Tal der Traeume
Zügel. Er band beide Tiere an einen Baum und rannte über die glühend heiße Straße, wobei er Zacks Namen rief, machte kehrt, lief in die andere Richtung. Als er keine Antwort bekam, suchte er im weichen Straßenstaub nach Fußabdrücken und Blutspuren. Endlich entdeckte er eine Unregelmäßigkeit, keine Fußabdrücke, sondern Kriechspuren, und dann fand er auch Zack, der im Schatten gegen einen Baum lehnte. »Was zum Teufel…« »Bin runtergefallen«, murmelte Zack, als habe er einen Fehler begangen. »Dürfte wohl mehr gewesen sein als das.« Yorkey holte rasch seine Wasserflasche. Als er ihm zu trinken gab, bemerkte er, dass Zack schwer verletzt war. Von seinem Rücken sickerte Blut über seine Arbeitshosen, sein Gesicht war grau. Er war zu schwach, um die Wasserflasche zu halten. »Moment«, sagte Yorkey ruhig und stellte die Flasche beiseite. »Ich sehe mir das mal an.« Zack stöhnte und sackte zur Seite, als Yorkey ihn vom Baum wegzog, um seinen Rücken zu untersuchen. »Allmächtiger!« Das Hemd war blutgetränkt und klebte an der Haut. Als er es vorsichtig löste, entdeckte er die klaffende Wunde, in der sich bereits Fliegen sammelten. Er verscheuchte sie, entsetzt, dass der Rücken des Mannes ebenso zerrissen war wie das Hemd. »Was ist passiert?«, fragte er, während er einen Teil des Hemdes abriss und mit Wasser tränkte, um die Wunde zu säubern. »Speer«, flüsterte Zack. »Ein verdammter Speer.« »Himmel!« Yorkey schaute sich unwillkürlich um. Sein eigener Rücken fühlte sich plötzlich schutzlos an. Er streifte den Rest des Hemdes ab und hoffte, Zack so wenig Schmerzen wie möglich zu bereiten, auch wenn er wusste, das würde ihm kaum gelingen. Dann drückte er den Stoff aus und legte den Rest des Hemdes als provisorischen Verband über die Wunde. Er dachte fieberhaft nach. Waren Schwarze in dieser Gegend auf dem Kriegspfad? Eine halbe Meile entfernt standen die Pferde, Waffen und Munition den Blicken preisgegeben. Er musste sie holen. »Bin gleich wieder da.« Er rannte die Straße entlang, überzeugte sich, dass sich die Waffen noch an Ort und Stelle befanden, und führte die Pferde ins Gebüsch. Yorkey bezweifelte ohnehin, dass er in der Lage sein würde, einen Schwarzen zu töten, doch immerhin hatte er die Waffen bei sich. Vielleicht könnte er mit ihnen verhandeln, um den Boss und sich aus dieser Lage zu retten. »Hol Hilfe«, murmelte Zack mit zusammengebissenen Zähnen. »Ich kann Sie nicht hier lassen.« Er könnte einen Sonnenschutz aus Zweigen errichten, dennoch würde der Verletzte ein willkommenes Ziel für mögliche Angreifer bieten. »Wie weit ist es bis zu Ihrem Haus?« Zack lag flach auf dem Bauch und schien ihn nicht zu hören. »Sind Sie noch wach?« »Dreißig Meilen«, antwortete Zack gereizt. »Geh.« »Bald wird es dunkel. Ich werde es nicht finden.« Er hörte ein Seufzen, dann hob Zack den Kopf und sah ihn an. »Wir bleiben besser über Nacht hier«, sagte Yorkey. Doch das Problem war damit nicht aus der Welt. Er konnte Zack nicht allein an diesem Ort lassen. Vielleicht gelänge es ihm, eine Schlepptrage zu bauen, die ein Pferd ziehen konnte. Vor einigen Jahren hatte er in Katherine erlebt, wie man einen Mann damit transportierte. Aber er wusste, es war schwierig. Er hatte nicht einmal eine Axt zur Verfügung. Zack traf die Entscheidung. »Hilf mir auf. Ich reite.« »Das geht nicht.« »Hilf mir auf.« Das war ein Befehl. Es war ein mühseliger, schmerzhafter Kampf, Zack aufs Pferd zu hieven, doch schließlich gelang es Yorkey, und der Boss sank erschöpft auf den Hals des Pferdes. Yorkey gab ihm zu trinken. »Ich muss Sie festbinden; noch mal schaffen Sie das nicht. Ich bemühe mich, Ihnen nicht wehzutun.« Nachdem Zack festgezurrt war, bestieg Yorkey sein Pferd und führte das andere langsam hinter sich her. Er vermutete, dass Zack unterwegs mehr als einmal das Bewusstsein verloren hatte, doch nach Einbruch der Dunkelheit zwang er sich wach zu bleiben und erteilte gelegentlich Anweisungen. »Hier abbiegen. Rechts.« So ging es weiter. Yorkey hätte schon Mühe gehabt, das Haus bei Tageslicht zu finden. Von Zeit zu Zeit sah er nach seinem Patienten, gab ihm und den Pferden Wasser, bis nichts mehr übrig war. Er aß seine Ration und kaute Tabak, um sich wach zu halten. War er eingedöst? Er spürte, wie Zack an der Leine zog. »Alles klar mit Ihnen?«, fragte Yorkey. »Halt an.« »Noch zu früh. Wir haben noch ein Stück vor uns.« »Ruf!«, stöhnte Zack
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