Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Talk Talk

Talk Talk

Titel: Talk Talk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
Vom Netzwerk:
dem Tiefkühlschrank, den Duft der zerschnittenen Limone, die Süße des Preiselbeersafts und die Säure des frisch gepreßten Grapefruitsafts im Tonkrug. Er sah über die Salzmarsch auf die Bay. Das Licht war wie aus einem Gemälde: tausend Abstufungen, von den blassen arktischen Streifen am schmiedeeisernen Geländer der Terrasse über das satte tropische Gold, in das Natalia und die Chaiselongue getaucht waren, bis hin zu den fernen weißen Segeln der Boote, die gegen den Wind kreuzten.
    Zum Abendessen würde er mit Knoblauch und Frühlingszwiebeln geschmorte Jakobsmuscheln machen, dazu eine Sauce, die er vor Jahren beim Experimentieren im Restaurant gelernt hatte: Schalotten in Weißwein und einem Schuß Sherry schmoren, ein Stück Butter dazu, mit Sahne aufgießen und dann bei großer Hitze und unter Rühren auf ein Fünftel der ursprünglichen Menge reduzieren. Dazu würde es wohl Reis geben, gekocht in einer mit Sherry und einem Spritzer Sesamöl abgeschmeckten Brühe, und vielleicht einen Salat und ein paar sautierte Brokkolini. Nichts Kompliziertes. Er hätte auch etwas Aufwendigeres kochen können, denn alles war gut, und er hatte jede Menge Zeit, aber manchmal wollte man eben zurück zum Ursprünglichen und die Aromen für sich selbst sprechen lassen. Er hätte ohne weiteres noch ein paar Brötchen machen können oder ein kleines Dessert, aber was gab es Besseres als frische Himbeeren in halbfester Schlagsahne mit etwas Puderzucker und einem Schuß Brandy, um den Geschmack abzutönen? Das war das Leben, wie es sein sollte: kein Ärger, kein Streß, keine Sorgen, viel Zeit, um sich auf dem Bauernmarkt und im Weingeschäft umzusehen und an einem sonnigen Morgen mit der Dame seines Herzens Cappuccino zu trinken und Croissants zu essen, viel Zeit, um zu schneiden und zu würfeln und zu schmoren und ein gutes Essen für Natalias Freundin zu machen, für Kaylee und ihren Mann, wie hieß er noch mal? Jonas, ja, Jonas. Eigentlich kein schlechter Typ, für einen Verlierer. Sie hatten eine Kette von Fitneßstudios –Pilates und der ganze Mist –, und vermutlich ging es ihnen ganz gut, und das war ja auch in Ordnung. Wenigstens wußte der Typ gutes Essen und eine gute Flasche Wein zu würdigen – er würde seine Zeit in der Küche also nicht für ein paar Nullen verschwenden.
    Das Licht veränderte sich. Die Welt drehte sich weiter. Sein Blick ging zu Natalia, zu dem Sonnenlicht auf ihren Beinen, dem Schimmer ihrer Haut, der Geometrie der Perfektion, und kehrte dann zu dem zurück, was erledigt werden mußte: säuberlich zwei blaßgrüne Scheiben von der Limone schneiden, als Garnierung für ihre Drinks.
    Als die Türglocke läutete, war alles bereit – Madison war vom Klavierunterricht zurück, hatte gegessen und ihren Pyjama angezogen, die Videos waren ausgesucht, die Töpfe standen auf dem Herd, und die Muscheln waren gewaschen. Natalia stand von der Chaiselongue auf und ging in Bikini und Chiffonrobe, wie von einer leisen Brise getragen, durch die Terrassentür ins Haus. So bewegte sie sich immer – mit aller Ruhe: Hetz mich nicht, sieh mich nur an –, und er hörte die Begrüßung an der Haustür und trat, zwei frische Cocktails in den Händen, aus der Küche. Lucinda, die Tochter, rannte sofort in Madisons Zimmer, und Kaylee, eine knochige Blondine mit einer kleinen, getönten Brille, das krause Haar zu einem Knoten aufgesteckt, zog ihn in ihre Arme. »Stell dir vor«, sagte sie, »wir haben auf dem Weg hierher was Unglaubliches gesehen: einen großen weißen Vogel. Jonas sagt, es war ein Silberreiher, und er stand einfach auf dem gelben Mittelstreifen, als wäre die Straße ein Fluß oder so.«
    Peck reichte ihr einen Seabreeze, begrüßte ihren Mann und drückte ihm das andere Glas in die Hand. »Hallo«, sagte er, und der Mann – Stoppelfrisur, Ziegenbärtchen, ein bißchen pausbäckig – erwiderte den Gruß.
    »War das nicht ein Silberreiher, Jonas?« sagte Kaylee.
    »Ein weißer Vogel«, sagte Natalia, beugte sich vor und hielt die flache Hand etwa einen halben Meter über den Boden, wobei ihre gut sichtbaren Brüste sich im Bikinioberteil verschoben, »ungefähr so groß, ja? Die sehen wir die ganze Zeit«, erklärte sie und richtete sich auf. »Mit den Fernrohren. Normal, ja. Ganz normal hier.«
    »Echt?« Kaylee zog die Augenbrauen hoch und nippte an ihrem Cocktail. »Ist aber trotzdem irgendwie total schön«, murmelte sie. »Irgendwie magisch, verstehst du?«
    Ihr Mann wollte davon nichts

Weitere Kostenlose Bücher