Tamir Triad 01 - Der verwunschene Zwilling
zurück und betrachtete das Geburtsmal, da er sich fragte, ob Niryn etwas damit getan hatte, doch es sah unverändert aus.
»Ich finde, das ging ganz gut«, meinte Orun, als er sie zurück zu ihrem Zimmer begleitete. »Allerdings tätet Ihr gut daran, höflich zu Niryn zu sein. Er ist sehr mächtig.«
Wütend fragte sich Tobin, ob es unter den mächtigen Männern in Ero auch welche gab, die nicht unangenehm waren. Orun verließ sie mit dem Versprechen, in ein paar Tagen mit Tobin zu speisen, dann ging er seiner Wege.
Ki schnitt hinter Oruns Rücken eine Grimasse, dann wandte er sich besorgt Tobin zu. »Hat dich der Zauberer verletzt?«
»Nein. Ich mag es nur nicht, so angetatscht zu werden.«
Molay hatte ihnen zwei feine Lederwämser zurechtgelegt, die jenen ähnelten, die Korin und Caliel getragen hatten, doch für Tobins Geschmack fühlten sie sich viel zu steif an.
Er schickte Ki los, um stattdessen das abgetragene Leder zu suchen, das sie von zu Hause mitgebracht hatten. Molay zeigte sich unverkennbar bestürzt über den Gedanken, dass Tobin eine solch schlichte Aufmachung tragen wollte, aber Tobin schenkte ihm keine Beachtung und freute sich darüber, wieder seine behaglichen alten Sachen anzuziehen. Danach ergriffen sie ihre Schwerter, Helme und Bogen und folgten dem wartenden Pagen zum Haupteingang.
Er war so glücklich darüber, endlich etwas Kriegerhaftes zu tun, dass er die seltsamen Blicke nicht bemerkte, die sie auf sich zogen, bis Ki ihn am Ärmel zupfte und mit dem Kinn auf zwei Adelige in Roben deutete, die sie missbilligend anstarrten.
»Ich sollte deine Ausrüstung tragen«, murmelte Ki. »Die müssen denken, wir sind zwei Landsoldaten, die von den Straßen hereingewandert sind!«
Der Page hörte ihn. Er straffte die Schultern und schrie mit schallender Stimme: »Macht Platz für Seine Hoheit, Prinz Tobin von Ero!«
Die Worte wirkten wie Zauberei. All die murmelnden, funkelnden Adeligen stoben auseinander und verneigten sich vor Tobin und Ki, als sie in ihren staubigen Schuhen und abgewetzten Ledergewändern an ihnen vorbeiliefen. Tobin versuchte, Fürst Oruns hochmütiges Nicken nachzuahmen, aber Kis unterdrücktes Prusten hinter ihm verdarb die Wirkung vermutlich.
Am Palasteingang trat der Page beiseite und verbeugte sich tief, jedoch nicht rasch genug, um sein Grinsen zu verbergen.
»Wie lautet dein Name?«, wollte Tobin wissen.
»Baldus, mein Prinz.«
»Gut gemacht, Baldus.«
Die Gefährten übten auf einem breiten Streifen offenen Geländes in der Nähe der Mitte des Palatinkreises. Es gab Reitgründe, Schwertkampfringe, Bogenschießstände, Stallungen und einen hohen, den Vieren gewidmeten Steintempel, zu dem die Jungen jeden Morgen liefen, um Sakor ein Opfer darzubringen.
Die Gefährten und ihre Knappen schossen gerade auf den Bogenschießständen, als Tobin und Ki eintrafen. Selbst aus der Ferne konnte Tobin sehen, dass sie alle feine Kleider wie jene Korins trugen. Rings um das Feld standen Dutzende andere Leute. Tobin erkannte einige der Gäste von dem Bankett der vergangenen Nacht, wenngleich er sich nur an wenige Namen erinnern konnte. Auch viele der Mädchen waren da, in bunten Kleidern und leichten Seidenumhängen, die in der morgendlichen Brise wie Schmetterlingsflügel flatterten. Einige ritten auf ihren Zeltern durch die Umgebung. Andere schossen auf Ziele oder ließen ihre Falken fliegen. Kis Augen folgten ihnen, und Tobin vermutete, dass er nach dieser Aliya mit den rotbraunen Haaren Ausschau hielt.
Meister Porion schien nicht zu stören, wie sie gekleidet waren.
»So wie euer Leder aussieht, habt ihr wohl mit Bären und Wildkatzen geübt«, meinte er nur. »Die anderen sind gerade beim Schießen. Ihr könnt auch gleich dort beginnen.«
Korin mochte der Herr der Tafel sein, hier jedoch verkörperte Porion den Meister. Als er sich den Schießständen näherte, drehten sich alle achtzehn Jungen um und grüßten ihn respektvoll, indem sie die Fäuste an die Herzen hoben. Ein paar hoben die Hände anschließend weiter an, um ein Grinsen beim Anblick von Tobins und Kis Ledergewändern zu verbergen. Jemand in der Menge, die den Gefährten zusah, lachte laut auf, und Tobin vermeinte, flüchtig Moriels blassen Kopf zu erkennen.
Die Übungswämser der Gefährten erwiesen sich als ebenso reich verziert wie ihre Bankettgewänder, aufwendig mit erhabenen Mustern und Farben gearbeitet, die Jagd- oder Schlachtszenen darstellten. Auf Scheiden und Köchern funkelte Gold
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