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Tal ohne Sonne

Tal ohne Sonne

Titel: Tal ohne Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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»Ich springe sofort nach dir, es kann überhaupt nichts passieren. Nur naß wirst du werden. Paß auf. Hier ist der Zentralverschluß. Sobald du mit dem Boden Berührung hast, drückst du darauf, und der Schirm fällt von dir ab.« Er sah sich nach Leonora um, die bereits an der Tür stand, fertig zum Sprung.
    Sie trug Hosen und Jacke aus Khakistoff, halbhohe Stiefel mit dicken Profilsohlen und im Gürtel ein langes, scharfes Messer. Sie wollte als erste springen und hatte deswegen schon Streit mit Reißner und Kreijsman bekommen. Sie argumentierten, daß es besser sei, zwei Männer sprängen als erste ab, um unvorhergesehene Gefahren auszuschalten. Es konnte ja sein, daß ihnen vom dicht verfilzten Ufer aus ein Hagel von Pfeilen entgegenflog, auch wenn man keine Anzeichen sah, daß in der Nähe ein Dorf war. Man wußte ja nichts, gar nichts von diesem Tal zwischen den Urwaldbergen.
    Die Nebel lichteten sich etwas. Der gelbschimmernde Fluß wurde klarer. Sie sahen jetzt, daß große Steine aus dem Wasser ragten und damit Stromschnellen, Wirbel und Barrieren bildeten. Zynaker wölbte die Unterlippe vor und fragte sich, wo er hier mit anmontierten Schwimmern hätte landen können. Die Luftaufnahmen mußten viel weiter abwärts gemacht worden sein, oder der Fluß hatte nach einer Regenperiode Hochwasser geführt, das die meisten Felsen überspülte.
    »Ich versuche jetzt den ersten Anflug«, sagte er über den Bordlautsprecher. »Noch nicht abspringen! Ich suche eine breite Stelle ohne diese Steine! Ich habe vorhin so eine Art Ausbuchtung gesehen, vielleicht geht es da. Ihr müßt in drei Gruppen abspringen, immer zu zweit, sonst landet ihr zu weit voneinander. Aufgepaßt, ich gehe auf steilen Sinkflug!«
    Die Maschine kippte nach vorn weg, Leonora und die anderen klammerten sich fest. Reißner starrte Pater Lucius mit weiten Augen an. Der Priester hatte Samuel an seine Brust gedrückt.
    »Daß wir abstürzen, davon war nicht die Rede«, sagte Reißner mühsam. »Verdammt, wenn er das Ding nicht mehr in die Waagerechte bekommt!«
    »Dann sparen wir uns den Absprung aus der Tür«, antwortete Pater Lucius trocken. »John Hannibal, seit wann haben Sie Angst? Denken Sie an Ihren Namensvetter. Der zog im Winter mit tausend Elefanten über die Alpen.«
    Die Maschine richtete sich wieder auf. Ein Blick aus den runden Fenstern ließ die Herzen schneller schlagen. Links und rechts ragten die Urwaldwände auf, unter ihnen gurgelte der gelbe Fluß über Steine und Geröll. Die Bäume, Riesenfarne und Lianen bildeten eine geschlossene Wand. Sie glänzte noch von der Feuchtigkeit der Nacht, die jetzt in Nebelfäden verdunstete.
    Zynaker drosselte die Motoren auf ein Mindestmaß, gerade bis an die Grenze, um nicht wegzusacken. »Wir sind auf achtzig Meter Höhe«, sagte er durchs Mikrofon.
    »Das reicht für einen Absprung?« fragte Reißner, aber nur Kreijsman und Schmitz, die neben ihm standen, hörten es.
    »Wir müssen sofort die Reißleine ziehen, ein freier Fall ist nicht mehr möglich«, antwortete Schmitz.
    »Aber wir müssen weit genug vom Flugzeug weg, sonst verfangen wir uns an den Flügeln oder im Leitwerk.« Kreijsman preßte das Gesicht ans Fenster. Neben ihm sauste der Urwaldhang vorbei.
    Zynaker zog die Maschine wieder an und ging im Flußtal mehr auf Höhe. Dabei kippte er etwas über den linken Flügel. »Seht ihr die Bucht? Gleich kommen wir ran. Das wäre der beste Platz. Das Wasser scheint seicht zu sein. Außerdem gibt es da keine Steine. Achtung, da sind wir!«
    Alle starrten an der linken Seite nach draußen. Wirklich hatte der Fluß hier eine kleine Bucht in das Land gerissen, sogar eine Art Ufer gab es, ein schmaler Streifen ohne Bewuchs, Geröll aus dunkelgrauen, vom Fluß geschliffenen und polierten Steinen, begrenzt von grauweißen, ausgeblichenen, toten Baumstämmen.
    »Ein geradezu idealer Badeplatz!« höhnte Reißner, als sie die Bucht überquerten. »Dürfte eine große Zukunft haben. Platz genug für eine Strandbar, am Ufer eine Flotte aus Motor- und Tretbooten, Hubschrauberpendelverkehr von Kopago bis zur Kopfjägerbucht, und da hinten, am Waldrand, kann Ihre Kapelle stehen, Pater Lucius. Wird das ein Boom! Trauung im unerforschten Land. Da können Reno und Las Vegas nicht mehr mit. Das hier ist nun wirklich was für totale Snobs. Laßt uns einen Ferienclub gründen.«
    »Fertig?« fragte Pater Lucius sauer.
    »Ja.«
    »Dann sehen Sie mal genauer hin.«
    »Na und? Links könnten einige Bungalows

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