Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tal ohne Sonne

Tal ohne Sonne

Titel: Tal ohne Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
lieber Himmel, muß das ein hartgesottenes Mädchen sein! Will sie sich den Kopf ihres Vaters über den Kamin hängen?« Der Ministerialbeamte blickte auf das Gebiet nördlich von Kopago. Es gehörte zur Central Range und war nur durch Luftaufnahmen kartographiert worden. Den großen Flüssen hatte man Namen gegeben wie Logaiyo River, Lagaip River, Pori River oder April River. Die vielen kleinen Nebenarme, die in den dampfenden Tälern auftauchten und im Urwald wieder verschwanden, waren namenlos geblieben. Niemand wußte, wo sie in einen größeren Fluß mündeten, keiner entdeckte ihre Quellen, aus dem Dschungel tauchten sie auf und verloren sich wieder im undurchdringlichen Grün des Urwaldes. »Wir haben damals mit einem Hubschrauber dieses Gebiet abgeflogen und absolut nichts entdecken können. In diesen Schluchten und Tälern, an diesen Berghängen gibt es keinen Platz für eine Notlandung, das wissen Sie so gut wie ich. Wer da runtergeht, ist verloren, er hinterläßt keine Spur.«
    »Die Suchaktion begann aber erst eine ganze Woche nach der Vermißtenmeldung.«
    »Was soll das heißen, Sir?« fragte der Beamte etwas steif.
    »In einer Woche kann man Trümmer wegräumen, das meine ich damit. Ein abgestürztes Flugzeug hinterläßt Trümmer, im Fluß, auf den Baumwipfeln, irgendwo. Aber man hat nichts gefunden, nicht ein Stückchen Blech.«
    »So ist es.«
    »Was beweisen könnte, daß irgendein unbekannter Papua-Stamm die Trümmer des Flugzeugs weggeräumt und den Wald gründlich von Spuren gesäubert hat.«
    »Möglich ist alles. Da muß ich Ihnen recht geben, Sir.«
    »Und es wäre sogar möglich, daß Professor Patrik überlebt hat.«
    »Vielleicht. Und dann hat man ihn und den Piloten Grant aufgefressen; die besten Teile Herz und Geschlechtsteile hat der Häuptling bekommen. Das ist so sicher, wie Sie mir gegenüberstehen. Wie will denn Miss Patrik in die Täler kommen?«
    »Mit dem Fallschirm.«
    »Sir, ist die Dame verrückt? Bevor sie landet, ist sie mit Giftpfeilen gespickt. Für die wilden Stämme ist das, was da vom Himmel schwebt, ein böser Geist, den man vernichten muß. Bitte, verstehen Sie mich: Ich kann unter diesen Umständen keine Expeditionserlaubnis ausstellen. Wir unterstützen doch keine Selbstmörder. Machen Sie das der Dame klar.«
    »Eine zwecklose Mühe. Miss Patrik birst geradezu vor Energie.« General Lambs nahm dankend den Whisky an, den ihm der Ministerialbeamte zuschob. »Ich mache Ihnen einen Vorschlag: Genehmigen Sie die Expedition, aber ich verhindere sie mit allen Mitteln. Einmal wird auch Leonora Patrik vor dem Berg von Schwierigkeiten kapitulieren, den ich vor ihr aufbaue. Es gibt da hundert Möglichkeiten, das Unternehmen zu vereiteln.«
    »Und wenn sie doch loszieht?«
    »Dann lassen wir sie bis Kopago kommen, aber dort ist dann Endstation. Wo kein Flugzeug ist, kann auch kein Flugzeug fliegen. So einfach ist das. Aber sie hat die Befriedigung, alles nur Mögliche versucht zu haben. Eine ehrenhafte Kapitulation ist wie ein halber Sieg.«
    Der Beamte starrte wieder auf die Landkarte. »Wenn Sie mir das garantieren, Sir«, sagte er gedehnt.
    »Eine Garantie? Nein.« Sir Anthony winkte ab. »Aber ich verspreche Ihnen, mich mit aller Kraft dafür einzusetzen, daß die Expedition nicht stattfindet. Des Anscheins wegen aber wäre eine Genehmigung von Nutzen, dann haben wir Miss Leonora unter Kontrolle. Wenn dann später alles schiefgeht, ist es nicht unsere Schuld.«
    »Also gut, schalten wir uns in den Irrsinn ein.« Der Ministerialbeamte seufzte tief. Es war fast ein klagender Laut. »Sie bekommen die Genehmigung. Aber wenn doch etwas passiert … Miss Patrik kann auf gar keinen Fall mit staatlicher Hilfe rechnen. Das werde ich in die Genehmigung hineinschreiben.«
    »Einverstanden.« Sir Anthony wartete geduldig, bis die Formulare ausgefüllt, unterschrieben und gestempelt waren.
    Der Beamte lächelte säuerlich, als er die Papiere dem General überreichte. »Das ist eine Ausnahme, die ich nur Ihnen zuliebe mache«, sagte er. »Eigentlich müßte die Dame selbst hier vorsprechen.«
    »Sie sind zum Dinner gerne eingeladen. Sagen wir, schon morgen abend?«
    »Angenommen.« Der Beamte zwinkerte Sir Anthony zu. »Ist sie hübsch?«
    »Sehr. Für einen alten Mann wie mich eine Augenweide und Anlaß zu Erinnerungen.«
    »Und so etwas schicken wir in die Hölle des Hochlandes? Sir Anthony, geben Sie mir die Erlaubnis zurück.«
    »Leonora wird nicht ins unbekannte Land gehen.

Weitere Kostenlose Bücher