Tallinn-Verschwörung
Bildschirm.
»Die interne Homepage der Nationalen Kameradschaft Feiling!« Sie schnurrte beinahe, denn so viele Sicherheitsschaltungen wie diesmal hatte sie noch nie überwunden.
Torsten beugte sich vor und klickte die Seite an, die mit Neuigkeiten überschrieben war. Den größten Teil nahm der Aufruf zum Marsch nach München ein, um die islamische Demonstration zu sprengen. Dann entdeckte er einen Eintrag, in dem Feiling seinen Kameraden für ihren Einsatz in München dankte und erklärte, er ginge für eine Weile ins Ausland, um mit den dortigen Gesinnungsfreunden an einem geschlossenen Vorgehen in der gemeinsamen Sache zu arbeiten.
»Das ist auch nichts Neues.« Torsten wollte schon abwinken, als Petra ihm spielerisch in die Rippen boxte.
»Schalte doch dein Hirn ein! Wenn Feiling seine Leute nicht vorsätzlich belügt, kann er sich nicht nach Übersee abgesetzt haben. Von dort aus kann er die Sache, wie er es nennt, nicht vorantreiben. Ich schätze, der Kerl treibt sich noch in Europa herum und versteckt sich bei irgendwelchen Kumpanen.«
Der Gedanke war Torsten auch schon gekommen. Die Frage war nur, in welchem Land. Torsten ging die übrigen Eintragungen auf der Webseite durch. Es gab viele Berichte über nationalistische Gruppierungen in anderen Ländern, doch eine ragte unter allen heraus.
»Italien! Das würde passen. Von Unterföhring aus kommt man nicht nur zum Flughafen, sondern ist genauso schnell
am Hauptbahnhof. Petra, kannst du mal nachsehen, welche Züge gestern von München Richtung Italien abgefahren sind?«
Petras Finger huschten über die Tasten, und als sie sich kurz darauf zu Torsten umsah, zwinkerte sie. »Du hast Glück, dass seit einem Jahr die Namen aller Bahnreisenden gespeichert werden. Wenn du mich fragst, müssten es die zwei hier sein. Zwar tragen sie andere Namen, aber es gibt kein weiteres Duo, das aus zwei erwachsenen Männern besteht und seine Karten gemeinsam online bestellt hat.«
»Rom also.« Torsten nickte unwillkürlich und plante bereits seine Fahrt nach Süden.
DREI
H ochwürden Matthias Täuberich war noch nie so nervös gewesen wie an diesem Tag. Zu jeder vollen Stunde schaltete er das Radio ein, um zu erfahren, ob seine Bombe hochgegangen war. Doch die Zeit verrann, ohne dass eine solche Meldung gesendet wurde. Zuletzt hielt er es nicht mehr aus, fuhr mit der U-Bahn nach Neuperlach und strich um den schwarzgelben Wohnblock herum. Von außen war nichts zu erkennen, dabei hätte der Sprengstoff Hoikens’ Aussagen zufolge ausreichen müssen, um alle Fensterscheiben im Umkreis von hundert Metern zerspringen zu lassen.
Um sich zu vergewissern, ob Renk noch lebte, ging Täuberich zur Haustür, suchte auf dem Klingelbrett den Namen der ermordeten Frau und läutete. Schon nach kurzer Zeit sprang die Gegensprechanlage an.
»Ja, wer ist da?«
Täuberich wich erschrocken zurück und wagte nicht einmal
zu atmen. Er hörte Renk noch einmal fragen und beeilte sich, sich aus dem Umkreis des Hauses zu entfernen. Ohne sich die Zeit zu nehmen, auf den Bus zu warten, hastete er zur U-Bahn-Station zurück und stieg in den ersten Zug ein. Der fuhr jedoch Richtung Endhaltestelle Neuperlach-Süd. Täuberich stieg dort aus und starrte etwas verloren auf das Häusergewirr, welches er von der hoch über der Straße gelegenen U-Bahn-Station erblicken konnte. Schließlich ging er die Treppe hinab und auf den Taxistand zu. Doch aus Angst, der Fahrer könnte sich an ihn erinnern, drehte er sich um, lief zu dem gegenüberliegenden Bahnsteig hoch und wartete auf die S-Bahn, die einige Minuten später kam. Mit ihr fuhr er bis Giesing, wechselte in die U-Bahn und kam eine halbe Stunde später in der Wohnung an, die er mit Monsignore Kranz teilte. Sein Vorgesetzter war noch nicht aus Rom zurückgekehrt, hatte aber auf den Anrufbeantworter gesprochen. Obwohl Kranz sich bemüht hatte, unverfänglich zu wirken, entnahm Täuberich seinen Worten, dass es auch in Italien Probleme gab.
Das war höchst unangenehm, denn ihre Pläne waren in einem Stadium, das kein Zurück mehr zuließ. Eigentlich hätte es keine Störungen mehr geben dürfen. Stattdessen schienen sich die Ärgernisse zu häufen. Darauf deutete auch eine E-Mail hin. Zwar hatte der Absender sich so knapp und unauffällig wie möglich ausgedrückt, doch Täuberich entnahm den dürren Worten, dass etwas im Busch war.
Angespannt verließ er die Wohnung wieder und suchte ein Internetcafé in der Nähe des Hauptbahnhofs auf. Dort setzte
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