Tagebücher: 1909-1923
glücklicherweise diesen und diesen Einfall. Wenn Du daraufhin mit Deiner ehrwürdigen Stimme die Vorwürfe von vorhin mir ins Gesicht gesagt hättest, dann wäre mein Einfall einfach weggeblasen gewesen und ich hätte sofort mit irgendeiner Entschuldigung oder ohne solche abmarschieren müssen. Jetzt dagegen! Alles was Du gegen mich sagst, hilft meinen Ideen, sie hören nicht auf, stark werdend füllen sie mir den Kopf. Ich werde gehn, weil ich nur im Alleinsein Ordnung in sie bringen kann. Er schluckte an seinem Athem in dem warmen Zimmer. Es kann ja auch eine Lumperei sein, die Du im Kopf hast sagte der Vater mit großen Augen dann glaube ich schon, daß sie Dich festhält. Wenn sich aber etwas Tüchtiges in Dich verirrt hat, entlauft es Dir über Nacht. Ich kenne Dich. Oskar drehte den Kopf, als halte man ihn am Halse. Laß mich jetzt. Du bohrst überflüssiger Weise in mich hinein. Die bloße Möglichkeit, daß Du mein Ende richtig voraussagen kannst, sollte Dich wahrhaftig nicht dazu verlocken, mich in meiner guten Überlegung zu stören. Vielleicht gibt Dir meine Vergangenheit das Recht dazu, aber Du solltest es nicht ausnützen. Da siehst Du am besten, wie groß Deine Unsicherheit sein muß, wenn sie Dich dazu zwingt, so gegen mich zu sprechen. Nichts zwingt mich sagte Oskar und zuckte im Genick. Er trat auch ganz eng an den Tisch heran, so daß man nicht mehr wußte wem er gehörte. Was ich sagte, sagte ich in Ehrfurcht und sogar aus Liebe zu Dir, wie Du später noch sehen wirst, denn an meinen Entschlüssen hat die Rücksichtnahme auf Dich und Mama den größten Anteil. Da muß ich Dir schon jetzt danken sagte der Vater da es ja sehr unwahrscheinlich ist, daß Deine Mutter und ich im rechten Augenblick noch dessen fähig sein werden. Bitte Vater laß doch die Zukunft noch schlafen, wie sie es verdient. Wenn man sie nämlich vorzeitig weckt, bekommt man dann eine verschlafene Gegenwart. Daß Dir das aber erst Dein Sohn sagen muß. Auch wollte ich Dich ja noch nicht überzeugen, sondern Dir nur die Neuigkeit melden. Und das wenigstens ist mir, wie Du selbst zugeben mußt gelungen. Jetzt Oskar wundert mich eigentlich noch eins: warum Du mit einer solchen Sache wie heute nicht schon öfters zu mir gekommen bist. Sie entspricht so Deinem bisherigen Wesen. Nein tatsächlich, es ist mein Ernst.
Ja hättest Du mich dann durchgehaut statt mir zuzuhören. Ich bin hergelaufen, das weiß Gott, um Dir rasch eine Freude zu machen. Verraten kann ich Dir aber nichts solange mein Plan nicht vollständig fertig ist. Warum strafst Du mich also für meine gute Absicht und willst von mir Erklärungen haben, die jetzt noch der Ausführung meines Planes schaden könnten.
Schweig ich will gar nichts wissen. Aber ich muß Dir sehr rasch antworten, weil Du Dich zur Tür zurückziehst und offenbar etwas sehr Dringendes vorhast: Meine erste Wut hast Du mit Deinem Kunststück beruhigt, - nur mir ist jetzt noch trauriger zu Mut als früher und deshalb bitte ich Dich – wenn Du darauf bestehst kann ich auch die Hände falten – sage wenigstens der Mutter nichts von Deinen Ideen. Laß es mit mir genug sein.
Das ist ja nicht mein Vater der so mit mir spricht rief Oskar, der den Arm schon auf die Türklinke gelegt hatte. Es ist seit Mittag etwas mit Dir vorgegangen oder Du bist ein fremder Mensch, dem ich jetzt zum erstenmal im Zimmer meines Vaters begegne. Mein wirklicher Vater – Oskar schwieg einen Augenblick mit offenem Mund – er hätte mich doch umarmen müssen, er hätte die Mutter hergerufen. Was hast Du Vater?
Du solltest lieber mit Deinem wirklichen Vater nachtmahlen, mein ich. Es würde vergnügter zugehn.
Er wird schon kommen. Schließlich kann er nicht ausbleiben. Und die Mutter muß dabei sein. Und Franz den ich jetzt hole. Alle. Darauf drängte Oskar mit der Schulter gegen die leicht aufgehende Türe, als habe er sich vo rgenommen, sie einzudrücken.
In Franzens Wohnung angekommen beugte er sich zur kleinen Hauswirtin mit den Worten: Der Herr Ingenieur schläft ich weiß, das macht nichts, und ohne sich um die Frau zu kümmern, die aus Unzufriedenheit mit dem Besuch nutzlos im Vorzimmer auf und ab gieng, öffnete er die Glastür, die als sei sie an einer empfindlichen Stelle gefaßt in seiner Hand erzitterte und rief unbekümmert um das Innere des Zimmers, das er noch kaum sah: Franz, aufstehn. Ich brauch Deinen fachmännischen Rat. Aber hier im Zimmer halte ich es nicht aus, wir müssen ein bischen
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