Tagebuch Eines Vampirs 04. In Der Schattenwelt
werden, Bonnie.“ „Ich weiß.“ „Du würdest dich Kräften öffnen, die du nicht mehr unter Kontrolle hast. Ich weiß nicht, ob ich dich vor ihnen beschützen kann.“ „Das ist mir egal.“ Er griff fest nach ihrer Hand. „Danke, Bonnie“, flüsterte er und sah sie durchdringend an. Sie fühlte, wie sie rot wurde. „Ist schon gut.“ Mein Gott, war er toll. Diese Augen... noch eine Minute, und sie würde entweder über ihn herfallen oder in einer Pfütze auf seinem Bett zusammenschmilzen. Nimm dich zusammen, Bonnie McCullough, schalt sie sich. Stolz auf ihre Selbstaufopferung, löste sie tugendhaft ihre Hand aus seinem Griff und blickte zur Kerze. „Ich könnte mich in Trance fallenlassen und versuchen, Elena zu erreichen. Wenn ich Kontakt mit ihr bekommen habe, muß ich dich finden und zu ihr bringen. Meinst du, das könnte klappen?“ „Könnte sein, wenn ich meinerseits nach dir suche.“ Er wandte seinen intensiven Blick von ihr ab und konzentrierte sich ganz auf die Flamme der Kerze. „Ich kann deinen Verstand berühren...
wenn du bereit bist, werde ich es fühlen.“ „Gut.“ Die Kerze war weiß, ihre wächsernen Seiten glatt und schimmernd. Die Flamme flackerte auf und zog sich wieder zurück. Bonnie starrte darauf, bis sie sich in ihr verlor und der Raum um sie herum versank. Es gab nur noch die Flamme, sie selbst und die Flamme. Sie verschmolz mit ihr. Unerträgliche Helligkeit umgab sie. Dann trat sie durch das Licht hindurch in die Dunkelheit.
Im Beerdigungsinstitut war es kalt. Bonnie sah sich unbehaglich um, fragte sich, wie sie ausgerechnet hierhergekommen war, und versuchte, ihre Gedanken zu sammeln. Sie war ganz allein, und aus einem unerklärlichen Grund störte sie das. Sollte nicht noch jemand hier bei ihr sein? Sie suchte nach jemandem. Im nächsten Raum brannte ein Licht. Bonnie ging darauf zu, und ihr Herz begann wie wild zu klopfen. Der Aufbahrungssaal...
jetzt war er voller hoher Kerzenständer, in denen weiße Kerzen schimmerten. In ihrer Mitte stand ein weißer Sarg mit offenem Deckel. Schritt für Schritt, wie von unsichtbaren Fäden gezogen, ging Bonnie darauf zu. Sie wollte nicht hineinsehen, aber sie mußte es tun. Etwas in diesem Sarg wartete auf sie.
Der ganze Raum wirkte im weichen, warmen Licht der Kerzen wie verschwommen. Es war ein Gefühl, wie auf einer Insel von Licht zu schweben. Aber sie wollte nicht hinsehen... Wie in Zeitlupe erreichte sie den Sarg und starrte auf den weißen Satinbezug in seinem Inneren. Er war leer. Dann bemerkte sie eine Bewegung am Rand ihres Sichtfelds und fuhr herum.
Elena. „Mensch, hast du mich erschreckt“, keuchte Bonnie. „Ich hatte dir gesagt, daß du nicht hierherkommen darfst“, antwortete Elena. Diesmal war ihr Haar offen. Weißgolden im Schein der Flammen fiel es auf ihre Schultern und den Rücken hinunter. Sie trug ein dünnes, weißes Kleid, das im Kerzenlicht sanft leuchtete. Elena sah selbst wie eine Kerze aus, durchsichtig und strahlend. Ihre Füße waren nackt.
„Ich bin gekommen, um...“ Bonnie war verwirrt. Etwas drohte sie abzulenken. Doch dann nahm sie sich zusammen. Das hier war ihr Traum, ihre Trance. „Ich bin gekommen, um dir Stefan zu bringen.“
Elena riß die Augen weit auf. Ihr Mund öffnete sich unwillkürlich. Bonnie erkannte den Ausdruck großer Sehnsucht, fast unwiderstehlichen Verlangens. Kaum eine Viertelstunde zuvor hatte sie ihn auf Stefans Gesicht gesehen.
„Oh“, flüsterte Elena. Sie schluckte, ihr Blick verschleierte sich.
„Oh, Bonnie... aber, das geht nicht.“ „Warum nicht?“ Tränen traten jetzt in Elenas Augen, und ihre Lippen zitterten. „Was wäre, wenn sich die Dinge wieder veränderten? Wenn er käme und...“ Sie hob die Hand zum Mund, und Bonnie erinnerte sich an den letzten Traum, in dem Elenas Zähne auf die Eiscreme gefallen waren. Bonnie sah sie erschrocken an und verstand.
„Kannst du es nachfühlen? Ich könnte es nicht ertragen, wenn so etwas passieren würde“, flüsterte Elena. „Wenn Stefan mich so sehen müßte... Und ich kann die Ereignisse hier nicht kontrollieren, mir fehlt die Kraft dazu. Bonnie, bitte, laß ihn nicht herkommen. Sag ihm, daß es mir leid tut, sag ihm...“ Sie schloß die Augen und weinte.
„Gut.“ Bonnie war ebenfalls zum Heulen zumute, doch Elena hatte recht. Sie suchte nach Stefans Verstand, um es ihm zu erklären und ihm zu helfen, die Enttäuschung zu ertragen.
Aber in dem Moment, in dem sie ihn erreicht hatte, wurde ihr
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