Tagebuch Eines Vampirs 06. Seelen Der Finsternis
bringt, bevor es zu spät ist.«
» Ich werde ihr die Nachricht überbringen, aber ich denke, es wird ziemlich hart werden, Tyrone von Deborah Koll loszueisen. Er klebt förmlich an ihr fest– aber, hey, vielleicht kann Dr. Alpert auch die Kolls dazu bringen, die Stadt zu verlassen.«
» Vielleicht. Das würde bedeuten, dass hier einige Kids weniger wären, um die wir uns sorgen müssen«, sagte Mrs Flowers, bevor sie Matts Tasse ergriff, um hineinzuspähen.
» Ich werde es tun.« Es ist seltsam, dachte Matt. Er hatte jetzt drei Verbündete in Fell’s Church und es waren alles Frauen weit über sechzig. Die eine war Mrs Flowers, immer noch kraftvoll genug, um jeden Morgen aufzustehen, einen Spaziergang zu machen und ihren Garten zu versorgen; die andere war Obaasan– ans Bett gefesselt, winzig und puppenähnlich, das schwarze Haar zu einem Knoten aufgesteckt–, die stets einen Rat aus den Jahren bereit hielt, die sie als Schreinjungfer verbracht hatte; und zu guter Letzt war da Dr. Alpert, die Ärztin von Fell’s Church, die eisengraues Haar hatte, dunkelbraune Haut und allen Dingen absolut pragmatisch gegenüber stand, Magie eingeschlossen. Im Gegensatz zur Polizei weigerte sie sich zu leugnen, was vor ihrer Nase passierte, und tat ihr Bestes, um zu helfen, die Ängste der Kinder zu zerstreuen sowie den panischen Eltern Rat zu geben.
Eine Hexe, eine Priesterin und eine Ärztin. Matt fand, dass das eine recht gute Basis war, vor allem da er auch Caroline kannte, der Ursprung allen Übels in diesem Fall.
» Ich werde heute Abend zu dieser Versammlung gehen«, erklärte er entschieden. » Die Kids haben schon den ganzen Tag miteinander getuschelt und sich verabredet. Ich werde mich nachher irgendwo verstecken, wo ich sehen kann, wenn sie in Richtung Friedhof gehen– und dann wahrscheinlich in das Dickicht des Alten Waldes. Dann werde ich ihnen folgen– solange Caroline oder– Gott steh uns bei, Shinichi oder Misao– nicht bei ihnen sind.«
Mrs Flowers schenkte ihm noch eine Tasse Tee ein. » Ich mache mir große Sorgen um dich, Matt, mein Lieber. Es scheint mir ein Tag voller böser Omen zu sein. Nicht die Art von Tag, an der man zusätzliche Risiken eingehen sollte.«
» Hat Ihre Mom etwas dazu zu sagen?«, fragte Matt mit aufrichtigem Interesse. Mrs Flowers’ Mutter war Anfang des 20. Jahrhunderts gestorben, aber das hatte sie nicht daran gehindert, mit ihrer Tochter in Verbindung zu bleiben.
» Nun, das ist es ja gerade. Ich habe den ganzen Tag noch nichts von ihr gehört. Ich werde es einfach noch ein weiteres Mal versuchen.« Mrs Flowers schloss die Augen, und Matt konnte sehen, dass ihre Lider, die wie Krepppapier beschaffen waren, sich hin und her bewegten, während sie vermutlich nach ihrer Mutter suchte oder sich bemühte, in Trance zu fallen oder etwas in der Art. Matt trank seinen Tee und begann, schließlich ein Spiel auf seinem Handy zu spielen.
Endlich öffnete Mrs Flowers wieder die Augen und seufzte. » Die liebe Ma ma« – sie sprach das Wort immer mit der Betonung auf der zweiten Silbe aus– » ist heute reizbar. Ich kann sie einfach nicht dazu bewegen, mir eine klare Antwort zu geben. Sie sagt allerdings, dass die Versammlung sehr lautstark sein wird und dann sehr still. Und es ist klar, dass sie das Gefühl hat, dass es außerdem sehr gefährlich werden wird. Ich denke, ich sollte dich besser begleiten, mein Lieber.«
» Nein, nein! Wenn Ihre Mutter es für gefährlich hält, werde ich es nicht einmal annähernd versuchen«, entgegnete Matt. Die Mädchen würden ihm bei lebendigem Leib die Haut abziehen, wenn Mrs Flowers etwas zustieß, dachte er. Besser, man ging auf Nummer sicher.
Mrs Flowers lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück und wirkte erleichtert. » Nun«, sagte sie schließlich, » dann will ich mich jetzt besser um meine Kräuter kümmern. Ich muss Beifuß ernten und trocknen. Und die Blaubeeren sollten inzwischen ebenfalls reif sein. Wie die Zeit doch verfliegt.«
» Nun, Sie kochen für mich und tun alles«, erwiderte Matt. » Ich wünschte, Sie würden mir erlauben, dafür zu bezahlen.«
» Das würde ich mir nie verzeihen! Du bist mein Gast, Matt. Und mein Freund, zumindest hoffe ich das.«
» Absolut. Ohne Sie wäre ich verloren. Und ich werde einfach einen Spaziergang um die Stadt herum machen. Ich muss ein wenig Energie verbrennen. Ich wünschte…« Er brach plötzlich ab. Er hatte sagen wollen, er wünschte, er könne mit Jim Bryce ein paar Körbe werfen.
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