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Tal der Traeume

Titel: Tal der Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shaw Patricia
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der Schlucht zogen sich senkrechte grünliche Linien, Rippen, die wie Spalten im Fels wirkten. Yorkey wusste aber, dass es sich in Wirklichkeit um Wasserrinnen handelte. Jetzt waren sie knochentrocken; in der Regenzeit jedoch würden ungeheure Wasserfälle von diesen Wänden stürzen. Er drehte sich um und untersuchte die Verfärbungen der Felsen, die sich auf seiner Höhe befanden. Bei Regen würden sich tobende Fluten durch diese Schlucht wälzen. Irgendwo dort oben sammelte sich das Wasser, und die gestreiften Rinnen sandten aus großer Höhe donnernde Sturzbäche hinab, die die Schlucht nicht mehr fassen konnte. Das Wasser würde meterhoch stehen, bevor es in die Ebenen ablief und den Viehzüchtern des Bezirks den ersehnten Segen brachte. Die Schlucht hingegen würde monatelang unpassierbar bleiben.
    »Na gut«, sagte Yorkey, während er seinem Pferd die Sporen gab. »Wir sollten uns wohl beeilen.« Er verabschiedete sich nur ungern von diesem wundersamen Ort, irgendwann würde er zurückkehren und hier eine Weile sein Lager aufschlagen. Die Schlucht faszinierte ihn, genau wie seine arme Mutter, dachte er, aber in einer anderen Weise. Sie hatte ihre Sitten, ihre Erinnerungen, seltsame Dinge, die mit ihrem Volk zu tun hatten. Er selbst empfand es anders. Das Gefühl würde ihn wieder herlocken, dessen war er sicher, konnte es aber noch nicht in Worte fassen. Vielleicht war es eine Art Bewunderung. Yorkey hatte bisher nicht viel Bewundernswertes kennen gelernt. Er war nur ein »Abo«-Treiber, irgendein Kerl, der auf den Viehrouten unterwegs war, und damit hatte er noch Glück gehabt. Viele andere »Abos« hatten es weitaus schlechter getroffen. Wie auch immer, er bewunderte diese Schlucht, welchen Namen man ihr auch geben mochte. 
     
    »Bist du sicher, dass wir durchkommen?«, wollte Paddy wissen. »Ja, kein Problem.« »Keine Sümpfe?« »Nein, der Boden ist aus Sand. An manchen Stellen etwas schmal, aber wir schaffen es, Paddy. Nach und nach.« »Bist ein braver Kerl, Yorkey. Geh zum Küchenwagen. Wahrscheinlich hast du seit Tagen nichts Richtiges gegessen.« Er lachte. »Außer, du hast Buschfutter verschlungen.« Das war ein privater Scherz zwischen ihnen. Obwohl er ein Aborigine war, hatte Yorkey nicht den blassesten Schimmer vom Überleben im Busch und hielt auch nichts vom Essen der Schwarzen, das er mehr als einmal probiert hatte. Die seltsame Stimme hatte er Paddy gegenüber nicht erwähnt. Auf dem Ritt zurück hatte er darüber nachgegrübelt und war zu der Ansicht gelangt, dass er sie sich vielleicht nur eingebildet hatte. Niemand war dort gewesen. Die Schlucht war so leer wie ein Pub ohne Schnaps. An diesem eigenartigen Ort konnte man sich alles Mögliche einbilden. 
     
    Zack wischte sich mit einem Tuch den Schweiß vom Gesicht und blinzelte unter der Krempe seines ramponierten Hutes zu dem wogenden Meer aus Vieh, das vor ihm herzog. Dank Milligans Erfahrung und der Bereitwilligkeit, mit der er Anweisungen befolgte, bewegten sich die Tiere in stetem Tempo. Der Karte nach zu urteilen, schien die Entfernung zur Schlucht um die hundertfünfzig Meilen zu betragen, doch das Terrain war trügerisch. Sie liefen Gefahr, kostbare Zeit zu verlieren, wenn sie das Vieh in Wasserrinnen trieben, die in Sackgassen endeten, oder über rauen, felsigen Boden, der sich unter hohem Straußgras verbarg. Zack, dem seine eigenen häuslichen Sorgen zu schaffen machten, bemühte sich, keine Minute zu verlieren. Er hatte Milligan angewiesen, kurz vor der Schlucht die Herde in drei Gruppen zu teilen, um eine Stampede zu vermeiden, wenn die Tiere das Wasser witterten. Der tiefe Canyon verfügte gewiss über eine Reihe von Wasserlöchern, selbst nach einer außergewöhnlich starken Trockenzeit. Die Schlucht war prachtvoll und als Abkürzung durch eine Kette von Sandsteinhügeln von großer Bedeutung, aber auch gefährlich. Oft bekam das Vieh aus heiterem Himmel Angst dort drinnen, vielleicht, weil es sich vor dem Echo der eigenen Hufe fürchtete, und musste sorgsam in Schach gehalten werden. Dann gab es die Gefahr von Erdrutschen von den steilen Hängen. Sie konnten Chaos verursachen, waren zu dieser Jahreszeit aber selten. Oft büßten die Wände der Schlucht durch das Gewicht des Auffangbeckens in der Regenzeit ihre Festigkeit ein, so dass Erdrutsche auch nach dem Rückgang des Wassers zu befürchten waren. Zack war immer vorsichtig und pflegte die Schlucht für mindestens einen Monat nach Ende der Regenzeit zu meiden, bis

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