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Tagebuch (German Edition)

Tagebuch (German Edition)

Titel: Tagebuch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Frank
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M. Frank

Freitag, 30. Juni 1944
    Liebe Kitty!
    Schlechtes Wetter oder bad weather from one at a stretch to thirty June. Ist das nicht gut? Oh, ich kann schon ein bisschen Englisch. Um das zu beweisen, lese ich »An ideal Husband« (mit Wörterbuch). Krieg hervorragend: Bobruisk, Mogilew und Orscha gefallen, viele Gefangene.
    Hier alles all right. Die Stimmung steigt. Unsere Hyperoptimisten triumphieren, die van Daans zaubern mit dem Zucker, Bep hat ihre Frisur geändert, und Miep hat eine Woche frei. Das sind die letzten Neuigkeiten.
    Ich bekomme eine ekelhafte Nervenbehandlung, noch dazu an einem Schneidezahn. Es hat schon schrecklich wehgetan und war sogar so schlimm, dass Dussel dachte, ich würde umkippen. Es hat nicht viel gefehlt. Prompt hat Frau van Daan auch Zahnweh bekommen!
    Deine Anne M. Frank

    P.S. Wir haben von Basel gehört, dass Bernd [16]   die Rolle des Wirts in »Minna von Barnhelm« gespielt hat. Künstlerische Neigungen, sagt Mutter.

Donnerstag, 6. Juli 1944
    Liebe Kitty!
    Mir wird bang ums Herz, wenn Peter davon spricht, dass er später vielleicht Verbrecher wird oder anfängt zu spekulieren. Obwohl es natürlich als Witz gemeint ist, habe ich doch das Gefühl, dass er selbst Angst vor seiner Charakterschwäche hat. Immer wieder höre ich sowohl von Margot als auch von Peter: »Ja, wenn ich so stark und mutig wäre wie du, wenn ich so meinen Willen durchsetzen könnte, wenn ich so eine ausdauernde Energie hätte, ja, dann …!«
    Ist es wirklich eine gute Eigenschaft, dass ich mich nicht beeinflussen lasse? Ist es gut, dass ich fast ausschließlich dem Weg meines eigenen Gewissens folge?
    Ehrlich gesagt, ich kann mir nicht richtig vorstellen, wie jemand sagen kann »Ich bin schwach« und dann auch schwach bleibt. Wenn man so etwas doch schon weiß, warum dann nicht dagegen angehen, warum den Charakter nicht trainieren? Die Antwort war: »Weil es so viel bequemer ist.« Diese Antwort hat mich ein bisschen missmutig gemacht. Bequem? Bedeutet ein faules und betrügerisches Leben auch, dass es ein bequemes Leben ist? O nein, das kann nicht wahr sein! Es darf nicht sein, dass Bequemlichkeit und Geld so schnell verführen können. Ich habe lange darüber nachgedacht, was ich dann wohl für eine Antwort geben muss, wie ich Peter dazu bringen soll, an sich selbst zu glauben und, vor allem, sich selbst zu bessern. Ob mein Gedankengang richtig ist, weiß ich nicht.
    Ich habe mir oft vorgestellt, wie toll es wäre, wenn mir jemand sein Vertrauen schenkt, aber nun, da es soweit ist, sehe ich erst, wie schwierig es ist, mit den Gedanken des anderen zu denken und dann die richtige Antwort zu finden. Vor allem deshalb, weil die Begriffe »bequem« und »Geld« für mich etwas vollkommen Fremdes und Neues sind.
    Peter fängt an, sich ein bisschen auf mich zu stützen, und das darf unter keinen Umständen sein. Auf eigenen Beinen im Leben stehen ist schwierig, aber noch schwieriger ist es, charakterlich und seelisch allein zu stehen und doch standhaft zu bleiben. Ich bin ein bisschen durcheinander, suche schon seit Tagen, suche nach einem ausreichenden Mittel gegen das schreckliche Wort »bequem«. Wie kann ich Peter klarmachen, dass das, was so bequem und schön scheint, ihn in die Tiefe ziehen wird, die Tiefe, wo es keine Freunde, keine Unterstützung, nichts Schönes mehr gibt, eine Tiefe, aus der es fast unmöglich ist, herauszukommen.
    Wir leben alle, wissen aber nicht, warum und wofür. Wir leben alle mit dem Ziel, glücklich zu werden, wir leben alle verschieden und doch gleich. Wir drei sind in einem guten Kreis erzogen worden, wir können lernen, wir haben die Möglichkeit, etwas zu erreichen, wir haben Grund, auf Glück zu hoffen, aber – wir müssen uns das selbst verdienen. Und das ist etwas, was mit Bequemlichkeit nie zu erreichen ist. Glück zu verdienen bedeutet, dafür zu arbeiten und Gutes zu tun, und nicht, zu spekulieren und faul zu sein. Faulheit mag anziehend scheinen , Arbeit gibt Befriedigung.
    Menschen, die nichts von Arbeit halten, kann ich nicht verstehen. Aber das ist bei Peter auch nicht der Fall. Er hat kein festes Ziel vor Augen, findet sich selbst zu dumm und zu unbedeutend, um etwas zu leisten. Armer Junge, er hat noch nie das Gefühl gekannt, andere glücklich zu machen, und das kann ich ihm auch nicht beibringen. Er hat keine Religion, spricht spottend über Jesus Christus, flucht mit dem Namen Gottes. Obwohl ich auch nicht orthodox bin, tut es mir doch jedes Mal weh,

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