den Kopf, als wollte er die Wahrheit nicht hören. „Sie hat ihr Leben gegeben... dafür. Wir haben sie getötet.“ Er setzte sich auf. Seine Pupillen waren immer noch stark erweitert, und er sah aus wie ein verwirrter kleiner Junge.
„Damon war mir gefolgt. Er nahm die Nachricht und las sie.
Und dann... führte er sich wie ein Wahnsinniger auf. Wir waren beide wie verrückt. Ich hatte Katherines Ring aufgehoben. Er versuchte, ihn mir wegzunehmen. Wir rangen miteinander. Wir beschimpften uns entsetzlich. Ich weiß nicht mehr, wie wir ins Haus zurückgelangten, doch plötzlich hatte ich mein Schwert in der Hand. Wir kämpften. Ich wollte dieses arrogante Gesicht für immer zerstören, wollte ihn töten. Ich erinnere mich, wie Vater vom Haus her nach uns rief. Wir kämpften heftiger, wollten es beenden, bevor er uns erreichte. Wir waren im Grunde ebenbürtig. Doch Damon war immer stärker gewesen, und an diesem Tag schien er auch schneller zu sein, als hätte er sich bereits mehr verändert als ich. Während Vater aus dem Fenster gelehnt schrie, wir sollten aufhören, spürte ich, wie Damons Klinge an meiner Deckung vorbeizischte... und in mein Herz eindrang.“ Elena starrte ihn fassungslos an. Doch er erzählte ohne Pause weiter. „Ich fühlte diesen entsetzlichen Schmerz tief in mir drin. Dann verließ mich meine Kraft, und ich fiel. Ich blieb am Boden liegen.“ Er sah Elena an und beendete den Satz nüchtern. „Und so bin ich... gestorben.“
Elena war wie erstarrt. Damon kam und beugte sich über mich.
Ich hörte die Schreie meines Vaters und den Tumult im Haus.
Aber alles, was ich sehen konnte, war Damons Gesicht. Diese schwarzen Augen, wie ein Nachthimmel ohne Mond. Ich wollte ihm weh tun, aus Rache für das, was er mir angetan hatte. Für alles, was er mir und Katherine angetan hatte.“ Stefan schwieg einen Moment, dann sagte er fast verträumt: „Und so hob ich mein Schwert und stieß es ihm mit letzter Kraft ins Herz.“ Das Gewitter war vorübergezogen. Durch die zerbrochene Scheibe konnte Elena die leisen Nachtgeräusche hören, das Zirpen der Grillen und den Wind in den Bäumen. In Stefans Zimmer war es ganz still. „Ich weiß nichts mehr, bis ich in meinem Grab erwachte“, erzählte Stefan. Er lehnte sich zurück, von ihr fort und schloß die Augen. Sein Gesicht wirkte hager und müde.
Doch dieser schreckliche, kindlich entsetzte Ausdruck war verschwunden. „Beide, sowohl Damon und als auch ich, hatten genug von Katherines Blut getrunken, um zu verhindern, daß wir wirklich starben. Statt dessen machten wir eine Verwandlung durch. Wir erwachten zusammen in unserem Grab, angekleidet mit unseren besten Sachen und Seite an Seite aufgebahrt. Wir waren zu schwach, um uns weiter gegenseitig zu verletzen. Und wir waren zu verwirrt. Ich rief nach Damon, aber er stürzte hinaus in die Nacht. Zum Glück waren wir mit den Ringen beerdigt worden, die Katherine uns gegeben hatte. Und ich fand ihren Ring in meiner Tasche.“
Unbewußt streichelte Stefan den kleinen Ring an der Kette.
„Wahrscheinlich hat man geglaubt, daß sie ihn mir geschenkt hätte. Ich versuchte, nach Hause zu gehen. Das war dumm. Die Diener schrien erschrocken, als sie mich sahen, und rannten fort, um einen Priester zu holen. Ich floh ebenfalls. Zu dem einzigen Ort, an dem ich mich sicher fühlen konnte. In die Dunkelheit. Und dort bin ich bisher geblieben, Elena. Dort gehöre ich hin. Ich habe Katherine durch meinen Stolz und meine Eifersucht getötet und Damon durch meinen Haß. Aber ich habe Damon Schlimmeres angetan, als ihn nur umzubringen. Ich habe ihn verdammt. Wenn er nicht in diesem Moment gestorben wäre, mit Katherines Blut noch in seinen Adern, hätte er eine Chance gehabt. Mit der Zeit wäre ihr Blut immer schwächer geworden und dann ganz verschwunden. Er wäre wieder zu einem normalen Menschen geworden,
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