Tagebuch Eines Vampirs 04. In Der Schattenwelt
diesen entsetzlichen Tod in dem Glauben gestorben, daß ich sie verraten habe!“ Bonnie konnte jetzt an seinem Gesicht sehen, daß die Schuld wie Säure an ihm fraß. „Wenn ich hiergeblieben wäre...“
„Wärst du jetzt auch tot!“ zischte Damon. „Das ist kein normaler Vampir, mit dem du es hier zu tun hast. Er hätte dich in zwei Stück gebrochen wie einen trockenen Zweig...“
„Und das wäre besser gewesen!“ schrie Stefan. Seine Brust hob und senkte sich heftig. „Ich wäre lieber mit ihr gestorben, statt dabeizustehen und zuzusehen, wie er sie zu Tode quält. Was ist eigentlich passiert, Damon?“ Er hatte sich jetzt wieder im Griff und war ruhig, zu ruhig; die grünen Augen glühten in seinem bleichen Gesicht, und seine Stimme war bösartig und triefte vor Gift, als er weitersprach: „Warst du zu sehr damit beschäftigt, ein anderes Mädchen durch die Büsche zu jagen?
Oder hat es einfach dich zu wenig interessiert, um einzugreifen?“ Damon schwieg. Er war genauso bleich wie sein Bruder.
Jeder seiner Muskeln war starr und angespannt. Wellen von schwarzer Wut gingen von ihm aus, während er Stefan beobachtete. „Oder vielleicht hat es dir sogar Spaß gemacht.“
Stefan trat einen Schritt vor, so daß er Damon direkt ins Gesicht sehen konnte. „Ja, das wird's wohl gewesen sein. Es hat dir gefallen, mit einem anderen Killer zusammenzusein. War es gut, Damon? Hat er dich zusehen lassen?“ Damons Faust schoß hoch und traf Stefan.
Es geschah viel zu schnell für Bonnies Augen. Stefan fiel rücklings mit ausgestreckten Beinen auf den weichen Boden.
Meredith schrie etwas, und Matt warf sich vor Damon.
Tapfer, dachte Bonnie wie benommen, aber dumm. Die Luft knisterte wie elektrisch aufgeladen. Stefan hob die Hand zum Mund und fand Blut, das schwarz im Mondlicht glänzte. Bonnie eilte an seine Seite und packte seinen Arm.
Damon ging wieder auf ihn los. Matt wich aus, ließ sich neben Stefan auf die Knie nieder und setzte sich auf die Fersen zurück. Er hob eine Hand. „Genug! Es reicht!“ rief er. Stefan versuchte, aufzustehen. Bonnie verstärkte ihren Griff. „Nein, Stefan. Nicht!“ bettelte sie. Meredith packte seinen anderen Arm. „Damon, laß ihn in Ruhe! Damon!“ sagte Matt scharf.
Wir sind alle total verrückt, uns hier einzumischen, schoß es Bonnie durch den Kopf. Den Kampf zwischen zwei wutentbrannten Vampiren schlichten zu wollen. Sie werden uns eher töten, als aufzuhören. Damon wird Matt wie eine Fliege zerquetschen.
Aber Damon hielt inne, als Matt ihm den Weg versperrte. Einen langen Moment schien die Szene wie eingefroren. Niemand rührte sich, alle waren wie erstarrt vor Anspannung. Dann lockerte sich Damons Haltung langsam.
Er ließ die Hände sinken und öffnete die Fäuste. Er holte tief Luft. Bonnie merkte, daß sie den Atem angehalten hatte, und atmete erleichtert aus. Damons Gesichtszüge waren kalt. „Gut, du bekommst deinen Willen, Matt“, sagte er eiskalt. „Aber ich bin hier fertig. Ich gehe. Und diesmal, Bruder, werde ich dich töten, wenn du mir folgst. Egal, welches Versprechen dich bindet.“
„Ich werde dir nicht folgen“, erwiderte Stefan. Er saß immer noch auf dem Boden, und seine Stimme klang, als habe er gemahlenes Glas verschluckt. Damon zog seine Lederjacke hoch und glättete sie. Mit einem flüchtigen Blick auf Bonnie wandte er sich zum Gehen. Dann drehte er sich noch einmal um und sprach klar und deutlich, jedes Wort ein Pfeil, der auf Stefan gerichtet war. „Ich habe dich gewarnt“, sagte er. „Vor dem, was ich bin, und davor, welche Seite gewinnen wird. Du hättest auf mich hören sollen, kleiner Bruder. Vielleicht lernst du etwas aus den Ereignissen dieser Nacht.“ „Ich habe bereits gelernt, was mein Vertrauen in dich wert war“, sagte Stefan leise. „Hau ab, Damon. Ich will dich nie wiedersehen.
Ohne ein weiteres Wort verschwand Damon in der Dunkelheit.
Bonnie ließ Stefans Arm los und verbarg ihr Gesicht in den Händen.
Stefan stand auf und schüttelte sich wie eine Katze, die gegen ihren Willen festgehalten wurde. Er ging mit abgewandtem Gesicht ein wenig von den anderen weg. Dann blieb er reglos stehen. Die Wut schien ihn so schnell verlassen zu haben, wie sie gekommen war.
Was sollen wir jetzt sagen? fragte sich Bonnie und sah auf. Was können wir überhaupt sagen? Stefan hatte mit einer Sache recht gehabt. Sie hatten ihn vor Damon gewarnt, aber er hatte nicht auf sie gehört. Er hatte ehrlich geglaubt, seinem Bruder
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