Tal der Traeume
Territorium fördern, unsere Mittel sind denkbar knapp…« »Ganz Ihrer Meinung. Vielleicht sollten wir zunächst das Kupfergeschäft abschließen. Pachten dieser Größenordnung werden Tausende Pfund in die Kassen der Regierung spülen. Bringen Sie Barlow vom Bergbauministerium mit. Er weiß schon über alles Bescheid und hat Berichte von Gutachtern zur Hand, so dass er zusätzliche Informationen liefern kann.« »Sehr schön. Wo findet das Treffen statt?« »In einem Nebenzimmer des Victoria Hotel, am Tag nach der Landung, gefolgt von einem Mittagessen.« »Auf Ihre Kosten?« »Selbstverständlich.« »Gut, Sie können auf mich zählen. Christy ist ein kluger Bursche. Er kann mit ihnen reden und einen Empfang in der Residenz arrangieren. Das wird sie beeindrucken.« William bezweifelte es. Die Mollards waren für ihre kärglichen Mahlzeiten bekannt, doch das Protokoll musste eingehalten werden. Die Amerikaner, die ein eigenes Schiff für die Reise gechartert hatten, waren wichtige Leute und gut und gern ebenso reich wie jeder Brite, der Darwin mit seinem Besuch beehrte. Ihre Investitionen waren bedeutend für das Territorium, denn es litt sehr unter der Vernachlässigung durch die Regierung im fernen Adelaide. Dort weigerte man sich, auch nur die notwendigsten Mittel bereitzustellen. Die Stadt wirkte heruntergekommen, das Krankenhaus war eine Schande, der Hafen primitiv… »Eine vergessene Stadt«, seufzte William, als er über die Esplanade ging. Kein Wunder, dass die Leute nichts für ihre Grundstücke bezahlen wollten. Es gab dort weder gepflasterte Gehwege noch Rinnsteine, ganz zu schweigen von einer anständigen Kanalisation. »Und das hier ist die Hauptstadt«, fügte er hinzu. Immerhin bot die Esplanade mit dem gepflegten Park am Meer ein elegantes Bild. Er sah auf seine Taschenuhr und beschleunigte den Schritt. Mit einem konnte er seine Gäste sicher erfreuen… einer anständigen Mahlzeit. So luxuriös die Unterbringung an Bord auch sein mochte, frisches Essen würden sie am Ende einer langen Seereise gewiss zu schätzen wissen. William hatte Mrs. Ryan vom Victoria Hotel gebeten, ihr Bestes aufzutischen. Und das Beste war herausragend. Eigentlich freute er sich schon selbst auf ihre Küche. Er bog um die Ecke und ging auf die Kirche zu. Nicht nur Emily Mays Tod hatte ihn der Religion entfremdet. Ihr Verlust war lediglich der Auslöser gewesen, damals hatte er seinen Glauben in Frage gestellt.
William hatte nach seiner blinden Überreaktion auf den Tod seiner Frau sein eigenes Verhalten unter die Lupe genommen. Alles hatte mit einem gegen Gott gerichteten Zorn begonnen, der zuließ, dass eine Frau aus seiner Herde, die den Herrn aus tiefstem Herzen liebte, so jung starb. Von dort aus driftete er in eine Art Niemandsland, während ihm Geistliche und Freunde mit der immer gleichen Geschichte vom Willen Gottes kamen und der Mahnung, man solle den Ratschluss des Herrn nicht in Zweifel ziehen. Eines Morgens nach seinem Umzug in die Stadt war ihm klar geworden, dass niemand wusste, wovon er eigentlich sprach. Er selbst am allerwenigsten. Also beschäftigte er sich zwei Jahre lang in seiner einsamen Wohnung neben dem Büro eingehend mit Religion. Er las Bücher über sämtliche Weltreligionen und weniger bekannte Glaubensgemeinschaften. Er akzeptierte die Güte als grundlegendes Prinzip, lehnte die von Menschen aufgestellten Regeln jedoch ab. Er begegnete Missionaren vom Daly River, die ihr Leben aufs Spiel setzten, um einige der militantesten Aborigines des Nordens zu bekehren. William war im Busch mit Aborigines aufgewachsen. Er kannte so viele von ihnen und war mit ihrer Kultur derart vertraut, dass er nur staunen konnte, als ihm ein blässlicher, frömmelnder Missionar namens Walters versicherte, die Bekehrungen seien erfolgreicher, als sie sich in ihren kühnsten Träumen ausgemalt hätten. Innerhalb weniger Jahre werde man alle frei lebenden Schwarzen zum Christentum bekehren. »Unsinn!« William war förmlich explodiert. »Wie wollen Sie das schaffen?« »Indem wir sie die Liebe lehren, Sir. Die Nächstenliebe. Die christliche Lebensweise als Gegenentwurf zu ihren heidnischen Gepflogenheiten.« »Sicher, Christen sind ein herrliches Vorbild. Ermorden ganze Familien, vergewaltigen und töten ihre Frauen, bringen die Kinder um… die Aborigines sind nicht dumm, Sie werden sie nicht bekehren. Es spricht nicht viel für das Christentum, das Sie verkaufen. Liebe? Welche Liebe denn? Die Schwarzen haben nichts
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