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Tal ohne Sonne

Tal ohne Sonne

Titel: Tal ohne Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Über Zynaker zog so etwas wie ein Frieren. Er hob die Schultern und sah Leonora an. »Ich weiß, daß er hier ist«, sagte er, heiser vor Erregung. »Er sieht uns, er sieht uns ganz klar durch sein Zielfernrohr.«
    »Wieso weißt du, daß er ein Zielfernrohr hat?« fragte Schmitz.
    »Die Kopfschüsse beweisen es. Auf Entfernung kann man so genau nur mit einem Zielfernrohr schießen. Er hat uns im Visier, aber warum antwortet er nicht?« Zynaker legte beide Hände wie einen Trichter vor den Mund und begann zu rufen, »Hallo! Hallo! Hören Sie mich?« Er sprach Englisch, denn wer in dieses Land kam, mußte Englisch können. »Hallo! Hören Sie mich? Wir sind Europäer, Mitglieder einer Expedition, und haben von den Uma erfahren, daß Sie hier leben. Für die Wilden sind Sie ein Geist, das wissen Sie, vor uns brauchen Sie keine Angst zu haben. Wir möchten mit Ihnen sprechen. Hören Sie? Wir möchten mit Ihnen sprechen! Melden Sie sich, aber nicht mit Ihrem Gewehr!«
    Stille. Schweigen. Keine Regung. Der überwucherte Abhang lag vor ihnen. Ein üppiges, grünes, lebloses Land.
    Zynaker nahm seine Hände vom Mund. »Was soll ich noch tun?« sagte er verzweifelt.
    »Den Berg hinabsteigen«, schlug Schmitz vor.
    »Umkehren«, stammelte Samuel mit zitternder Stimme.
    »Hinabsteigen? Wohin?« Zynaker zeigte mit einer weiten Handbewegung über das Tal. »Wir gehen hinunter, und zehn Meter seitlich von uns liegt er hinter den Felsen und rührt sich nicht. Ihn hier zu suchen ist Irrsinn.«
    »Ich will's versuchen«, sagte Leonora. Sie trat nahe an den Rand des Plateaus und legte ihre Hände ebenfalls als Trichter vor den Mund. »Hören Sie mich?« rief sie mit heller, weit tragender Stimme. Das Echo schallte dreimal zurück. »Ich bin eine Frau und brauche Ihre Hilfe.«
    »Hilfe … Hilfe … Hilfe«, tönte es zurück.
    »Nur Sie können uns helfen. Sie sind unsere einzige Hoffnung!«
    »Hoffnung … Hoffnung … Hoffnung«, rief das Echo.
    Leonora ließ die Hände sinken und starrte über die Felsen. Und da war sie plötzlich, die Antwort, auch sie vom dreifachen Echo getragen. Lakta klammerte sich an Schmitz, aber auch ihm war es plötzlich unheimlich geworden. Samuel hockte hinter einem Baum und bekreuzigte sich.
    »Kommen Sie herunter. Sehen Sie den großen spitzen Felsen etwa fünfzig Meter vor Ihnen? Darauf gehen Sie zu und warten dort.«
    »Na also!« sagte Zynaker leise. »Gratuliere, mein Schatz! Es ist eine alte Weisheit: Vor Frauen öffnen sich mehr Türen als vor Männern.«
    Leonora atmete auf und fühlte gleichzeitig eine große Traurigkeit. Das ist nicht die Stimme meines Vaters, sie klang früher nicht so dumpf, sie war heller und klarer. »Ich hätte auch ein Heldentenor werden können«, hatte ihr Vater einmal gesagt, »vielleicht wäre ich auch auf der Opernbühne etwas geworden, wer weiß?« Diese Stimme hier hatte einen hohlen Ton, es war kein Klang in ihr.
    »Wir kommen!« rief Leonora zurück. »Wir sehen den spitzen Felsen. Schießen Sie auch nicht auf uns?«
    »Ich schieße nur zur Erhaltung des eigenen Lebens.«
    »Bisher haben Sie sieben Eingeborene getötet«, rief Zynaker.
    »Irrtum! Es waren sechzehn. Mein Kopf soll an keiner Bastschnur hängen.«
    »Und seitdem sind Sie ein Geist.«
    »Das soll auch so bleiben. – Kommen Sie!«
    Der Abstieg war gefährlicher, als sie geglaubt hatten. Überall lag Geröll herum, naß, glitschig, von Moos überzogen. Wenn man ausrutschte, gab es kein Halten mehr; man würde wie eine Lawine, die Steine mit sich reißend, in die Tiefe stürzen, hinein in das Unbekannte, das die Nebeldecke verbarg.
    Vorsichtig, langsam, Schritt um Schritt tasteten sie sich den Abhang hinunter und erreichten tief aufatmend den kahlen, spitzen Felsen.
    Leonora lehnte sich an das Gestein und atmete schwer und hastig. Lakta und Samuel hockten sich sofort auf die Erde, Angst zitterte in ihren Augen. Zynaker und Schmitz hielten ihre Gewehre schußbereit an der Hüfte. Hier unten war es noch stiller. Das Rauschen des Windes drang nicht bis hierhin, auch nicht der geringste Hauch war zu spüren.
    »Wir sind da!« sagte Zynaker laut.
    Sie zuckten alle zusammen, als hinter dem spitzen Felsen die Antwort hervordrang: »Woher kommen Sie?«
    »Aus Port Moresby«, sagte Leonora. »Wir haben unser Lager jetzt bei den Uma.«
    »Und Sie leben noch? Wie haben Sie das geschafft?«
    »Wir haben sogar einen Geistlichen bei uns, der bei den Uma eine Kirche baut. Auch wir bekommen neue Hütten.«
    »Und

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