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Tamir Triad 01 - Der verwunschene Zwilling

Tamir Triad 01 - Der verwunschene Zwilling

Titel: Tamir Triad 01 - Der verwunschene Zwilling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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waren voll geschnitten, sodass sich die Ärmel des roten Unterrocks zeigten. Nachdem er dazu in Schuhe aus weichem, roten Leder geschlüpft war und die ersten Juwelen anlegte, die er je getragen hatte, fühlte er sich kaum noch wie er selbst. Was Ki anging, der erinnerte an einen schneidigen Fuchs in Rotbraun und Grün. Als sie gemeinsam vor dem polierten Bronzespiegel standen, brachen sie beide in Gelächter aus.
    Molay bot ihnen jeweils ein neues Schwert an, aber sie behielten die schlichten, nützlichen Klingen, die Tobins Vater ihnen geschenkt hatte, und nahmen keine anderen an.
     
    Molay war hocherfreut über ihre Aufmachung und beaufsichtigte das Stutzen ihrer Haare und Nägel so gewissenhaft wie früher Nari. Als er zufrieden war, schickte er den jungen Pagen im Laufschritt los, um ihre Begleitgarde zu holen. Zu Tobins beträchtlicher Enttäuschung stellte sich heraus, dass es sich dabei nicht um Tharin handelte, sondern um Fürst Orun. Dieser präsentierte sich in schimmernden, nektarvogelgelben Seidengewändern mit einer schwarzen und goldenen Amtskapuze über den Schultern prunkvoller denn je zuvor. Ein juwelenbesetztes Dreieck aus schwerem, schwarzen Samt bedeckte seinen kahlen Schädel.
    An der Tür hielt er inne und zog anerkennend eine Augenbraue hoch. »Tja, nun seht Ihr wirklich wie ein junger Prinz aus, Hoheit. Ah, und wie ich sehe, habt Ihr meine kleine Aufmerksamkeit erhalten. Ich hoffe, sie gefällt Euch?«
    »Danke, Herr. Das war äußerst großzügig von Euch«, erwiderte Tobin und streckte die Hand aus, um ihm den Ring zu zeigen. Nach dem Zwischenfall mit Moriel in der vergangenen Nacht und angesichts Korins Worten war er froh, seinen Vormund an diesem Tag ein wenig besänftigen zu können.
    Der Audienzsaal befand sich im Neuen Palast und somit weit genug entfernt, um dorthin zu reiten. Sie fanden ihre Pferde gesattelt und bereit vor, als sie aus dem Palasttor traten. Ki machte einen regelrechten Staatsakt daraus, die Sättel zu überprüfen, bevor Tobin aufstieg, dann ritt er zu Tobins Linker, wie Tharin es ihm beigebracht hatte.
    Neben dem Neuen Palast nahm sich der Alte sowohl an Größe als auch an Prunk zwergenhaft aus. Viele der säulengesäumten Höfe besaßen plätschernde Springbrunnen, deren Musik durch die angrenzenden Gänge hallte. Fenster mit Buntglasscheiben warfen schillernde Muster auf Marmorböden, und Schreine so hoch wie der Turm der Feste erfüllten den Palast mit ihrem Weihrauchduft.
    Der Audienzsaal entsprach der übrigen Umgebung. Die gewölbte Decke aus weißem Stein wurde von mit verschlungenen Drachen bemeißelten Säulenreihen gestützt.
    Menschen in Gewändern aller Art, von Lumpen bis zu Prunkroben, füllten den riesigen Raum. Tobin sah Aurënfaie in weißen Kitteln mit Juwelen und Sen’gais jeder Farbe und andere Leute aus fremden Landen, die er nicht erkannte – einige trugen blaue Kittel, die sich wie Zelte um sie bauschten, andere bunt gestreifte Gewänder, und sie besaßen Haut der Farbe dunklen Tees mit lockigem, schwarzem Haar, das jenem Lhels ähnelte.
    Manche standen in engen Gruppen beisammen und unterhielten sich mit gedämpften, tuschelnden Stimmen. Andere saßen gemächlich auf Sofas oder den Rändern der großen Springbrunnen und spielten mit ihren Falken, Bluthunden und gefleckten Katzen, die sie an Ketten führten.
    Am fernen Ende des Saals stand ein wunderschöner goldener Thron auf einem breiten Podium, doch niemand saß darauf. Ein Umhang mit dem Halbmond des Königs war über die Lehne geschlungen, eine Krone lag auf dem Sitz.
    Zwei Männer saßen auf niedrigen Stühlen davor. Der ältere der beiden lauschte nacheinander jedem Bittsteller, wie es einst Tobins Vater in der Halle der Feste getan hatte. Er besaß einen kurzen weißen Bart und trug mehrere schwere Goldketten und Siegel um den Hals, dazu lange, schwarze Roben und einen Hut gleich einem roten Samtpfannkuchen auf dem Kopf.
    »Das ist Großkanzler Hylus, der Regent des Königs«, erklärte ihm Orun, als sie sich näherten. »Er ist ein entfernter Verwandter von Euch.«
    »Und der andere?«, fragte Tobin, wenngleich er es bereits ahnte.
    Der andere Mann war deutlich jünger. Er hatte jaspisfarbene Augen und einen gegabelten Bart, der im Sonnenlicht kupferrot schimmerte. Doch was Tobin ins Auge stach, waren seine Gewänder. Sie waren weiß wie gleißender Schnee. Über die Schultern und Säume wallten Muster, gestickt aus glitzerndem Silberfaden. Dies war einer der Spürhunde, vor

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