Tagebuch Eines Vampirs 06. Seelen Der Finsternis
Schmerz und Sonnenlicht, um mein wertloses Leben zu retten– und das noch wertlosere Leben meines Bruders?«
» Dies hier ist eine bessere Art des Gewinnens«, gab Elena zu. » Aber wann immer wir zusammen sind, gewinne ich. In jedem Augenblick– selbst in diesem Kerker…«
Stefano zuckte zusammen, aber Elena musste ihren Gedanken zu Ende bringen. » Selbst dort, in deine Augen zu schauen, deine Hand zu berühren, zu wissen, dass du mich ansiehst und mich berührst – und dass du in diesem Moment glücklich bist –, nun, das ist in meinen Augen gewinnen.«
Stefano sah sie an. In dem fahlen Licht sah das Grün seiner Augen plötzlich dunkel und mysteriös aus. » Und noch etwas«, flüsterte er. » Weil ich bin, was ich bin… Und weil deine Krone nicht dieses herrliche goldene Haar ist, sondern eine Aura, die… unauslöschlich ist… unbeschreiblich… die alle Worte übersteigt…«
Elena hatte gedacht, dass sie dasitzen und einander einfach ansehen würden, dass sie in den Augen des anderen ertrinken würden, aber das war es nicht, was geschah. Stefanos Miene hatte sich verändert, und Elena begriff, wie nahe er dem Blutrausch– und dem Tod– immer noch war.
Hastig schob Elena sich das feuchte Haar beiseite, dann lehnte sie sich zurück, wohl wissend, dass Stefano sie auffangen würde.
Er tat es, aber obwohl Elena das Kinn gehoben hatte, damit er trinken konnte, drückte er es mit beiden Händen wieder herunter, um sie anzusehen.
» Weißt du, wie sehr ich dich liebe?«, fragte er.
Sein ganzes Gesicht wirkte jetzt maskenhaft, rätselhaft und seltsam erregend. » Ich denke nicht, dass du das tust«, flüsterte er. » Ich habe immer wieder erlebt, dass du bereit warst, alles, alles zu tun, um mich zu retten… Aber ich denke nicht, dass du weißt, wie sehr sich diese Liebe in mir aufgebaut hat, Elena…«
Köstliche Schauder überliefen Elena.
» Dann solltest du es mir besser zeigen«, flüsterte sie. » Oder ich glaube vielleicht nicht, dass du es ernst meinst…«
» Ich werde dir zeigen, was ich meine«, flüsterte Stefano zurück. Aber als er sich vorbeugte, tat er es, um sie sanft zu küssen. Das Gefühl in Elena– dass dieses halbverhungerte Geschöpf sie küssen wollte, statt sich sofort auf ihre Kehle zu stürzen– gipfelte in etwas, das sie weder mit Gedanken noch mit Worten erklären konnte, sondern nur, indem sie Stefanos Kopf zu sich herabzog, sodass sein Mund auf ihrem Hals lag.
» Bitte«, sagte sie. » Oh Stefano, bitte. «
Dann spürte sie die schnellen Opferschmerzen und dann trank Stefano ihr Blut und ihren Geist. Und sie fühlte seinen Geist, der jetzt wie ein Vogel sein Nest und seine Gefährtin gefunden hatte und immer höher hinaufflog, um endlich eins zu werden mit seiner Geliebten.
Danach waren solch unbeholfene Dinge wie Worte nicht länger notwendig. Sie kommunizierten in Gedanken, die so rein und klar waren wie schimmernde Edelsteine, und Elena jubilierte, denn Stefanos Geist lag vollkommen offen vor ihr; nichts davon war abgesperrt oder dunkel und es gab keine riesigen Felsen voller Geheimnisse oder angekettete, weinende Kinder…
Was!, hörte sie Stefano telepathisch ausrufen. Ein Kind in Ketten? Ein Felsbrocken? Wer könnte so etwas in seinem Geist haben …?
Stefano brach ab, denn er kannte die Antwort, noch bevor Elenas blitzschneller Gedanke es ihm verraten konnte. Elena spürte die klare grüne Welle seines Mitleids, gewürzt von dem natürlichen Ärger eines jungen Mannes, der durch die Tiefen der Hölle gegangen, aber unbesudelt war von dem schrecklichen schwarzen Gift des Hasses eines Bruders gegen den anderen.
Als Elena schließlich alles berichtet hatte, was sie über Damons Gedankenprozesse wusste, fügte sie hinzu: Und ich weiß nicht, was ich tun soll! Ich habe alles getan, was ich konnte, Stefano, ich habe – ich habe ihn sogar geliebt. Ich habe ihm alles gegeben, das nicht allein dir gehörte. Aber ich weiß nicht, ob es auch nur den geringsten Unterschied gemacht hat.
Er hat Matt » Matt« genannt statt Brad, unterbrach Stefano sie.
Ja. Das … ist mir auch aufgefallen. Ich habe ihn immer wieder darum gebeten, aber es schien ihm niemals wichtig zu sein.
Und dennoch ist es dir gelungen, ihn zu verändern. Diese Fähigkeit haben nicht viele.
Elena zog ihn fest an sich, hielt inne, weil sie sich Sorgen machte, dass es vielleicht zu fest war, und sah ihn an. Er lächelte und schüttelte den Kopf. Er sah bereits mehr aus wie ein Mann denn wie
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