Tagebuch Eines Vampirs 06. Seelen Der Finsternis
Farce nicht wiederholt werden musste.
Sagt es mit Gefühl, hatte ihre Schauspiellehrerin an der Highschool, Ms Courtland, die Klasse stets ermahnt. Wenn kein Gefühl in euch ist, kann auch keins im Publikum entstehen.
» Herr!«, rief Elena mit einer Stimme, die laut genug war, um das Lamentieren der Frauen zu übertönen. » Herr, ich bin nichts als eine Sklavin, nicht würdig, das Wort an Euch zu richten. Aber ich habe mich ungebührlich benommen, und ich akzeptiere meine Strafe voller Eifer– ja, voller Eifer, wenn sie Euch auch nur eine Winzigkeit der Respektabilität zurückgibt, die Ihr vor meiner unerhörten Tat genossen habt. Ich flehe Euch an, diese in Schande gefallene Sklavin zu bestrafen, die wie beiseitegeworfener Abfall vor Euren huldvollen Füßen liegt.«
Die Ansprache, die sie in dem monotonen, benommenen Tonfall eines Menschen gehalten hatte, dem jedes einzelne Wort eingetrichtert worden war, hätte tatsächlich nicht mehr als fünf Worte bedurft: » Herr, ich flehe um Vergebung.« Aber niemand schien die Ironie zu erkennen, die Elena hineingelegt hatte, ebenso wie es niemand erheiternd zu finden schien. Der Pate hatte ihre Entschuldigung akzeptiert; der junge Drohzne hatte sie jetzt bereits zum zweiten Mal vernommen und nun war Damon an der Reihe.
Aber der junge Drohzne hatte noch etwas hinzuzufügen. Er feixte Elena an und sagte: » Dies ist der Ort, an dem du spüren wirst, was du bist, Fräuleinchen. Aber ich will die Eschenrute sehen, bevor Ihr sie benutzt!« Die letzten Worte waren an Damon gerichtet. Einige Übungshiebe auf die sie umgebenden Kissen (was die Luft mit rubinfarbenem Staub erfüllte) überzeugten ihn davon, dass die Rute alles war, was selbst er sich wünschen konnte.
Sichtlich sabbernd ließ er sich auf der goldenen Couch nieder und musterte Elena von Kopf bis Fuß.
Jetzt war die Zeit gekommen. Damon konnte es nicht länger hinauszögern. Langsam, als sei jeder Schritt Teil eines Stückes, das er nicht richtig geprobt hatte, schob er sich neben Elena. Endlich, als die versammelte Menge schon rastlos wurde und die Frauen Anstalten machten, sich im Alkohol zu verlieren statt in Wehklagen, wählte er seinen Platz.
» Ich bitte um Vergebung, mein Herr«, sagte Elena mit ihrer ausdruckslosen Stimme. Wenn man die Sache ihm allein überlassen hätte, dachte sie, hätte er sich nicht einmal an die Notwendigkeiten erinnert.
Jetzt wurde es in der Tat Zeit. Elena wusste, was Damon ihr versprochen hatte. Sie wusste auch, dass an diesem Tag eine Menge Versprechen gebrochen worden waren. Zehn Hiebe waren immerhin beinahe das Doppelte von sechs.
Sie sah dem nicht gerade mit Freude entgegen.
Doch als der erste Schlag kam, wusste sie, was sie schon vorher gewusst hatte– dass Damon nicht einer von denen war, die ihre Versprechen brachen. Sie spürte einen dumpfen Aufprall und Taubheit und dann, seltsamerweise, eine Feuchtigkeit, die sie so sehr überraschte, dass sie den Kopf hob und versuchte, durch das Gitterwerk der Bretter über ihnen nach Wolken Ausschau zu halten. Es war beunruhigend zu begreifen, dass diese Feuchtigkeit ihr eigenes Blut war, vergossen ohne Schmerz.
» Lasst sie mitzählen«, nuschelte der junge Drohzne knurrend, und Elena sagte automatisch: » Eins«, bevor Damon gegen den Vorschlag protestieren konnte.
Elena fuhr fort, mit der gleichen unbeteiligten Stimme weiterzuzählen. Im Geiste war sie nicht hier, in dieser widerlich riechenden, schrecklichen Gosse. Sie hatte sich auf die Ellbogen gestützt, um ihren Kopf zu halten, und sie schaute in Stefanos Augen– in diese frühlingsgrünen Augen, die niemals alt sein würden, wie viele Jahrhunderte er auch ansammeln mochte. Sie zählte träumerisch für ihn, und zehn würde ihr Signal sein, aufzuspringen und ein Wettrennen zu beginnen. Es regnete leicht, und Stefano räumte ihr einen Vorsprung ein, und bald, sehr bald würde sie durch üppiges grünes Gras davonlaufen. Sie würde dies zu einem fairen Wettrennen machen und sich wirklich Mühe geben, aber Stefano würde sie natürlich einholen. Dann würden sie sich zusammen ins Gras fallen lassen und lachen, als hätten sie einen hysterischen Anfall.
Was die vagen, fernen Geräusche von wolfsähnlichem, dunklem Knurren betraf, so veränderten selbst diese sich langsam. Es hatte alles mit irgendeinem dummen Traum von Damon und einer Eschenrute zu tun. In dem Traum schlug Damon hart genug zu, um selbst die kritischsten Zuschauer zu befriedigen. Und die Schläge,
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