Tallinn-Verschwörung
protestierte Feiling. Ihm passte es überhaupt nicht, sich Kranz’ Sekretär auf Gedeih und Verderb ausliefern zu müssen, aber er wusste selbst, dass er keine Wahl hatte.
Hoikens’ Gedanken beschäftigten sich unterdessen mit anderen Dingen. »Und was ist mit Renk? Wenn der mitbekommt, dass wir uns zu den Spaghettifressern absetzen wollen, haben wir ihn auf der Pelle.«
»Lassen Sie Renk ruhig meine Sorge sein. Das Schwert des Herrn wird ihn treffen.«
»Und wie?«, fragt Hoikens ätzend.
»Ich werde aus Italien einen Profi kommen lassen. Der wird sich mit Sicherheit nicht so dämlich anstellen wie Ihr Pavian.«
Feiling hatte an der Herablassung des Kirchenmanns zu schlucken, Hoikens aber schöpfte neue Hoffnung. »Das Problem ist Renk. Die anderen Heinis vom MAD, Verfassungsschutz und so weiter lassen sich leicht an der Nase herumführen. Es muss allerdings schnell geschehen. Wenn der Mann Fakten in die Hand bekommt, könnten andere sie auswerten und uns auf die Spur kommen.«
»Ich kümmere mich darum.« Täuberich hatte seine Verbündeten eigentlich nur beruhigen wollen, rieb sich dann aber über die Stirn und sah Hoikens fragend an.
»Haben Sie noch genug Sprengstoff, um mir etwas abgeben zu können, mein Sohn? Wenn ja, werde ich diese Angelegenheit selbst in die Hand nehmen.«
NEUNZEHN
G raziella hatte herausgefunden, dass sich das Kloster San Isidoro in einem abgelegenen Tal irgendwo zwischen Bibbiena und Regello befand, und sich für einen Mietwagen entschieden. Um Noras Vorhaltungen zu entgehen, sagte sie ihr nichts von ihrem Vorhaben, sondern verließ die Villa nur mit ihrer Umhängetasche, in die sie außer den wichtigsten Unterlagen ein wenig Unterwäsche und ihre Zahnbürste gestopft hatte.
Mit dem Bus fuhr sie zum nächstgelegenen Autoverleih. In Gedanken versunken entging ihr der junge Mann in einem mit schreiend bunten Blumen bedruckten Hemd, der denselben Weg einschlug wie sie.
Während Graziella ihren Führerschein vorzeigte und ihre Kreditkarte zückte, um die Kaution zu bezahlen, hielt ihr die junge Dame hinter dem Tresen einen Vortrag über die Freikilometer, die sie verfahren durfte, und fragte auch nach ihrem Ziel.
»Irgendwo bei Arezzo«, wich Graziella einer genaueren Angabe aus. Während die Angestellte einige Daten in den Computer eintippte, drückte sich der junge Mann im Blumenhemd an Graziellas Seite.
»Buongiorno, Signorina. Was macht eine so hübsche Frau wie Sie so allein? Wollen wir nicht gemeinsam fahren? Ich muss nämlich auch nach Arezzo.«
Graziella musterte ihn durchdringend und schüttelte den Kopf. »Tut mir leid! Ich fahre lieber allein.« Ihr gefiel der Kerl nicht, der sie mit seinen Blicken förmlich auszuziehen schien, und sie war froh, als ihr die Angestellte der Leihwagenfirma die Kreditkarte zurückgab und den Autoschlüssel über den Tresen schob.
Kurz darauf saß sie in einem Kleinwagen und lenkte diesen über die Straßen Roms nach Norden zur A1. Zunächst hatte sie noch mit Staus zu kämpfen, dann aber lag die Autobahn so frei vor ihr, dass sie Gas geben konnte. Während sie mit einem gerade noch zulässigen Tempo dahinflitzte, gingen ihr die Verwicklungen durch den Kopf, in die sie geraten war. Kardinal Rocchigiani hätte klüger sein und seine Beobachtungen ihrem Großonkel mitteilen müssen. Jetzt war die Kröte Winter auf einen Platz gerückt, auf dem sie noch mehr Einfluss ausüben konnte. Außerdem hatte sie Angst um den alten Herrn, denn sie kannte ihn gut genug, um zu wissen, dass er Winter nach dem Erhalt ihrer Unterlagen empört zur Rede stellen würde. Sie konnte nur hoffen, dass er klug genug war, sich vorher der Unterstützung durch den Heiligen Vater zu versichern.
Ihre Gedanken eilten weit voraus, und sie überlegte, dass es wohl das Beste wäre, ihren Großonkel gleich mitzunehmen und ihn nach Castel Gandolfo zu bringen. Da raste plötzlich ein Auto mit unverantwortlichem Tempo heran und hing ihr fast auf der hinteren Stoßstange. Der Fahrer betätigte mehrfach die Lichthupe, dann zog er nach links und überholte. Graziella erkannte in ihm den Kerl im geblümten Hemd, der sie bei der Leihwagenfirma angemacht hatte. Er lenkte mit der linken Hand, während er mit der Rechten ein Handy hielt und eifrig hineinsprach. Dann beschleunigte er wieder und verschwand in der Ferne.
Graziella wünschte ihm eine Radarfalle auf den Hals, vergaß ihn dann aber rasch und hing erneut ihren Gedanken nach.
Die Strecke zog sich, und Graziella war
Weitere Kostenlose Bücher