talon008
unterdrückte den Wunsch, aufzuschreien.
„Nein!“, zischte N’kele wütend. Ungläubig ruckte sein Kopf hoch. Mit einer barschen Handbewegung unterbrach er die Unruhe, die unter den Männern um ihn herum ausbrach. „Sakrileg“, murmelte er. Seine Finger zuckten. Er wollte in den Kampf eingreifen und dem Fremden nicht die Ehre zukommen zu lassen, durch Shions Macht zu fallen.
In Kairo dröhnte das heftige Lachen eines Hünen durch die zerstörten Straßen. Der Mann, der mit nicht mehr bekleidet war als einer zerschlissenen blauen Jeans, reckte die rechte Faust in die Höhe und jubelte.
„Ja!“, schrie er mit rauer Stimme. „Fahr’ zu deiner Hölle, Schattenbrut!“
Die Verbindung, die er mit Talon aufrechterhielt, ließ vor seinem inneren Auge das Bild des Kampfes entstehen.
Der Bann zwischen ihnen war endgültig gebrochen. Keiner von ihnen wartete noch ab oder lauerte zurückhaltend, um eine Schwachstelle am Gegner zu entdecken. Ihr einziges Verlangen war die Niederlage des anderen. Der Rausch, den Kampf zu gewinnen.
Erneut sprang Shion vor. Der schwere Körper durchschnitt die Luft mit einer unerwarteten Leichtigkeit. Talon riss beide Hände hoch und packte den schwarzen Löwen an der Kehle. Die Wucht des Gewichts hätte ihn fast nach hinten geworfen. Doch er stemmte seine Beine in den Boden und fing den Sprung ab. Er verschwendete keinen Gedanken mehr an die Wunde, die ihm die Wächter bei der Flucht zugefügt hatten.
Seine Augen waren alleine auf die dunklen Krallen gerichtet, die in einem unwirklichen Licht aus sich heraus leuchteten.
Obwohl er den Körper mit ausgestreckten Armen versuchte auf Distanz zu halten, setzte der Löwe mit kräftigen Hieben nach. Wie in Zeitlupe sah er Shions Pranke durch seine Deckung hindurch stoßen. Talon spürte nur, wie etwas in seine Brust eindrang. Dann wurde er durch den Stoß zurückgeworfen. Die unruhigen Laute der Raubkatzen, die dem Schauspiel beiwohnten, verstummten.
Getroffen ging er zu Boden. Aus zusammengekniffenen Augen konnte Talon die blutrote Spur erkennen, die sich quer über seine rechte Brust zog. Jetzt auch drang der Schmerz heiß durch seinen Körper und betäubte seine Sinne für einen Augenblick. Er stützte die Hände auf den Boden und betrachtete den Löwen, der ein paar Meter von ihm entfernt stand.
Shion wartete ab, wohl wissend, dass sein Gegner durch die Wunde nicht ernsthaft angeschlagen war. Er ließ den Mann nicht aus dem Augen, der noch immer halb am Boden lag und sich nur auf einen Arm aufgestützt hatte. Seine Pranken gruben sich tief in den Untergrund. Leise brach die steinerne Struktur auf und zersplitterte mit jedem Schritt zu feinem Staub.
Das schattenhafte Tier wirkte etwas verwirrt. Es rechnete damit, dass sich sein Gegner wieder aufraffte. Dann jedoch zögerte es keinen Augenblick mehr. Aus seinem Rachen löste sich ein heiseres Brüllen. Mit mächtigen Sätzen überwand der Löwe die Distanz und sprang auf den Menschen zu.
Alice sah mit weitaufgerissenen Augen den massigen Körper, der auf Talon zuschnellte. Sie keuchte entsetzt auf. Ihre Hände hatten sich in die Mauer gekrallt. Sie bekam kaum mit, wie Janet neben ihr aufgesprungen war und den Blick genauso wenig von dem Bild lassen konnte, das sich ihnen bot.
Vor Talons Auge wuchs der dunkle Körper ins Unermessliche an. Bis zum letzten Augenblick wartete der Mann, um auf den Angriff zu reagieren. Er spannte seine Muskeln und rollte sich über den blutverschmierten Stein zur Seite. Knapp hinter ihm fing Shion seinen Sprung nur mit Mühe ab. Der heftige Aufprall ließ die Fasern seiner schattenhaften Struktur wabern und für einen Moment verwischen.
Sofort jedoch setzte er mit einer Pranke nach, die Talon allerdings weit verfehlte. Dieser blieb keuchend an der Stelle liegen, an der er zur Ruhe gekommen war. Es fiel ihm schwerer hochzukommen, als er es sich selbst eingestehen wollte. Jeder Muskel in seinem Körper schrie nach Ruhe und folgte seinen Befehlen nur schwerfällig. Immer wieder verschwamm das Bild vor seinen Augen. Schwarze Nebel tanzten an den Rändern seines Blickfelds.
Unwillig brüllte Shion auf, überrascht durch die Aktion seines Gegners. Sein massiger Kopf ruckte herum, abwartend nach unten gesenkt. Die tiefroten Augen leuchteten bösartig auf. Dieses Mal wartete er, bis sich Talon erhoben hatte.
Auf der Empore blickten die Wächter mit einer stoischen Ruhe hinab in die Arena. Sie hatten die Unruhe, die sie erfüllte, abgeschüttelt und
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