Tagebuch eines Vampirs 9 - Jagd im Mondlicht
blassblauen Augen blickten sie voll panischer
Angst an.
»Ich werde es versuchen«, versprach Elena und drückte seine Hand.
Sie tauschte einen Blick mit Bonnie, dann folgte sie Meredith durch die
Falltür.
Als sie den Eingang zum geheimen Treffpunkt der Vitale Society er-
reichten, pressten Meredith und Damon sich mit dem Rücken gegen die
kunstvoll geschnitzten Holztüren. Elena beobachtete die beiden und kon-
nte zum ersten Mal eine gewisse Ähnlichkeit zwischen ihnen feststellen.
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Jetzt, da sie eine Schlacht erwartete, zeigten Meredith und Damon das
gleiche grimmige Lächeln.
Eins … zwei …, zählte Damon lautlos, … drei.
Gleichzeitig stießen sie gegen die Flügeltüren, die mit einem Ruck nach
innen aufsprangen; die Ketten, mit denen sie verbarrikadiert gewesen
waren, schossen durch die Luft. Damon stolzierte hinein, immer noch das
boshafte, funkelnde Lächeln auf den Lippen. Meredith folgte ihm, hoch
aufgerichtet und wachsam, den Stab kampfbereit.
Dunkle Gestalten stürmten auf sie zu, aber Elena war nur darauf
konzentriert, Stefano zu finden.
Dann entdeckte sie ihn und ihr stockte der Atem. Er war verletzt. An
einen Stuhl gefesselt, hob er ihnen sein bleiches Gesicht entgegen. In
seinen smaragdgrünen Augen stand ein gequälter Ausdruck. Von seinem
Arm tropfte dunkelrotes Blut, das sich unter seinem Stuhl in einer Pfütze
sammelte.
Elena drehte fast durch.
Ohne nachzudenken, rannte sie quer durch den Raum auf Stefano zu
und nahm kaum wahr, dass sich eine der dunklen Gestalten in
Kapuzenumhang auf sie stürzte – und dass Damon die Gestalt aufhielt,
ihr lässig das Genick brach und den schlaffen Körper zu Boden fallen ließ.
Geistesabwesend registrierte Elena das Klatschen von Holz auf Fleisch,
als Meredith einen anderen Angreifer mit ihrem Stab erwischte, sodass
dieser in Krämpfen zusammenbrach, während das Eisenkraut aus den
Dornen an der Stabspitze in seinen Blutkreislauf eindrang.
Und dann hockte sie neben Stefano und nichts anderes spielte mehr
eine Rolle. Er zitterte schwach, nur ein winziges Beben, und sie streichelte
seine Hand, wobei sie darauf achtete, die Wunde an seinem Unterarm
nicht zu berühren. Dicke rote Striemen zogen sich um seine Handgelenke
unter den Fesseln, die bereits von Blut durchtränkt waren. »Eisenkraut
auf den Fesseln«, murmelte er. »Mir geht es gut, aber beeil dich.« Und
dann fragte er voller Schmerz und zugleich voller Freude: »Elena?«
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Sie hoffte, dass er all ihre Liebe für ihn in ihren Augen lesen konnte, als
sie seinem Blick begegnete. »Ja, ich bin da, Stefano. Es tut mir so leid.«
Dann begann sie mit dem Messer, das Meredith ihr gegeben hatte, an den
Seilen zu sägen. Stefano zuckte vor Schmerz zusammen, als die Seile um
seine Handgelenke aufrissen. »Oh Gott, dein Arm«, murmelte sie und
tastete ihre Jackentaschen nach irgendetwas ab, um die Blutung zu stil-
len. Schließlich zog sie einfach ihre Jacke aus und drückte sie auf die Sch-
nittwunden. Stefano nahm ihr die Jacke ab. »Du wirst auch die übrigen
Seile durchschneiden müssen«, sagte er angespannt. »Ich selbst kann sie
wegen des Eisenkrauts nicht anfassen.«
Sie nickte und machte sich sofort daran, die Fesseln um seine Knie und
Fußknöchel zu lösen. »Ich liebe dich«, sagte sie, ohne von ihrer Arbeit
aufzuschauen. »Ich liebe dich so sehr. Ich habe dir wehgetan, und das
wollte ich nicht. Niemals, Stefano. Bitte, glaub mir.« Erst als sie fertig
war, riskierte sie einen Blick auf Stefano. Tränen strömten ihr übers
Gesicht und sie wischte sie weg.
Hinter ihnen prallte ein weiterer Leichnam dumpf auf den Boden und
ein zorniges Kreischen erklang. Aber Stefano hielt ihrem Blick stand,
ohne mit der Wimper zu zucken. »Elena, ich …« Er seufzte. »Ich liebe
dich mehr als alles andere auf der Welt«, sagte er schlicht. »Das weißt du.
Bedingungslos.«
Sie bebte und holte tief Luft, bevor sie sich erneut die Tränen vom
Gesicht wischte. Sie brauchte eine klare Sicht, sie musste sich beruhigen,
ihre Hände durften nicht zittern, schließlich war Stefanos Oberkörper im-
mer noch gefesselt. Sie zog an den Seilen und stellte fest, dass sie weit
genug nachgaben, um das Messer darunter zu setzen, und begann zu
schneiden. Stefano zischte vor Schmerz.
»Entschuldige, entschuldige«, sagte sie hastig und versuchte, so schnell
wie möglich zu arbeiten. »Stefano«, begann sie von Neuem. »Der Kuss
mit Damon – nun, ich
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