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Tal ohne Sonne

Tal ohne Sonne

Titel: Tal ohne Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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schrie Reißner. »Ist Zynaker verrückt geworden? Das gibt's doch nicht! Er ist viel zu nahe am Wald! Das muß er doch sehen! Die Bäume kommen ihm ja entgegen!« Leonora hatte die Fäuste gegen den Mund gepreßt und starrte fassungslos auf das Flugzeug. Auch sie begriff nicht, was sie sah. Zynaker schien die Gewalt über seine Maschine verloren zu haben, er drosselte zwar die Geschwindigkeit, man hörte es deutlich, aber das Flugzeug änderte nicht den Kurs, kam dem Urwald immer näher, und es war ein helles, knirschendes Geräusch, das bis auf die Knochen drang, als der linke Flügel die Baumwipfel streifte.
    Wie von einer Riesenfaust wurde das Flugzeug herumgerissen, schleuderte in der Luft in den Fluß hinunter, fiel dann wie ein Stein in das Wasser und zerbrach an einer der im Fluß aufragenden Felsspitzen in zwei Teile. Keine Explosion folgte, kein lodernder Feuerball. Als habe ein Riese die Maschine über seinen Knien in der Mitte durchgebrochen und dann weggeworfen, so lag sie im Fluß, umgurgelt von den gelben Wassern. Nur die im Wasser liegenden beiden Motoren ließen das Wasser unter sich verdampfen und warfen weiße Dunststreifen über das Wrack.
    »Das war's nun«, sagte Reißner heiser. »Unsere Ausrüstung ist wohlbehalten angekommen. So gesehen, war es eine glatte Landung.«
    Sie rannten zum Ufer der Bucht und warteten. Im Vorderteil wurde jetzt die Tür aufgedrückt, und ein Gegenstand plumpste ins Wasser.
    »Das war Samuel!« stellte Pater Lucius fest. »Der Kerl hat sich vor Angst zusammengekrümmt. Und da kommt auch Pepau. Es ist also alles gut gegangen.«
    Kreijsman und Reißner wateten den beiden durch den Fluß entgegen, um ihnen in der Strömung zu helfen. Nun kam auch Zynaker zum Vorschein und blieb in der Tür stehen. Er winkte zu Leonora hinüber und breitete beide Arme aus, als wolle er sagen: »Ich kann nichts dafür. Die Maschine hat mich verraten.« Darauf verschwand er wieder im Inneren und tauchte am Ende des abgebrochenen Teils auf, kletterte in den Fluß und watete zum hinteren Teil des Flugzeugwracks hinüber. Es hatte sich zwischen zwei Felsen in der Strömung geklemmt. Zynaker hatte Mühe, gegen das hier schäumende und strudelnde Wasser anzukommen; er zog sich an dem bizarr verbogenen Gestänge empor und bahnte sich einen Weg durch die Trümmer. Dort setzte er sich auf eine der Kisten und schüttelte den Kopf. Er begriff einfach nicht, wie sein Flugzeug mittendurch brechen konnte, so als habe man es zersägt und dann weggeworfen. Daß er alles, was er besaß, verloren hatte, daß dieser Absturz sein Ruin war, daß er nie mehr ein Flugzeug besitzen würde, denn keine Bank würde ihm den Kauf einer neuen Maschine finanzieren, daran dachte er in diesen Minuten nicht. Er dachte nur: Irgendwie muß das Schicksal Gedanken lesen, muß Worte verstehen, muß Gefühle erkennen – ich wollte Leonora nicht allein lassen, wollte zurückkommen und auch abspringen; nun bin ich bei ihr auf Leben oder Tod. Mein Gott, wie liebe ich sie! Und ich kann es ihr nicht sagen, sie würde mich ungläubig anstarren, ja, vielleicht sogar erschrocken sein und eine unsichtbare Wand zwischen uns errichten.
    Er kroch durch den Frachtraum, stellte fest, daß doch einige Kisten und Kartons durch den Aufprall zerrissen und aufgeplatzt waren, aber das meiste der Ausrüstung war unbeschädigt und vielleicht in einem besseren Zustand, als wenn man sie mit den Fallschirmen abgeworfen hätte.
    Schmitz und Samuel hatten nun die Bucht erreicht und sahen zu den Trümmern im schäumenden Fluß hinüber.
    »Ich weiß nicht, wie das gekommen ist«, sagte Schmitz und hockte sich auf die rund geschliffenen Kiesel. »Plötzlich zog die Maschine nach links und streifte die Baumwipfel. Ich hörte noch Zynaker schreien: ›Scheiße!‹, da krachte es auch schon, wir wurden in den Fluß geschleudert, und dann brach die Maschine mittendurch. Wir hielten uns an den Sitzen fest.«
    »Sind Sie verletzt, Pepau?« fragte Leonora und beugte sich über ihn.
    »Nein. Vielleicht ein paar Prellungen. Im Augenblick spüre ich nichts.«
    »Und du, Samuel?«
    Der krummbeinige Papua bekreuzigte sich. »Nichts, Massa. Ich habe die Augen zugemacht, und dann lag ich auf Masta Pepau.«
    Sie sahen zu dem Wrack hinüber und warteten, daß Zynaker wieder aus den Trümmern hervorkam. Unruhig drehte sich Pater Lucius ein paarmal zum Waldrand um, doch kein Laut und keine Bewegung zeigten die Anwesenheit von Menschen an. Aber der Wall aus aufgeschichteten

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