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Tamir Triad 01 - Der verwunschene Zwilling

Tamir Triad 01 - Der verwunschene Zwilling

Titel: Tamir Triad 01 - Der verwunschene Zwilling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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seine geduldige Lehrmeisterin, die Frau, die er liebte wie eine zweite Mutter.
    »Hast du etwas gesehen, als der Dämon anwesend war?«, fragte er.
    »Nein, aber ich habe ihn gespürt. Er erinnert sich in der Tat an mich, und er kennt keine Vergebung. Aber aus deinem Brief entnehme ich, dass du ihn gesehen hast, richtig?«
    »Nur einmal, da allerdings so deutlich, wie ich jetzt dich sehe. Am Tag, als ich eintraf, hat er auf mich dort unten gewartet, wo die Straße zwischen den Bäumen hervorführt. Er sah genau aus wie Tobin, ausgenommen die Augen.«
    »Damit irrst du dich.« Iya pflückte einen abgestorbenen Grashalm und drehte ihn zwischen den Fingern. »Er sieht nicht aus wie Tobin. Tobin sieht aus wie er, oder zumindest, wie der tote Junge ausgesehen hätte, wenn er weitergelebt hätte. Schließlich war das der Zweck von Lhels Zauber; das Mädchen sollte das Aussehen seines Bruders erhalten. Nur Illior weiß, wie Tobin in Wirklichkeit aussieht.« Sie verstummte kurz und klopfte sich mit dem trockenen Halm gegen das Kinn. »Ich frage mich, welchen Namen er nach der Verwandlung wählen wird.«
    Der Gedanke fühlte sich etwas verwirrend an, doch er erinnerte Arkoniel auch daran, weshalb er ursprünglich mit Iya hierher gekommen war.
    »Ich habe heute Lhel gesehen. Soweit ich das beurteilen kann, würde ich sagen, sie ist die ganze Zeit hier gewesen.«
    »Die Hexe ist hier? Beim Licht, warum haben Nari oder Rhius nichts gesagt?«
    »Sie wissen es nicht. Niemand weiß es. Ich habe keine Ahnung, wie. Aber Iya, anscheinend ist sie dem Kind hierher gefolgt und lebt irgendwo in der Nähe.«
    »Ich verstehe.« Iya ließ den Blick über den Wald wandern, der die Feste umgab. »Hat sie gesagt, weshalb?«
    Arkoniel zögerte, dann erklärte er langsam, was sich zwischen Lhel und ihm zugetragen hatte. Als er jedoch zu der Stelle kam, an der Lhel ihn überwältigt hatte, geriet er ins Stocken. Die Versuchung war so groß gewesen; allein daran zu denken, erweckte wieder jenes dunkle, erregende Schuldgefühl in ihm. Es war Lhel gewesen, die kurz vor der Vereinigung abgebrochen hatte, nicht er. »Sie – sie wollte, dass ich gegen die fleischliche Enthaltsamkeit verstoße, als Gegenleistung, um zu lernen, was sie vermitteln kann. Und als Bezahlung dafür, dass sie über Tobin wacht.«
    »Ich verstehe.« Arkoniel erhaschte einen weiteren Blick auf das Eisen in Iya. »Hast du den Eindruck, dass sie das Kind aufgeben wird, wenn du ihrer Forderung nicht nachkommst?«
    »Nein, sie muss irgendwie Wiedergutmachung gegenüber ihren Göttern leisten, weil sie den Dämon geschaffen hat. Ich glaube nicht, dass sie dagegen ankann. Ich denke, um sie zu vertreiben, müssten wir sie schon töten.«
    »Das sollten wir tunlichst lassen.« Gedankenverloren starrte Iya auf den Fluss. »Ich habe das noch nie jemandem erzählt«, sagte sie leise, »aber mein eigener Lehrmeister hat die Alte Magie studiert. Sie ist mächtiger, als du weißt.«
    »Aber sie ist verboten!«
    Iya schnaubte verächtlich. »Dasselbe gilt für das, was wir versuchen, mein lieber Junge. Und was glaubst du wohl, weshalb ich sie überhaupt aufgesucht habe? Vielleicht ist es das Schicksal der Zauberer unserer Linie, wenn nötig zu tun, was verboten ist. Vielleicht ist es das, was Illior für dich vorgesehen hat.«
    »Du meinst, ich sollte von ihr lernen?«
    »Ich glaube zwar, dass ich die Magie aufzuheben vermag, die sie bei Tobin gewirkt hat. Aber was, wenn ich mich irre? Was, wenn ich vorzeitig sterbe, so wie Agazhar bei mir? Ja, es könnte durchaus am Besten sein, dass du von ihr lernst, was getan werden muss, und zwar auf ihre Weise.«
    »Aber ihr Preis?« Arkoniel schnürte sich bei dem Gedanken die Brust zusammen. Dabei versuchte er, sich einzureden, es wäre reine Abscheu.
    Iya presste die Lippen zu einer schmalen, missbilligenden Linie zusammen. »Biete ihr etwas anderes an!«
    »Und was ist, wenn sie etwas anders ablehnt?«
    »Arkoniel, ich habe dich gelehrt, was mein Meister mir beigebracht hat, nämlich, dass die Enthaltsamkeit unsere Macht bewahrt. Ich befolge dies, seit ich mich der Zauberkunst verschrieben habe. Allerdings gibt es auch welche, die davon abweichen, und nicht alle schwächt die Erfahrung. Viele, aber nicht alle …«
    Arkoniel fühlte sich, als hätte sich die Erde unter seinen Füßen aufgetan. »Warum hast du mir das früher nie gesagt?«
    »Warum hätte ich das tun sollen? Als Kind brauchtest du es nicht zu wissen. Und als junger Mann in der Blüte

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