Tal der Träume
Liebe, und die Kunden waren so schwierig. Mit ihnen zu verhandeln ist nicht einfach … aber was war mit dir? Hast du dich gut unterhalten?«
Er trat einen Schritt zurück und betrachtete sie. »Du siehst verändert aus. Als hättest du …« Dann berührte er ihr Haar.
»Was ist denn damit passiert?«, fragte er erstaunt.
»Ich habe es abschneiden lassen«, antwortete sie und drehte sich, damit er die neue Frisur bewundern konnte. »Siehst es nicht hübsch aus? Und es ist so viel kühler.«
»Du hast was?« Er nahm sie bei den Schultern und hielt sie fest. »Du hast dein wunderbares Haar abschneiden lassen! Wie konntest du das tun, ohne mich vorher zu fragen? Wie bist du auf diese Idee verfallen?«
»Es sieht jetzt viel besser aus«, antwortete sie enttäuscht.
»Es sieht nicht besser aus, du wirkst auf einmal so fremd. Mach es los, ich möchte sehen, was davon übrig geblieben ist.«
Sie zog verunsichert die Nadeln aus ihrem Haar.
»Oh nein, die Krönung deiner Schönheit. Jetzt ist nichts mehr davon zu sehen.«
»Passiert ist passiert«, versuchte sie zu scherzen.
»Ruiniert ist ruiniert, meinst du wohl. Wirklich dumm von dir.«
»Der Friseur hat gesagt, die alte Frisur sei matronenhaft«, verteidigte sie sich.
»Und wenn schon? Du bist doch eine verheiratete Frau, und jetzt siehst du aus wie ein flotter Vamp.«
»Ich bin kein flotter Vamp! Und seit wann muss ich um Erlaubnis bitten, wenn ich mir die Haare schneiden lasse? Es ist mein Kopf. Du kommst schlecht gelaunt nach Hause und lässt es an mir aus. Alle sagen, es sähe reizend aus.«
»Tatsächlich? Und wer bitte sind alle?«
»Ach, es ist ab, Schluss, aus. Wir müssen uns zum Essen umziehen.«
»Nein, wir essen hier oben. Ich muss mich an den Anblick erst gewöhnen. Wie lange dauert es, bis es nachgewachsen ist?«
»Länger als bis zum Frühstück«, sagte sie schnippisch und schlug die Schlafzimmertür hinter sich zu.
Sie war nie auf den Gedanken gekommen, William könne etwas dagegen haben oder die Frisur missbilligen. Sie wollte sich in seine Lage versetzen, doch es gelang ihr nicht. Sicher, er liebte langes Haar und war enttäuscht über den Haarschnitt, aber das war noch lange kein Grund, sie derart zu beleidigen.
Sie schaute in den Spiegel und hob die losen Strähnen an. Es sah gut aus. Der Friseur hatte ihr gezeigt, wie die Lockenschere zu gebrauchen war, und ihr geraten, sie solle die »Maus« genannte Rolle aus falschem Haar behalten, über der sie die schweren Haare festgesteckt hatte, um die neue Frisur fülliger zu gestalten. Nun konnte sie verschiedene Varianten ausprobieren und war nicht mehr an die ausladende Aufsteckfrisur gebunden, die einzige Alternative zum ebenso matronenhaften Knoten.
Matronenhaft! Natürlich, William wollte nicht, dass sie jünger aussah, sie sollte sich ihm vom Aussehen her anpassen. Es ging nur um sein Ego. Deshalb hatte er ihr auch immer geschmeichelt, wie gut sie mit der komischen Frisur und den unmodernen Kleidern aussähe. Kein Wunder, dass sie sich bei den zarten Chinesinnen so fehl am Platz gefühlt hatte. Wäre sie nur damals schon Lena und ihren weltgewandten Freunden begegnet. Sie konnte es gar nicht erwarten, die schmal geschnittenen Kleider vorzuführen.
Aber wo? In Darwin?
Oh Gott, die herrlichen Seidensaris, die sie auf ihrer Hochzeitsreise gekauft hatte, schlummerten noch immer mit Mottenpulver in einer Truhe. Sie hatte sie nie getragen, und nun waren ihre leuchtenden Farben aus der Mode gekommen. Und die neuen Kleider würden sich in Darwin auch nicht gut machen.
Harriet verzog schmollend das Gesicht. »Und wenn schon, ich trage, was mir gefällt. Ich bin es leid, mich herumschubsen zu lassen. Und den Haarschnitt wird er schon verwinden.«
Maggie Mollard war ganz begeistert von dem Zimmerfächer, obwohl er von den Oatleys kam.
»Was nicht heißen soll, dass ich dieser Frau jemals verzeihe«, warnte sie ihren Mann. »Wir sind so gut mit William ausgekommen, bevor sie auf der Bildfläche erschien.«
»
Du
bist mit ihm ausgekommen«, murmelte Lawrence hinter seiner Zeitung. Oatley war ihm schon immer auf die Nerven gegangen, genau wie die anderen Viehzüchter da draußen, die sich in ihrem Geld sonnten und nicht begreifen wollten, dass die eigentliche Macht in Darwin saß. Nicht eine Sekunde lang hatte Mollard geglaubt, dass Oatleys Kindfrau auf die Idee gekommen sei, ihr Mann solle das Territorium regieren, doch die Diplomatie hatte verlangt, dass er die erbärmlichen
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