Tallinn-Verschwörung
entkommen!« Torsten trat ein paar Schritte auf Hoikens zu, obwohl dieser auf seinen Kopf zielte. Zu seinem Ärger lief Graziella hinter ihm her.
»Bleib zurück, du Idiotin«, fuhr er sie an.
Graziella merkte erst jetzt, dass Mazzetti die Pistole auf sie gerichtet hatte. Erschrocken wollte sie zurückweichen, da traf sie Mazzettis Stimme wie ein Schlag. »Stopp! Du hast uns einigen Ärger gemacht, Mädchen, aber jetzt ist es vorbei. Du wirst deinem Großonkel in die Ewigkeit folgen. In Rom gibt es einige, die mir viel Geld dafür bezahlen werden, wenn ich dich aus dem Weg räume.«
»Seid vernünftig! Ihr kommt von hier nicht mehr weg«, rief Torsten beschwörend.
Hoikens lachte leise auf. »Das werden wir ja sehen. Ich habe gute Geiseln. Da drinnen tragen sechs Leute Schutzwesten, die in Wirklichkeit Bomben sind. Man kann sie ihnen auch nicht mehr ausziehen, denn dann explodieren sie sofort, und mit ihnen das ganze Schloss. Dasselbe passiert, wenn ich diesen Knopf hier drücke.«
»Wenn du das tust, gehst du mit hoch. Du bist noch zu nahe dran!«, warnte ihn Torsten.
»Wenn es sein muss, fliege ich mit in die Ewigkeit. Aber
wir können ja über alles reden. Renk, du wirst jetzt in das Schloss gehen und unsere Kanzlerin, den amerikanischen Vizepräsidenten und die übrigen, die eine Schutzweste tragen, herausholen. Dann besorgst du einen Hubschrauber, der groß genug ist für uns alle. Es soll uns zu einem Flughafen bringen, auf dem ein vollgetanktes Langstreckenflugzeug bereitzustehen hat. Es wird uns an einen Ort bringen, an dem mein Freund und ich sicher sind.«
Torsten spürte Hoikens’ Entschlossenheit, lieber mit einem Feuerzauber zur Hölle fahren als sich gefangen nehmen zu lassen, und knirschte mit den Zähnen. Im Augenblick hielt sein Erzfeind sämtliche Trümpfe in der Hand. Selbst wenn er jetzt schoss, würde Hoikens noch genug Zeit bleiben, auf den Knopf zu drücken.
Wütend ließ er die Waffe fallen und hob die Hände. »Wie es aussieht, hast du gewonnen, Hoikens. Erwarte aber nicht, dass ich dir gratuliere.«
»Schade, denn gerade darüber hätte ich mich gefreut.« Während Hoikens spöttisch auflachte, starrte Mazzetti Graziella an.
»Es ist mir gleich, was du sagst. Ich will die beiden tot sehen. Sie haben bei ihrer Flucht zwei meiner Kameraden ermordet! «
Hoikens überlegte kurz und nickte. »Ich glaube, du hast recht. Wir sollten die beiden gleich erledigen. Renk hat die Angewohnheit, immer dann Ärger zu machen, wenn man es am wenigsten brauchen kann. Den Hubschrauber und das Flugzeug kann uns auch jemand anders besorgen.« Mit diesen Worten hob er die Sphinx und richtete sie auf Torsten.
SIEBENUNDZWANZIG
A ls Torsten losgesprintet war, hatten die Wachtposten Petra und Graziella aufhalten wollen. Da hielt Petra dem nächststehenden Mann eine Plakette unter die Nase. Der starrte drauf und schluckte.
»Aus dem Weg«, befahl Petra und watschelte an ihm vorbei. Graziella folgte ihr, ohne dass jemand sie daran zu hindern versuchte.
»Was war das eben?«, fragte sie verwundert.
»Eine amerikanische Geheimdienstplakette oder, besser gesagt, eine selbstgefertigte Replik davon. Ich hätte nie gedacht, dass ich das Ding mal brauchen könnte, denn ich habe es mir nur gebastelt, weil mir das Symbol darauf gefallen hat. Als Torsten auf die Idee kam, hierher zu fliegen, habe ich mich daran erinnert und es eingesteckt.«
Graziella hörte nur den ersten Teil der Erklärung, denn sie sah Torsten laufen und rannte so schnell hinter ihm her, dass ihre Begleiterin nicht mehr Schritt halten konnte.
Als Petra jetzt herankeuchte, sah sie Graziella und Torsten im Schein der Schlossbeleuchtung vor zwei Männern in italienischen Uniformen stehen. Sie wurde langsamer, wischte sich den Schweiß aus den Augen und spähte nach vorne. Was sie sah, gefiel ihr gar nicht. Hoikens erkannte sie anhand seiner Fahndungsfotos. Er hielt eine Art Handy und eine Pistole in der Hand und konnte jeden Augenblick aufTorsten schießen. Petra hörte, wie er mit seinem Zünder prahlte und vernahm auch seine Forderungen. Als Mazzetti erklärte, dass er Graziella erschießen wolle, und Hoikens darauf einging, begriff Petra, dass sie handeln musste. So schnell wie wohl noch nie in ihrem Leben rannte sie weiter, schlug in der Deckung einiger Ziersträucher einen Bogen um die Gruppe und gelangte
in Hoikens’ Rücken. Als er die Pistole hob, war Petra kurz im Zweifel, ob sie den Attentäter am Schießen hindern oder versuchen
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