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Tagebücher der Henker von Paris

Tagebücher der Henker von Paris

Titel: Tagebücher der Henker von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henri Sanson
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Zeugenverhör.
    Nach jeder Aussage richtete der Präsident eine Reihe von Fragen an die Königin, welche dieselben mit großer Festigkeit und Geistesgegenwart beantwortete.
    Hébert war der dritte aufgerufene Zeuge; seine Aussage bleibt ein Denkmal scheußlicher Abgeschmacktheit und gemeiner Unverschämtheit.
    Folgendes ist die Aussage, wie sie der Moniteur mitteilt:
    »Jacques-Réné Hébert, Substitut des Gemeindeanwalts, sagt aus, daß er in seiner Eigenschaft als Gemeindemitglied vom 10. August mit wichtigen Geschäften beauftragt worden, welche ihn von der Verschwörung Antoinettes überzeugt hätten; namentlich fand er eines Tages im Tempel ein Gebetbuch, welches ihr gehörte, und in demselben eines jener konterrevolutionären Zeichen, bestehend in einem von einem Pfeile durchbohrten brennenden Herzen, mit der Inschrift:
›Jesu, miserere nobis‹
.
    Ein anderes Mal fand er in Elisabeths Zimmer einen Hut, den er als den Louis Capet zugehörigen erkannte; diese Entdeckung ließ ihn nicht zweifeln, daß einige seiner Kollegen sich zum Dienste der Tyrannei herabließen. Er erinnerte sich, daß Toulan eines Tages mit seinem Hut in den Turm gegangen und barhaupt mit den Worten: er hätte seine Kopfbedeckung verloren, herausgekommen sei.
    Er fügt hinzu, daß Simon ihn eines Tages wissen ließ, daß er ihm etwas Wichtiges mitzuteilen habe; er begab sich in Begleitung des Maire und des Gemeindeanwalts in den Tempel. Hier erhielten sie von dem jungen Capet eine Erklärung, woraus hervorgeht, daß zur Zeit der Flucht Louis Capets nach Varennes La Fayette und Bailly zur Erleichterung jener Flucht beigetragen haben; daß sie zu diesem Behufe die Nacht im Schlosse zugebracht; daß während ihres Aufenthalts im Tempel die Gefangenen beständig von den Vorfällen draußen unterrichtet worden und daß man ihnen Briefe in die Kleider und Schuhe gesteckt habe.
    Der kleine Capet nannte dreizehn Personen, welche zum Teil zur Unterhaltung dieses Einverständnisses mitgewirkt hätten; einer derselben habe ihn mit seiner Schwester in einen kleinen Turm geschlossen und, wie er gehört, zu seiner Mutter gesagt: »Ich werde Ihnen Mittel verschaffen, alle Nachrichten zu erfahren, indem ich Ihnen täglich einen Kolporteur schicke, der in der Nähe des Turms die Abendzeitung ausruft.«
    Endlich ertappte Simon den jungen Capet, dessen körperlicher Gesundheitszustand sich mit jedem Tage verschlechterte, bei geheimen, der Gesundheit nachteiligen Sünden; als er ihn fragte, wer ihm dieses schändliche Laster gelehrt habe, antwortete er, daß er es der Unterweisung seiner Tante verdanke.
    Aus der Erklärung, welche der junge Capet in Gegenwart des Maire von Paris und des Gemeindeprokurators ablegte, bemerkt der Zeuge, geht hervor, daß jene beiden Frauen mit dem Sohne Capets die zügellosesten Ausschweifungen trieben. Es ist wohl Grund zu der Vermutung, daß dabei die politische Absicht vorlag, die Gesundheit dieses Kindes zu untergraben, welches man noch für einen Thron bestimmt hielt und auf das man sich durch dieses Verfahren einen moralischen Einfluß sichern wollte. Seitdem der junge Capet nicht mehr bei seiner Mutter ist, kräftigt sich auch seine Gesundheit wieder.«
    Diese schändlichen Aussagen wurden unter tiefem Stillschweigen ausgesprochen. Als Hébert geendigt hatte, lief ein Schauer des Schreckens durch die Zuhörer. So unerbittlich auch der Haß der Anwesenden war, so schwand derselbe doch jetzt; aller Herzen empfanden Mitleid und empörten sich im Gegenteil gegen den Elenden, der diese nichtswürdige Aussage gemacht hatte. Marie-Antoinette schien unempfindlich gegen diesen Schimpf; sie hörte ihn, ohne den Urheber dieser Abscheulichkeit auch nur eines Blickes zu würdigen.
    Der Präsident nahm jetzt das Verhör wieder auf.
    Präsident (zur Angeklagten): »Was haben Sie auf die Aussagen des Zeugen zu antworten?«
    Angeklagte: »Ich habe keine Kenntnis von den Tatsachen, von denen Hébert spricht; ich weiß nur, daß mein Sohn das erwähnte Herz von seiner Schwester erhielt; der Hut, von welchem er gleichfalls spricht, ist ein Geschenk, welches meiner Schwester bei Lebzeiten des Bruders gemacht wurde.«
    Präsident: »Brachten die Administratoren Michonis, Jobert, Marino und Michel nicht andere Personen mit sich, als sie zu Ihnen kamen?«
    Angeklagte: »Ja, sie kamen niemals allein.«
    Präsident: »Wieviel Personen hatten sie jedesmal bei sich?«
    Angeklagte: »Oft drei oder vier.«
    Präsident: »Waren diese Personen

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