Tallinn-Verschwörung
Petra sich von ihren Experimenten losreißen konnte. Doch als sie antwortete, klang sie sehr interessiert.
»Wenn es um die Kerle geht, die Andrea auf dem Gewissen haben, bin ich dabei. Wo wohnst du eigentlich?«
»Vorerst noch in Andreas Apartment in Neuperlach. Du kannst es nicht verfehlen. Es ist der große, schwarzgelbe Wohnblock am Karl-Marx-Ring. Haus Peschelanger neun. Du musst mit dem Aufzug ganz nach oben fahren.«
»Ist es weit von der U-Bahn?«, fragte Petra.
»Du kannst mit dem Bus fast bis vor die Haustür fahren, auch wenn deiner Taille ein kleiner Spaziergang nicht schaden würde.«
Petra fauchte ins Telefon. »Du, ich bin fei nicht zu dick!«
»Ich weiß, nur untergroß! Und jetzt beeil dich. Ich habe keine Lust, hier wie auf dem Präsentierteller zu sitzen.« Torsten legte auf und kehrte an den Computer zurück.
ZWEI
O bwohl Petra den Bus genommen hatte, lief ihr der Schweiß in Strömen über das Gesicht, als sie vor Torstens Tür stand.
Er starrte auf den riesigen Rucksack, den sie geschultert hatte, sowie auf die bauchige Umhängetasche und schüttelte den Kopf. »Du hast wohl deine halbe Werkstatt mitgebracht, was?«
»Nein, nur das Nötigste. Hast du einen Schluck Wasser für mich?«
»Eine ganze Flasche, wenn es sein muss. Komm erst einmal herein. Ich gebe dir gleich was zu trinken.«
Während Petra Rucksack und Tasche absetzte, trat Torsten an den Schrank und goss ein Glas Wasser ein. »Du kannst auch was anderes haben«, sagte er dabei.
»Erst mal Wasser und dann vielleicht ein Butterbrot, um die Kalorien zu ersetzen, die ich auf dem Weg hierher verbraucht habe. Du wohnst ja wirklich am Ende der Welt.«
Torsten lachte leise. »Sei froh, dass wir hier einen Aufzug haben. Was meinst du, wie du aussehen würdest, wenn du das ganze Zeug neun Stockwerke hättest hochschleppen müssen.«
»Nein danke! Dann wäre ich wieder umgekehrt. Aber jetzt erzähl, was los ist. Immerhin hast du auf dem Marienplatz eine wildwestreife Darbietung gegeben.«
»Woher weißt du das denn schon wieder?«, fragte Torsten verblüfft.
Petra feixte. »Ich habe den Polizeicomputer angezapft und einen Geheimbericht von einem gewissen Trieblinger gefunden. «
»Von meinem speziellen Freund?«, warf Torsten sarkastisch ein.
Petra begann zu kichern. »Er scheint dich wirklich nicht zu mögen. Da war von einem schießwütigen MAD-Leutnant und Ähnlichem die Rede. Allerdings scheint er es dir hoch anzurechnen, dass du diesen Kobner sauber erwischt hast.
Trieblinger ist offensichtlich überzeugt, dass der Kerl sonst noch mehr Muslime erschossen hätte.«
»Der Glatzkopf hatte es nur auf mich abgesehen. Hier, schau dir die Aufzeichnung der Überwachungskamera an.« Torsten rief die Aufnahmen auf, die er von Wagner erhalten hatte, und kommentierte sie für Petra.
Die nickte beeindruckt. »Sieht so aus, als wäre ein ganz großer Haifisch hinter dir her. Bist du dem absichtlich auf die Flossen gestiegen?«
»Bis jetzt habe ich geglaubt, Hoikens würde dahinterstecken. Aber ich habe keinen Anhaltspunkt dafür gefunden, warum Andrea ermordet wurde und wer mich in die Luft sprengen wollte.«
Petra betrachtete ihn mit einem amüsierten Lächeln. »Komm, lass das eine Fachfrau machen und sag mir bloß, was du wissen willst! Vorher machst du mir noch die versprochenen Butterbrote.«
»Darf es auch Salami sein?«, fragte Torsten, der die Wurst, die Claudi für Jürgen besorgt hatte, loswerden wollte.
»Nichts dagegen!« Petra war in Gedanken bereits beim Computer. Sie verfolgte die Schritte, für die Torsten mehrere Stunden gebraucht hatte, in einem Bruchteil der Zeit und hackte sich dabei in verschiedene Computersysteme ein, deren Besitzer sich durch Firewalls und Spionageabwehrprogramme ausreichend geschützt glaubten.
»Hier ist die Akte von Hoikens beim Verfassungsschutz«, meldete sie nach einer Weile zufrieden. Torsten reichte ihr das Brettchen mit den Broten und setzte sich neben sie. Während Petra genussvoll kaute, sah er sich die Seiten am Bildschirm an. Wie erwartet, glaubten die Verfassungsschützer, dass Hoikens sich mit Feiling nach Südamerika abgesetzt habe, und hatten bereits ihre Agenten vor Ort mit der Suche beauftragt.
»Die wissen auch nicht mehr als ich«, murmelte er enttäuscht.
»Kommt Zeit, kommt Rat!« Petra kaute demonstrativ, während ihre Finger nur so über die Tasten flogen. Als sie das nächste Mal zu Torsten aufsah, stand ein von Flammen umzüngeltes Hakenkreuz auf dem
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