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Tagebücher der Henker von Paris

Tagebücher der Henker von Paris

Titel: Tagebücher der Henker von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henri Sanson
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auch unter seinem Namen. Für die ausgelegte Summe würde er einen von Marie Antoinette selbst eigenhändig ausgestellten, geschriebenen und unterzeichneten Empfangsschein erhalten, der ihm als Sicherheit dienen möchte und den er bis zur völligen Bezahlung des Halsbandes behalten sollte.
    Frau de la Motte säumte in der Tat nicht, den erwähnten Schein Herrn de Rohan einzuhändigen; er war von Trianon [7] ausgegeben und »Marie Antoinette de France« unterzeichnet.
    Es gehörte die Blindheit des Kardinals dazu, nicht zu sehen, daß diese vermeintliche königliche Handschrift durch den bekannten und gewöhnlichen Fälscher der Gräfin de la Motte gemacht worden war. Die Königin zeichnete, wie alle Fürstinnen vor ihr auf dem Thron, einfach mit ihrem Taufnamen, und so hätten schon die Worte »de France«, welche die kecke Einbildungskraft von Marc-Antoine Rétaux de Billette hinzugefügt, zur Entdeckung des Betruges hinreichen können.
    Aber der Groß-Almosenier Herr de Rohan argwöhnte nichts, und in dem guten Glauben, nur dem Wunsche der Königin nachzukommen, trat er mit den Hofjuwelieren in Unterhandlungen. Nach seiner ihm zur zweiten Natur gewordenen Eitelkeit nahm er keinen Anstand, den Herren Böhmer und Bassange zu sagen, daß das Halsband für die Königin Marie Antoinette sei, und zeigte ihnen sogar zur Beglaubigung seiner Worte und Erhöhung ihrer Bedeutung das in seinen Händen befindliche Schreiben seiner hohen Gönnerin.
    Die Juweliere nahmen die Vorschläge des Kardinals an.
    Am 1. Februar wurde das Schmuckkästchen Frau de la Motte nach Versailles gebracht und durch diese in Gegenwart des Herrn de Rohan einem Kammerdiener Ihrer Majestät der Königin übergeben, der das Halsband der neuen Besitzerin zu überbringen beauftragt sein sollte. Der angebliche Kammerdiener war niemand anders als Rétaux de Billette, welchen man mit einer königlichen Livree bekleidet und geheißen hatte, den Schmuck Herrn de la Motte zu überbringen. – Der freche Spaß wurde zum Schluß durch die Abreise des Grafen de la Motte nach London gekrönt. Hier spielte der Betrüger vermöge des aus dem Verkauf des Halsbandes gelösten Geldes den Millionär.
    Obschon im Besitze des Halsbandes, war Frau de la Motte noch lange nicht zufrieden; sie erstrebte viel mehr. Sie hoffte die Königin und den Kardinal so vortrefflich zu verwickeln, daß diese selbst bei einer Entdeckung ihres Geniestückchens sie nicht vor Gericht ziehen könnten, ohne sich vor der stets argwöhnischen und das Schlimmste denkenden Welt bloßzustellen.
    Frau de la Motte setzte demgemäß folgende Komödie ins Werk.
    Marc-Antoine Rétaux de Billette mußte von neuem zu arbeiten beginnen, und zwar neue Briefe, als wenn Marie Antoinette an den Groß-Almosenier Herrn de Rohan geschrieben, entwerfen. In diesen sprach nun die Königin davon, wie sie es bedaure, dem großherzigen Kardinal nicht öffentlich ihre Wertschätzung und Zuneigung so bezeigen zu können, wie sie es so sehnlichst begehrte; damit er jedoch sähe, wie sehr sein edles und aufopferndes Benehmen ihr Herz ihm gewonnen hätte, so wollte sie ihm im Versailler Park, zwischen elf Uhr und Mitternacht, an dem ** Tage des Monats *** eine persönliche Zusammenkunft gewähren, bei der er ihren Dank erfahren sollte, den sie ihm zu beschreiben nicht vermöchte.
    Als die Gräfin das Wagnis unternahm, Herrn de Rohan zu seiner vollständigen Verblendung und Täuschung das bezeichnete Stelldichein seitens der Königin zu gewähren, handelte sie trotz ihrer wunderbaren Keckheit nicht, ohne sich vorher der Möglichkeit des Gelingens ihres Planes versichert zu haben.
    Sie hatte ein Mädchen namens d'Oliva an der Hand, welchem sie einmal im Palais Royal begegnet und dessen wunderbare Ähnlichkeit mit Marie Antoinette ihr aufgefallen war. Diese Oliva nun mußte zur gehörigen Verwicklung des Schauspiels die Rolle der Königin spielen.
    Das Stelldichein ging in den Apollobädern vor sich.
    Mademoiselle d'Oliva spielte im gehörigen Kostüm ihre Rolle ganz ausgezeichnet. Sie überreichte dem vor Entzücken überströmenden Kardinal eine Rose und entfernte sich dann klugerweise so schnell als möglich unter dem Vorwand, ein verdächtiges Geräusch in der Nähe gehört zu haben.
    Indessen kam der erste Zahlungstermin heran, und die Juweliere begannen unruhig zu werden. Wiewohl ein wenig spät, wollten sie sich vergewissern, daß das Halsband auch wirklich in die Hände der Königin gelangt sei. Demgemäß entdeckten sie

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