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Tagebücher der Henker von Paris

Tagebücher der Henker von Paris

Titel: Tagebücher der Henker von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henri Sanson
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gegen halb zehn Uhr abends in dem Saale erschienen, wo die ihr ergebenen Schweizer und andere Personen damit beschäftigt waren, Patronen anzufertigen; während sie die Männer zur Beschleunigung der Arbeit anfeuerte, nahm sie selber daran teil und half Kugeln gießen.
    Endlich hat die über alle Begriffe entsittlichte Witwe Capet, eine neue Agrippina, welche mit allen Verbrechen vertraut ist, ihre Eigenschaft als Mutter und die Grenzen, welche die Naturgesetze vorschreiben, außer acht gelassen und sich nicht gescheut, sich mit ihrem Sohne Louis Charles Capet, nach dem eigenen Geständnis dieses letzteren. Unsittlichkeiten hinzugeben, bei deren Namen man allein schon vor Abscheu schaudert.
    Nach den vorstehenden Auseinandersetzungen erhebt der öffentliche Ankläger hiermit die Anklage gegen Marie-Antoinette, welche sich in dem Verhör von Lothringen-Österreich nannte, die Witwe Louis Capets, wegen folgender absichtlichen Verbrechen:
    1. Im Einverständnisse mit den Brüdern Louis Capets und dem nichtswürdigen Exminister Calonne in schändlicher Weise die Finanzen Frankreichs vergeudet, unzählige Summen dem Kaiser überliefert und auf diese Weise den Nationalschatz erschöpft zu haben;
    2. sowohl selbst als durch ihre konterrevolutionären Gehilfen einen lebhaften Briefwechsel mit den Feinden der Republik unterhalten und dieselben Feinde mit den im Rate beschlossenen Kriegs- und Angriffsplänen bekanntgemacht zu haben;
    3. durch ihre Ränke und die Kunstgriffe ihrer Agenten Verschwörungen und Komplotte gegen die innere und äußere Sicherheit Frankreichs angezettelt, zu diesem Zwecke den Bürgerkrieg in verschiedenen Gegenden der Republik entzündet, die Staatsbürger gegeneinander bewaffnet und durch dieses Mittel das Blut einer unzähligen Menge Bürger vergossen zu haben. Gegen den Artikel 4, Sektion I, Titel I zweiten Teils des Strafgesetzes und gegen Art. 11, Sekt. 11, Titel II desselben Gesetzbuches.
    Infolgedessen usw.
    gez. Fouquier.«
    Weiter unten unterzeichneten sich, auf das gerichtliche Gesuch des öffentlichen Anklägers eingehend:
    Armand Martin Joseph Herman, Etienne Foucaut, Gabriel Toussaint Sellier, Pierre André Coffinhal, Gabriel Deliège, Pierre Louis Ragmer, Antoine Marie Maire, François Joseph Denisot, Etienne Mayon; sämtlich Richter beim vorgenannten Tribunal.
    Ein Edelmann hatte die Rettung der Königin versucht; zwei Advokaten, Chauveau-Lagarde und Tronson-Ducoudray, nahmen die Ehre in Anspruch, sie zu verteidigen; eine Ehre, die nicht ohne Gefahr war, ihre Namen aber für die Zukunft mit dem der Unglücklichen in Verbindung setzte.
    Am 13. Oktober (22. Vendemiaire) benachrichtigte man die Königin, daß sie am folgenden Tage vor ihren Richtern erscheinen sollte.
    Am folgenden Tage um zehn Uhr holte man sie ab. Sie schritt durch ein doppeltes Spalier von Gendarmen, welche man von der Tür ihres Gefängnisses bis zum Gerichtssaal aufgestellt hatte. In den letzteren wurde sie durch einen Offizier der Gendarmerie eingeführt.
    Sie ging langsamen Schrittes, mit jener majestätischen Feierlichkeit, welche sie bei Hoffesten gezeigt hatte; sie trug den Kopf hoch, ihr Antlitz zeigte eine imposante Würde; ihre Gesichtszüge bekundeten weder Verwirrung noch die Absicht, ihren Richtern Trotz zu bieten; sie war kalt, ruhig und fast gleichgültig; ihr weißes Haar und die Runzeln auf der Stirn und um den Mund, der breite rötliche Rand um ihre Augen und der zuweilen ausdruckslose Blick zeugten von den ausgestandenen Seelenleiden; aber dieses unbewegliche Gesicht schien die Starrheit des Marmors angenommen zu haben, als ob die besiegte Seele sich schon dem Märtyrertum entzogen hätte.
    Sie setzte sich auf einen Lehnstuhl, dem Gerichtshofe gegenüber; Tronson-Ducoudray und Chauveau-Lagarde nahmen an ihrer Seite Platz.
    Der Gerichtshof bestand aus den Bürgern Herman, dem Präsidenten; den Richtern Coffinhal, Maire, Doujé-Verteuil; dem öffentlichen Ankläger Fouquier-Tinville und dem Gerichtsschreiber Fabricius Paris.
    Antonelle, Renaudin, Souberbielle, Fiévé, Besnard, Thoumin, Chrétin, Gannecy, Trinchard, Nicolas, Lumière, Desboisseaux, Baron, Sambart und Devèse waren die Geschworenen.
    Herman richtet die herkömmlichen Fragen an die Angeklagte:
    »Wie heißen Sie?«
    »Marie-Antoinette von Lothringen-Österreich.«
    »Ihr Stand?«
    »Die Witwe Ludwigs, ehemaligen Königs der Franzosen.«
    »Ihr Alter?«
    »Siebenunddreißig Jahre.«
    Nachdem die Anklage verlesen war, schritt man zum

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