Tagebuch (German Edition)
Siehst du, das ist aus dir geworden: schlechte Meinungen, spöttische und verstörte Gesichter, Menschen, die dich unsympathisch finden, und das alles, weil du nicht auf den Rat deiner guten Hälfte hörst. Ach, ich würde gern darauf hören, aber es geht nicht. Wenn ich still oder ernst bin, denken alle, dass das eine neue Komödie ist, und dann muss ich mich mit einem Witz retten. Ganz zu schweigen von meiner eigenen Familie, die bestimmt glaubt, dass ich krank bin, mir Kopfwehpillen und Beruhigungstabletten zu schlucken gibt, mir an Hals und Stirn fühlt, ob ich Fieber habe, mich nach meinem Stuhlgang fragt und meine schlechte Laune kritisiert. Das halte ich nicht aus, wenn so auf mich aufgepasst wird, dann werde ich erst schnippisch, dann traurig, und schließlich drehe ich mein Herz wieder um, drehe das Schlechte nach außen, das Gute nach innen und suche dauernd nach einem Mittel, um so zu werden, wie ich gern sein würde und wie ich sein könnte, wenn … wenn keine anderen Menschen auf der Welt leben würden.
Deine Anne M. Frank
Nachwort
Am 4. August 1944 hielt vormittags zwischen zehn und halb elf Uhr ein Auto vor dem Haus Prinsengracht 263. Ihm entstiegen der uniformierte SS-Oberscharführer Karl Josef Silberbauer und mindestens drei holländische Helfer von der Grünen Polizei, in Zivil, aber bewaffnet. Es ist sicher, dass das Versteck verraten wurde. Der Lagerarbeiter W. G. van Maaren wurde ernsthaft verdächtigt. Zwei Strafuntersuchungen führten jedoch zu keinen Ergebnissen, die juristisch für eine Anklageerhebung ausgereicht hätten.
Die »Grüne Polizei« verhaftete alle acht Untergetauchten sowie die beiden Helfer Viktor Kugler und Johannes Kleiman – nicht aber Miep Gies und Elisabeth (Bep) Voskuijl – und nahm alle Wertsachen und noch vorhandenes Geld an sich.
Nach der Verhaftung wurden Kugler und Kleiman am selben Tag ins Untersuchungsgefängnis am Amstelveensweg gebracht und einen Monat später in jenes an der Weteringschans in Amsterdam überführt. Ohne Prozess wurden sie am 11. September 1944 ins Polizeiliche Durchgangslager Amersfoort verbracht. Kleiman wurde am 18. September 1944 aus gesundheitlichen Gründen entlassen. Er starb 1959 in Amsterdam. Kugler gelang erst am 28. März 1945 die Flucht, kurz bevor er zum Arbeitseinsatz nach Deutschland abtransportiert worden wäre. Er wanderte 1955 nach Kanada aus und starb 1981 in Toronto. Elisabeth (Bep) Wijk-Voskuijl starb 1983 in Amsterdam. Miep Gies-Santrouschitz starb am 11. Januar 2010, kurz vor ihrem 101. Geburtstagin Amsterdam.
Die Juden kamen nach ihrer Verhaftung für vier Tage in die Haftanstalt in der Weteringschans in Amsterdam; dann wurden sie in das niederländische »Judendurchgangslager« Westerbork überführt. Mit dem letzten Transport, der von dort in die Vernichtungslager im Osten ging, wurden sie am 3. September 1944 deportiert und erreichten nach drei Tagen Auschwitz in Polen.
Hermann van Pels (van Daan) ist laut den (nachträglichen) Feststellungen des niederländischen Roten Kreuzes noch am Tag der Ankunft, am 6. September 1944, in Auschwitz vergast worden. Nach Aussagen von Otto Frank wurde er jedoch erst einige Wochen später, also im Oktober oder November 1944, kurz vor dem Ende der Vergasungen, umgebracht. Auguste van Pels wurde von Auschwitz über Bergen-Belsen und Buchenwald am 9. April 1945 nach Theresienstadt und von dort offensichtlich noch weiter verschleppt. Ihr Todesdatum ist unbekannt.
Peter van Pels (van Daan) wurde am 16. Januar 1945 in einem der Evakuierungsmärsche von Auschwitz nach Mauthausen (Österreich) verschleppt, wo er am 5. Mai 1945, nur drei Tage vor der Befreiung, starb.
Fritz Pfeffer (Albert Dussel) starb am 20. Dezember 1944 im KZ Neuengamme; dorthin war er über das KZ Buchenwald oder das KZ Sachsenhausen gekommen.
Edith Frank starb am 6. Januar 1945 im Frauenlager Auschwitz-Birkenau an Hunger und Erschöpfung.
Margot und Anne wurden Ende Oktober mit einem so genannten Evakuierungstransport in das KZ Bergen-Belsen in der Lüfneburger Heide deportiert. Als Folge der katastrophalen hygienischen Zustände brach dort im Winter 1944/45 eine Typhusepidemie aus, der Tausende der Häftlinge zum Opfer fielen; darunter waren auch Margot und wenige Tage später Anne Frank. Ihr Todesdatum muss zwischen Ende Februar und Anfang März liegen. Die Leichen der beiden Mädchen liegen wahrscheinlich in den Massengräbern von Bergen-Belsen. Am 12. April 1945 wurde das
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