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Tagebücher: 1909-1923

Tagebücher: 1909-1923

Titel: Tagebücher: 1909-1923 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kafka
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lächelnd nach, von einem vorbeifahrenden Bierwagen herab hieb ein Kutscher zum Spaß mit der Peitsche auf das Pferd ein, es erschreckte zwar, hufte mit den Vorderbeinen auf, beschleunigte aber seinen Schritt nicht.
      Gerade diesen Vorfall aber hatte ein Polizeimann beobachtet, gieng auf das Pferd zu, das noch im letzten Augenblick eine andere Richtung zu nehmen gesucht hatte, faßte es am Zügel (es war trotz seines nicht sehr starken Baues als Lastpferd aufgezäumt) und sagte übrigens sehr freundlich: Halt! Wohin laufst du denn? Eine Zeitlang hielt er es hier mitten auf der Fahrbahn fest, denn er dachte der Besitzer werde seinem entlaufenen Tier bald nachkommen.
    Es hat Sinn, ist aber matt, das Blut fließt dünn, zu weit vom Herzen. Ich habe noch hübsche Szenen im Kopfe und höre doch auf. Gestern erschien mir das weiße Pferd zum erstenmal vor dem Einschlafen, ich habe den Eindruck, als wäre es zuerst aus meinem der Wand zugedrehten Kopf getreten, wäre über mich hinweg und vom Bett hinunter gesprungen und hätte sich dann verloren. Das letztere wird durch den obigen Anfang leider nicht widerlegt.
      Wenn ich mich nicht sehr täusche, komme ich doch näher. Es ist als wäre irgendwo in einer Waldlichtung der geistige Kampf. Ich dringe in den Wald ein, finde nichts und eile aus Schwäche bald wieder hinaus; oft wenn ich den Wald verlasse, höre ich oder glaube ich das Klirren der Waffen jenes Kampfes zu hören. Vielleicht suchen mich die Blicke der Kämpfer durch das Walddunkel, aber ich weiß nur so wenig und Täuschendes von ihnen.

      Starker Regenguß. Stelle dich dem Regen entgegen, laß die eisernen Strahlen dich durchdringen, gleite in dem Wasser das Dich fortschwemmen will, aber bleibe doch, erwarte so aufrecht die plötzlich und endlos einströmende Sonne.
      Die Vermieterin warf die Röcke und eilte durch die Zimmer. Eine große kalte Dame. Ihr vortretender Unterkiefer schreckte die Zimmerherrn ab. Sie liefen die Treppe hinab und wenn sie ihnen aus dem Fenster nachsah, verdeckten sie im Laufe ihre Gesichter. Einmal kam ein kleiner Zimmerherr, ein fester untersetzter junger Mann, der die Hände ständig in den Taschen seines Rockes hielt. Vielleicht war es seine Gewohnheit, es war aber auch möglich, daß er das Zittern der Hände verbergen wollte.

      Junger Mann sagte die Frau und ihr Unterkiefer rückte vor Sie wollen hier wohnen?

      Ja sagte der junge Mann und zuckte mit dem Kopf von unten hinauf.
      Sie werden es hier guthaben sagte die Frau, führte ihn zu einem Sessel und setzte ihn hinauf. Hiebei bemerkte sie, daß er einen Fleck in der Hose hatte, weshalb sie neben ihm niederkniete und diesen Fleck mit den Nägeln zu reiben begann.
    “Sie sind ein Schmutzian‹‹ sagte sie
    Es ist ein alter Fleck
    Dann sind sie eben ein alter Schmutzian.
      “Weg mit der Hand” sagte er plötzlich und schob sie wirklich weg. “Was sie doch für schreckliche Hände haben” sagte er dann faßte ihre Hand und drehte sie. “Oben ganz schwarz, unten weißlich, aber noch ausreichend schwarz und – er fuhr in ihren weiten Ärmel – auf dem Arm sind sie sogar ein wenig behaart. “
    “Sie kitzeln mich” sagte sie
      “Weil sie mir gefallen. Ich verstehe nicht, wie man sagen kann, daß sie häßlich sind. Man sagt es nämlich. Aber nun sehe ich, daß das ja gar nicht stimmt. “

      Und er stand auf und gieng im Zimmer auf und ab. Sie kniete noch immer und besah ihre Hand.
      Das machte ihn aus irgendeinem Grunde wild, er sprang hinzu und nahm wieder ihre Hand.
      “So ein Frauenzimmer” sagte er dann und schlug ihre längliche magere Wange. “Es würde geradezu zu meinem Behagen beitragen hier zu wohnen. Aber billig müßte es sein. Und keinen andern Mieter dürften sie aufnehmen. Und treu müßten sie mir sein. Ich bin ja viel jünger als sie, da kann ich doch Treue verlangen. Und gut kochen müßten sie. Ich bin an gutes Essen gewöhnt und werde es mir niemals abgewöhnen. “
    Tanzt ihr Schweine weiter; was habe ich damit zu tun?
      Aber wirklicher ist es, als alles was ich im letzten Jahr geschrieben habe. Vielleicht kommt es doch darauf an
      das Gelenk zu lockern. Ich werde noch einmal schreiben können.
    Jeden Abend seit einer Woche kommt mein Zimmernachbar, um mit mir zu ringen. Ich kannte ihn nicht, habe auch bis jetzt noch nichts mit ihm gesprochen. Wir tauschen nur einige Ausrufe aus, die man nicht “sprechen” nennen kann. Mit “also” wird der Kampf

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