Tamir Triad 01 - Der verwunschene Zwilling
und Silber. Im Vergleich dazu fühlte sich Tobin farblos wie ein Kuhstärling. Sogar die Knappen waren besser gekleidet als er.
Erinnere dich, wessen Sohn du bist, dachte er und straffte die Schultern.
»Heute werdet Ihr ein richtiger Königlicher Gefährte«, meinte Porion zu ihm. »Über Ehre muss ich Euch nicht belehren; ich weiß, wessen Sohn Ihr seid. Ich trage Euch lediglich auf, sie um die Regel der Gefährten zu ergänzen: Zusammenhalt. Wir halten für den Königlichen Prinzen zusammen, und mit ihm halten wir für den König und Skala zusammen. Wir streiten nicht untereinander. Wenn es Meinungsverschiedenheiten mit einem Eurer Gefährten gibt, tragt Ihr sie im Kreis aus.« Er deutete auf den Steinsaum des Schwertkampfrings. »Worten wird mit Worten begegnet, und ich urteile darüber. Hiebe werden nur dort drinnen ausgetauscht. Einen anderen Gefährten zu schlagen, ist ein schweres Vergehen, das mit Auspeitschung auf den Tempelstufen bestraft wird. Ein Gefährte, der gegen die Regeln verstößt, wird von Korin bestraft, ein Knappe von seinem eigenen Herrn. Richtig, Arius?«
Einer der Knappen, die über Tobins Wams gegrinst hatten, nickte verlegen.
»Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass es in der Hinsicht ein Problem mit euch beiden geben wird. Kommt und zeigt uns, wie ihr schießt.«
Als Tobin in den Schießstand trat, fühlte er sich ein wenig selbstsicherer. Schließlich wurden hier dieselben Ziele verwendet, mit denen er zu Hause geübt hatte: Scheiben und Stöcke sowie strohgefüllte Säcke für gerade Schüsse und Fähnchen für Weitschüsse. Tobin überprüfte die Sehne seines Bogens und den Wind, wie es ihm beigebracht worden war, dann stellte er sich breitbeinig hin und legte einen von Konis erlesenen neuen Pfeilen an. Als Federn hatte er die einer gestreiften Eule verwendet, die er eines Tages im Wald gefunden hatte.
Ein Windstoß über das Feld verwehte seinen ersten Schaft, aber die nächsten vier fanden ihr Ziel auf der Scheibe, alle nah des Mittelrings. Fünf weitere schoss er auf den Sack ab, dann gelang es ihm, drei der fünf in den Boden gerammten Stöcke zu treffen. Er hatte schon besser geschossen, aber als er fertig war, jubelten ihm die anderen zu und klopften ihm auf die Schultern.
Danach nahm Ki seinen Platz ein und bewährte sich genauso gut.
Als Nächstes begaben sie sich zum Schwertkampfring, wo Tobin als Gegner der plumpe, rotblonde Nikides zugewiesen wurde, der Enkel des Großkanzlers. Er war älter als Lutha, kam Tobin jedoch von der Größe her näher. Sein Stahlhelm war poliert wie Silber und besaß entlang des Saums und des Nasenschutzes feine Bronzeverzierungen, doch seine Haltung wirkte etwas unsicher. Tobin klopfte sich auf den schlichten Helm, den er trug, und trat in den Kreis, um sich ihm zu stellen. Als sie einander mit den hölzernen Übungsklingen grüßten, fiel Tobin sein erster Kampf mit Ki ein. Diesmal würde ihn ein neuer Gegner nicht überraschen.
Porion trug ihnen keine langsamen Bewegungsabläufe oder Figuren auf, sondern hob lediglich das eigene Schwert an und ließ es mit dem Ruf sinken: »Los geht’s, Jungs!«
Tobin vollführte einen Ausfallschritt und überwand Nikides’ Deckung überraschend einfach. Er erwartete einen raschen Gegenschlag, aber Nikides erwies sich als zu schwerfällig und langsam. Binnen weniger Minuten hatte Tobin ihn zum Rand des Kreises gedrängt, ihm das Schwert aus der Hand geschlagen und ihm einen Todesstoß in den Bauch zugefügt.
»Gut gekämpft, Prinz Tobin«, murmelte der Junge und reichte ihm die Hand. Wieder fiel Tobin auf, wie weich sich seine Handfläche im Vergleich zu jenen der Krieger anfühlte, unter denen er aufgewachsen war.
»Wollen wir dich mal mit jemandem auf die Probe stellen, der etwas zäher ist«, meinte Porion und rief Quirion in den Ring. Er war vierzehn, eine Hand größer als Nikides und zierlicher gebaut. Außerdem war er Linkshänder, aber Tharin hatte Tobin zu Hause mit Manies und Aladar üben lassen, weshalb ihn dieser Umstand nicht verunsicherte. Er verlagerte lediglich das Gewicht, um den Unterschied auszugleichen, und hielt Quirions Eröffnungsangriff mühelos stand. Der Junge erwies sich als besserer Kämpfer als Nikides und erzielte einen Treffer an Tobins Oberschenkel, der zweifellos einen blauen Fleck hinterlassen würde. Tobin erholte sich rasch davon und brachte seine Klinge unter jene Quirions, drückte sie nach oben und weidete ihn aus. Ki stimmte außerhalb des Kreises
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