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Tagebuch (German Edition)

Tagebuch (German Edition)

Titel: Tagebuch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Frank
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sollen, im Gegenteil. So ist die Natur eingerichtet, und so wird es gut sein. Ich verurteile nur die Männer und die ganze Ordnung der Welt, die sich noch nie Rechenschaft darüber abgeben wollten, welchen großen, schweren, aber zeitweilig auch schönen Anteil die Frauen in der Gesellschaft tragen.
    Paul de Kruif, der Autor des Buches, hat völlig Recht, wenn er sagt, dass die Männer lernen müssen, dass in den Teilen der Welt, die kultiviert genannt werden, eine Geburt aufgehört hat, etwas Natürliches und Normales zu sein. Die Männer haben leicht reden, sie haben die Unannehmlichkeiten der Frauen nie ertragen müssen und werden es auch nie tun müssen.
    Die Ansicht, dass es die Pflicht der Frauen ist, Kinder zu bekommen, wird sich, glaube ich, im Lauf des nächsten Jahrhunderts verändern. Sie wird einer Würdigung und Bewunderung für diejenige Platz machen, die ohne Murren und große Worte die Lasten auf ihre Schultern nimmt!
    Deine Anne M. Frank

Freitag, 16. Juni 1944
    Liebe Kitty!
    Neue Probleme! Frau van Daan ist verzweifelt, spricht von: Kugel durch den Kopf, Gefängnis, Aufhängen und Selbstmord. Sie ist eifersüchtig, dass Peter mir sein Vertrauen schenkt und nicht ihr, sie ist beleidigt, dass Dussel nicht genug auf ihre Flirtereien eingeht, sie hat Angst, dass ihr Mann ihr ganzes Pelzmantel-Geld aufraucht, streitet, schimpft, weint, beklagt sich, lacht und fängt dann wieder Streit an.
    Was soll man mit so einer greinenden und verrückten Person anfangen? Von niemandem wird sie ernst genommen. Charakter hat sie nicht, klagt bei jedem und läuft herum: von hinten Lyzeum, von vorne Museum. Dabei ist noch das Schlimmste, dass Peter frech wird, Herr van Daan gereizt und Mutter zynisch. Was für ein Zustand! Es gibt nur eine Regel, die du dir gut vor Augen halten musst: Lache über alles und störe dich nicht an den anderen! Es scheint egoistisch, ist aber in Wirklichkeit das einzige Heilmittel für Selbstmitleid.
    Kugler muss vier Wochen schippen gehen. Er versucht, durch ein ärztliches Attest und einen Brief der Firma freizukommen. Kleiman will sich bald einer Magenoperation unterziehen. Gestern Abend um elf Uhr sind alle privaten Telefonanschlüsse abgestellt worden.
    Deine Anne M. Frank

Freitag, 23. Juni 1944
    Liebe Kitty!
    Hier ist nichts Besonderes los. Die Engländer haben den großen Angriff auf Cherbourg begonnen. Laut Pim und van Daan sind wir am 10. Oktober bestimmt frei. Die Russen nehmen an der Aktion teil und haben gestern ihre Offensive bei Witebsk begonnen, genau auf den Tag drei Jahre nach dem deutschen Einfall.
    Beps Laune ist noch immer unter Null. Wir haben fast keine Kartoffeln mehr. In Zukunft wollen wir sie für die Einzelnen abzählen, dann kann jeder selbst entscheiden, was er macht. Miep nimmt eine Woche Urlaub. Kleimans Ärzte haben auf den Röntgenaufnahmen nichts gefunden. Jetzt schwankt er zwischen Operieren und Allem-seinen-Lauf-lassen.
    Deine Anne M. Frank

Dienstag, 27. Juni 1944
    Liebste Kitty!
    Die Stimmung ist umgeschlagen, es geht enorm gut. Cherbourg, Witebsk und Slobin sind heute gefallen. Sicher viel Beute und Gefangene. Fünf deutsche Generäle sind bei Cherbourg gefallen, zwei gefangen genommen. Nun können die Engländer an Land bringen, was sie wollen, denn sie haben einen Hafen. Die Halbinsel Cotentin drei Wochen nach der Invasion englisch, eine gewaltige Leistung!
    In den drei Wochen nach D-day ist noch kein Tag ohne Regen und Sturm gewesen, sowohl hier als in Frankreich, aber dieses Pech hindert die Engländer und Amerikaner nicht, ihre Kraft zu zeigen, und wie zu zeigen! Wohl ist die WUWA (Wunderwaffe) in voller Aktion, aber was bedeutet diese Art Katzenschelle anderes als etwas Schaden in England und volle Zeitungen bei den Moffen. Übrigens, wenn sie in »Mofrika« merken, dass die bolschewistische Gefahr jetzt wirklich im Anmarsch ist, werden sie noch mehr Bammel bekommen.
    Alle deutschen Frauen und Kinder, die nicht für die Wehrmacht arbeiten, werden aus dem Küstenstreifen nach Groningen, Friesland und Gelderland evakuiert. Mussert hat erklärt, dass er die Uniform anzieht, wenn die Invasion bis hierher kommt. Will der Dicke etwa kämpfen? Das hätte er schon früher tun können, in Russland. Finnland hat seinerzeit das Friedensangebot abgelehnt, und jetzt sind entsprechende Unterhandlungen wieder abgebrochen worden. Was werden sie das noch bereuen, diese Dummköpfe!
    Was glaubst du, wie weit wir am 27. Juli sind?
    Deine Anne

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