Tagebücher der Henker von Paris
erfolgreich gewesen, daß Marie Antoinette Herrn de Rohan erlaubte, sich direkt bei ihr zu rechtfertigen; dann wünsche sie mit ihm einen Briefwechsel zu führen, der so lange geheim bleiben solle, bis der günstige Augenblick erschienen sei, um vor aller Welt das Wohlwollen der Fürstin kundzutun. Natürlich war nach dieser Überlieferung die Gräfin de la Motte bestimmt, bei diesem Briefwechsel Zwischenträgerin zu sein.
Es ist möglich, daß die Gräfin de la Motte sich des ganz besonderen Vertrauens von Marie Antoinette erfreute, aber nach jetzt bekanntgewordenen Ansichten der Königin über ihren Schützling läßt sich nicht annehmen, daß die obige Mitteilung an den Kardinal wirklich erfolgt ist.
Wie dem nun aber auch sei, das erste Wagstück der Gräfin de la Motte glückte vollständig. Der Kardinal de Rohan hörte mit Begeisterung von den glänzenden Aussichten, welche die Hofdame vor seinen Augen eröffnete. Herr de Rohan belohnte sehr freigebig die vermeintlich so großen Dienste seiner Freundin, die sie nichts weiter gekostet hatten als einige klug erdachte Lügen und ein Blatt Papier mit vergoldetem Rand, auf dem ein gewandter Fälscher die Handschrift der Königin täuschend nachgeahmt hatte.
Diese unglaubliche Leichtgläubigkeit mußte natürlich Frau de la Motte in ihren Unternehmungen bedeutend ermutigen.
Ludwig XV. hatte bei seinen Hofjuwelieren, den Herren Böhmer und Bassange, ein prachtvolles Halsband bestellt.
Noch ehe der Schmuck fertig geworden, war der König gestorben und Madame du Barry, für die das Kleinod bestimmt gewesen, durch den neuen König in die Verbannung geschickt worden. So befand sich also das wunderbare Halsband in den Händen der beiden Juweliere.
Sie hatten es der Königin gezeigt, aber durch den ungeheuren Preis, nämlich achtzehnhunderttausend Livres, erschreckt, war Ihre Majestät bei den damaligen Zeitumständen, wo Sparsamkeit notwendig, von dem Wunsche, es zu besitzen, abgestanden.
Frau de la Motte hatte ebenfalls Gelegenheit, das Halsband zu sehen. Die Juweliere machten kein Geheimnis daraus, wie sehr sie die Weigerung der Königin erschreckt hätte und wie sehr sie in ihren Unternehmungen durch den Besitz eines Gegenstandes von so beträchtlichem totem Wert gehindert würden. Sie versicherten, daß sie demjenigen gern ein sehr kostbares Geschenk machen würden, durch dessen Vermittlung sie das Halsband verkaufen könnten.
Die Gräfin dachte im Anfang ganz sicher nur daran, sich die versprochene Belohnung zu erwerben; ihre Hoffnungen und Wünsche wurden erst durch den Erfolg kühner gemacht. Sie beurteilte Marie Antoinette nur als Frau und nicht als Königin und setzte voraus, daß doch wenigstens da, wo die Eitelkeit im Spiele wäre, die Königin in den Hintergrund treten müßte.
Ich darf zwar nicht unerwähnt lassen, daß einige Versuche, Marie Antoinette als mehr oder weniger direkte Gönnerin des Kardinals de Rohan auftreten zu lassen, fruchtlos ausfielen; dieser Mißerfolg entmutigte jedoch Frau de la Motte nicht, sondern trug im Gegenteil dazu bei, den Kreis ihrer Hoffnungen und Wünsche zu erweitern. – Mit einer Beharrlichkeit, die ihresgleichen sucht, erstrebte sie nun selbst den Besitz des königlichen Schmuckes und ließ alle Mittel gelten, um nur zum Ziele zu gelangen.
Die beiden Gatten hatten übrigens in einem alten Polizeibeamten namens Marc-Antoine Rétaux de Billette, einer Art von Flugschriftsteller oder Publizisten – dem Verfasser der angeblich königlichen Briefe, – eine starke Stütze und ein gewandtes Werkzeug gefunden. Zu diesen dreien gesellte sich noch als mit die wichtigste Kraft– der Parazelsus der Rokokoepoche – der mehr berüchtigte als berühmte Graf von Cagliostro, welcher durch seine Scharlatanerien über den in vieler Beziehung zwar beschränkten Geist des Kardinals de Rohan einen dennoch ganz unerklärlich mächtigen, ja man könnte fast sagen unbegrenzten Einfluß gewonnen hatte.
Frau Gräfin de la Motte war und blieb natürlich die Seele der Handlung.
Sie überredete zuerst den Kardinal, daß die Königin Marie Antoinette sich ohne Wissen und Willen des Königs, ihres Gemahls, dahin entschieden hätte, das Halsband zu kaufen und es aus ihrer Privatschatulle zu bezahlen. Um nun dem Herrn de Rohan, dem Groß-Almosenier, ein Zeichen von ihrem Wohlwollen zu gewähren, so erteile sie ihm hiermit durch ihre Vertraute – nämlich Frau de la Motte – den Auftrag, das besagte Halsband für sie einzukaufen, und zwar
Weitere Kostenlose Bücher