Tagebuch eines Vampirs 9 - Jagd im Mondlicht
tatsäch-
lich nicht allein fertigbringt, ein paar frisch erschaffene Vampire in
Schach zu halten, dann schäme ich mich für ihn«, zischte er. »Vielleicht
sollte ich ihn doch einfach sich selbst überlassen.«
Elena berührte leicht seine Hand und einen Augenblick später eilte Da-
mon weiter. Sie wusste, dass er Stefano nicht im Stich lassen würde. Jeder
von ihnen wusste das. Seine angespannte Miene zeigte deutlich, dass Da-
mon völlig auf die Gefahr konzentriert war, in der sein Bruder schwebte;
ihre Rivalität war in diesem Moment vergessen.
»Es sind nicht nur ein paar Vampire«, stellte Matt klar. »Es sind unge-
fähr fünfundzwanzig. Es tut mir leid, Leute, ich war ein Idiot.«
Entschlossen schwang er den Kampfstab, den Meredith ihm gegeben
hatte – Samanthas Stab.
»Es ist nicht deine Schuld«, tröstete ihn Bonnie. »Du konntest ja nicht
wissen, dass dieser Club – oder was auch immer – böse ist, oder?«
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Wenn irgendjemand sie dabei beobachtet hätte, wie sie über den Cam-
pus marschierten, dann hätten mit Sicherheit alle Alarmglocken ges-
chrillt: Elena und Bonnie umklammerten nur halb verborgen unter ihren
Jacken die großen, scharfen Jagdmesser, die Meredith ihnen gegeben
hatte. Matt hielt Sams Stab fest in der Hand und Meredith war mit ihrem
eigenen Kampfstab bewaffnet. Aber es war nach Mitternacht, und der
Weg, den sie gingen, lag glücklicherweise still und verlassen da.
Nur Damon trug keine Waffe – er war eine Waffe.
Seine menschliche Fassade schien von ihm abgefallen zu sein. Seine
wütende Miene hätte aus Stein gemeißelt sein können, wären da nicht im-
mer wieder scharfe weiße Zähne zwischen seinen Lippen aufgeblitzt, wäre
da nicht die unendlich tiefe Dunkelheit seiner Augen gewesen.
Als sie die Bibliothek erreichten, war diese natürlich geschlossen,
wovon Damon sich allerdings nicht aufhalten ließ. Das Metall des
Schlosses splitterte knirschend, als er die massiven Flügeltüren aufbrach.
Elena sah sich nervös um. Den Sicherheitsdienst des Campus konnten sie
jetzt am allerwenigsten gebrauchen. Aber es war weit und breit niemand
zu sehen.
Sie folgten Damon die Treppe hinunter und in den Flur der Verwal-
tungsbüros. Endlich blieb er vor der Tür mit dem Schild Forschungsamt
stehen, aus der Matt am Abend der Wohnheim-Party herausgekommen
und direkt in Elenas und Damons Arme gelaufen war. »Liegt dahinter der
Eingang?«, fragte Damon Matt, und als dieser nickte, brach er ohne zu
zögern auch diese Tür auf. »Ihr bleibt alle hier oben. Nur Meredith und
ich gehen runter.« Er sah Meredith an. »Du willst doch bestimmt ein paar
Vampire töten, was? Es ist schließlich deine Bestimmung, Jägerin. Dann
lass uns gehen, okay?«
Meredith ließ ihren Stab mit einer kurzen, heftigen Bewegung durch die
Luft sausen und ein kleines Lächeln umspielte ihre Mundwinkel. »Ich bin
bereit«, erklärte sie.
»Ich komme auch mit«, sagte Elena mit fester Stimme. »Ich werde
bestimmt nicht hier oben warten, während Stefano in Gefahr ist.« Damon
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holte tief Luft, und sie dachte schon, dass er einen Streit mit ihr anfangen
würde, aber stattdessen seufzte er nur.
»In Ordnung, Prinzessin«, antwortete er, und seine Stimme war so san-
ft, wie die ganze Zeit über nicht mehr, seit Matt ihnen erzählt hatte, was
Stefano zugestoßen war. »Aber du tust, was ich – oder Meredith – dir
sagen.«
»Ich warte auch nicht hier oben«, stellte Matt klar. »Das ist schließlich
alles meine Schuld.«
Damon drehte sich zu ihm um und sein Mund verzog sich zu einem
ironischen Grinsen. »Ja, es ist deine Schuld. Und du hast uns erzählt,
dass Ethan dich kontrollieren kann. Ich will bestimmt nicht sein Messer
in den Rücken gerammt bekommen, während wir gegen deine Feinde
kämpfen.«
Matt ließ niedergeschlagen den Kopf sinken. »Okay, okay«, murmelte
er. »Geht durch die Falltür zwei Stockwerke hinunter, dann werdet ihr
direkt auf die Tür zu dem Raum stoßen, in dem sie sich befinden.« Da-
mon nickte scharf und zog die Falltür hoch.
Meredith folgte ihm die Stufen hinunter, doch bevor Elena sich ihnen
anschließen konnte, hielt Matt sie am Arm fest. »Bitte«, sagte er hastig.
»Wenn irgendwer von den Anwärtern noch ganz vernünftig erscheint,
selbst wenn die Verwandlung zum Vampir schon vollendet ist … bitte ver-
such zu retten, wen du kannst. Vielleicht können wir ihnen helfen. Meine
Freundin Chloe …« Seine
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