Sommerferien hatte er bevorzugt schüchterne und zurückhaltende Mädchen als Aushilfen eingestellt, die er dann tagelang genau beobachtete, bevor er erste Annäherungsversuche unternahm und sich dann steigerte.
Über all die Jahre war alles gut gegangen. Manchmal hatte er befürchtet, dass ein Mädchen vielleicht doch etwas gegen ihn unternehmen würde. Aber es war nie etwas passiert. Er bildete sich inzwischen sogar viel auf seine Menschenkenntnis ein. Und jetzt das. Aber auch diesmal würde alles gut gehen. Wenn sie so genau über ihn Bescheid wussten, dann wussten sie auch, wann sie ihn vollständig ausgenommen hatten, und innerhalb von 48 Stunden bekam man keine Hypothek.
Barrings verbrachte die Nacht im Büro. Er benötigte dann den ganzen nächsten Vormittag, um alles an Geld flüssig zu machen, was er besaß. Am Mittag teilte er dem Erpresser mit, dass er ihm das Geld überwiesen hatte.
Von:
[email protected] An: Ferry.Ranco@GermanNet
Betr.: Re: Re: Re: Re: Tagebuch
Ich habe Ihnen gerade online 150.000 Euro per Blitzüberweisung angewiesen. Das ist alles, was ich habe, mehr können Sie nicht von mir erwarten. Wenn Sie trotzdem mehr fordern, könnte ich nur noch zur Polizei gehen. Ich denke, das ist weder in Ihrem Interesse noch in meinem. Geben Sie mir die Datei zurück und lassen Sie mich für immer in Ruhe!!
MB
Ferry las die Mail. Er hatte erreicht, was er wollte. Aber leider stellte sich kein Gefühl der Befriedigung ein. Er hatte gehofft, dass etwas von der Wut und der Verzweiflung weggehen würde, wenn er Barrings in die Enge trieb. Aber jetzt stellte er fest, dass nur ein schaler Beigeschmack blieb.
Nur ein Gutes hatte es: Der Deal mit dem Syndikat war komplett und Judith und er waren jetzt wohl das Syndikat los. Aber der Schatten von Barrings war weiterhin in Judiths Leben. Und in seinem. Barrings fertig zu machen, löschte die Vergangenheit nicht aus. Er würde Judith informieren, dass die Sache mit dem Syndikat zu Ende war, und er würde nach England fliegen. Ob und wie er ihr dann von dem Tagebuch und von Barrings erzählen sollte, wusste er nicht.
Ferry wollte schon den Rechner ausmachen, als er bemerkte, dass eine neue Mail in seinem Ausgangspostfach abgelegt worden war. Irgendjemand hatte gerade in seinem Namen und unter seinem Account eine Mail versandt? Maximilian! Er öffnete die Mail, die er nicht geschrieben hatte.
Von: Ferry.Ranco@GermanNet
An:
[email protected] Betr.Re : Re: Re: Re: Re: Tagebuch
Hallo Barrings ,
schade, dass Sie nicht auf unseren Vorschlag eingegangen sind. Ich habe Ihr Tagebuch nun an verschiedene Zeitungsredaktionen gesandt, ebenso an die Polizei. Ein Ausdruck des Tagebuchs geht morgen an Ihre Frau.
Auf Mails von Ihnen werde ich nicht mehr reagieren. Es ist aus, Sie sind fertig.
Beste Grüße
Ferry Ranco
Als Ferry die Mail mit seiner Unterschrift las, war er entsetzt. Was sollte das? Warum mischte Maximilian sich hier plötzlich ein? Aber dann wurde ihm schnell klar, um was es hier ging. Wenn er mit dem Syndikat im selben Boot sitzen wollte, musste er mehr anstellen, als nur ein wenig Geld einzufordern. Und genau das hatten sie ihm gerade klar gemacht.
Es war seine Idee gewesen, sich mit dem Syndikat einzulassen und jetzt verfluchte er sich dafür. Seitdem er mit dieser Vereinigung zu tun hatte, machte er immer wieder den gleichen Fehler, er unterschätzte sie. Hatte er wirklich geglaubt, mit seinem Vorschlag die Oberhand über das Ganze zu erlangen? Ferry war über sich selbst und seine Naivität frustriert. Er wusste nicht, was das Syndikat jetzt noch mit Barrings und ihm vorhatte, aber das war eigentlich auch gleichgültig, denn er war sowieso zur Untätigkeit verdammt. Einen kurzen Augenblick tat Barrings ihm leid.
Aber dann machte er sich klar, was Barrings Judith und all den anderen angetan hatte. Sollte er dafür zahlen, vielleicht war Maximilian wirklich mal zu was nütze. Ferry machte den Computer aus und ging spazieren. Es gab einfach nichts mehr zu tun und nun war es nicht mehr er, der das Spiel bestimmte.
Nachdem das Thema Barrings so zu Ende ging, wie das Syndikat es geplant hatte, machten sie sich daran, die Spuren zu verwischen. Alle Dateien und Mails, die darauf hingedeutet hätten, dass es jemals eine Verbindung zwischen Ferry Ranco und Marc Barrings gegeben hatte, wurden gelöscht. Auch wenn Barrings der Meinung war, die Blitzüberweisung an Ferry online bei seiner