Tagebücher der Henker von Paris
sich einigen Personen vom Hofe, suchten, zwar vergebens, eine Audienz bei der Königin Marie Antoinette nach, entdeckten jedoch sehr bald, daß sie die Opfer eines maßlosen Betruges geworden waren.
In ihrer Verzweiflung machten sie nicht länger mehr aus dem ein Geheimnis, was ihnen Herr de Rohan als solches anvertraut hatte. – Das Gerücht von der unerhört frechen Betrügerei machte bald die Runde und gelangte so auch zu den Ohren des Herrn Baron de Breteuil, des königlichen Hausministers.
Herr de Breteuil war ein persönlicher Feind des Kardinals, und so ließ er sich denn auch die Gelegenheit nicht entgehen, den Nichtsahnenden zu verderben.
Am 15. August, dem Tage von Maria Himmelfahrt, mußte der Kardinal in seiner Stellung als Groß-Almosenier in der Schloßkapelle die Messe lesen. Schon war er im vollen bischöflichen Ornat, als ein Diener mit der Mitteilung an ihn herantrat, daß der König ihn in sein Geheimzimmer zu sich entbieten ließe. – Dort befanden sich der König, die Königin und Herr de Breteuil.
Als der Kardinal eingetreten war, fuhr ihn der König in einem sehr gereizten Tone an:
»Sie also, mein Herr, haben Böhmers Diamanten gekauft?«
»Ja, Sire«, antwortete Herr de Rohan.
»Was haben Sie mit dem Schmuck gemacht?« Der Groß-Almosenier zauderte ein wenig mit der Antwort, meinte aber dann:
»Sire, ich glaubte, daß der in Rede stehende Schmuck der Königin übergeben worden wäre.«
»Wer hat Ihnen diesen Auftrag gegeben?«
»Die Frau Gräfin de la Motte-Valois, welche mir gleichzeitig ein Schreiben der Königin überreichte, das mich hoffen ließ, durch Besorgung dieses Auftrages die verlorene Gunst bei Ihrer Majestät wiedererlangen zu können.«
Nach diesen Worten nahm er aus seiner Brieftasche einige angeblich von der Königin geschriebene Briefe und legte sie den Majestäten vor. Der König überflog schnell die Blätter und sagte dann, noch immer die Augen auf die Unterschrift geheftet:
»Das ist weder die Hand noch die Unterschrift der Königin. – Wie, Herr de Rohan,« fuhr er alsdann mit vorwurfsvollem Blick auf den Angeredeten fort, »Sie, der Sproß eines altfürstlichen Hauses und Groß-Almosenier Frankreichs, konnten glauben, daß die Königin ›Marie Antoinette de France‹ zeichnete? Ich glaube, es gibt außer Ihnen niemand, der nicht wüßte, daß die Königinnen immer nur ihren Taufnamen in Unterschriften führen.«
Der Kardinal erbleichte immer mehr und mehr, seine Knie schlotterten, und er war genötigt, sich an einem Tisch festzuhalten, um nur die vor den Majestäten geziemende Stellung bewahren zu können.
Der König, welcher die schreckliche Lage des Armen sah, forderte ihn auf, sich in ein Seitenzimmer zu begeben und dort seine Rechtfertigung aufzusetzen.
Herr de Rohan gehorchte; er blieb etwa eine Viertelstunde in dem ihm angewiesenen Gemach, dann kehrte er zu den Majestäten zurück und übergab sein Schreiben dem Könige, der ihm befahl, sich zurückzuziehen. An der Tür des königlichen Kabinetts stand schon Herr de Jouffroy, ein Leutnant von den Leibgarden, der offenbar den Kardinal erwartete und ihn denn auch, wie er war, in seinem bischöflichen Ornat verhaftete.
Tags nach der Verhaftung des Kardinals wurde Frau de la Motte in Bar-sur-Aube, ihrem einstweiligen Zufluchtsort, gefangengenommen. Bei ihrem Verhör leugnete sie keck und entschieden, sich in die Halsbandgeschichte gemischt zu haben, und klagte den Grafen Cagliostro als Urheber jener Spitzbübereien an. Sie behauptete, nur den Herrn Kardinal zu dem Ankauf der Diamanten Böhmers beredet zu haben, diese seien jedoch von dem Italiener und seiner Frau einzeln verkauft worden, und so hätten auch bloß diese Personen einen Nutzen aus dem Unternehmen gezogen.
Infolge dieser Erklärung schritt man zur Einziehung von Herrn und Frau de Cagliostro.
Frau de la Motte mochte glauben, daß sie sich den Händen der Gerechtigkeit entziehen könnte, wenn sie den Kardinal und Cagliostro für den doch nur von ihr allein begangenen Diebstahl verantwortlich machte; aber sie irrte sich in ihren klugen Voraussetzungen. Mademoiselle d'Oliva, welche die Gräfin schon wer weiß wo glaubte, wurde auf ihrer Flucht nach Brüssel aufgehoben, und ihre Enthüllungen und Geständnisse begannen auf den ganzen Sachverhalt einiges Licht zu werfen.
Einige Zeit nachher gelang es auch, Marc-Antoine Rétaux de Billette in Genf zu erwischen. Er wurde im Verhör Frau de la Motte gegenübergestellt, und nun begann diese
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