Tamir Triad 01 - Der verwunschene Zwilling
ungefähr in Tobins Alter und musterte ihn mit dunklen, ernsten Augen. Er konnte sich nicht erinnern, sie schon einmal gesehen zu haben. Als sie seinen Blick bemerkte, verschwand sie in der Menge.
»Bei der Flamme!«, rief Korin aus. »Es war wahrhaftig kein Scherz, als ihr gemeint habt, dass ihr dort oben in den Bergen nichts anderes tut als zu kämpfen!«
Nicht einmal der stolze Alben konnte sich angesichts der offensichtlichen Anerkennung Korins herablassend über sie äußern. Den beiden wurde gestattet, sich auszuruhen, doch den Rest des Nachmittags drängten sich die jüngeren Gefährten und die Knappen darum, gegen sie antreten zu dürfen.
Nicht jedoch Prinz Korin, wie Tobin auffiel. Korin kämpfte nur gegen Caliel und Porion, und zumeist besiegte er beide. Tobin war froh, nicht gegen ihn in den Ring steigen zu müssen. Alben war schwierig genug zu besiegen gewesen. Allerdings hatte er von allen bereits Lutha zu seinem Hauptherausforderer auserkoren. Er war so gewandt wie Alben, allerdings mochte ihn Tobin erheblich mehr.
K APITEL 41
Ki war froh, dass es an ihrem zweiten Abend in Ero kein großes Festmahl gab. Stattdessen begann er mit seinen regelmäßigen Pflichten am Tisch im Speisesaal der Gefährten. Diese Mahlzeit, die in einer kleineren Halle eingenommen wurde, verlief wie am Tisch jedes Adeligen. Ein paar Musikanten sorgten für Unterhaltung, und Boten des Königs verlasen Depeschen und Beschreibungen der jüngsten Gefechte.
Jeder Knappe hatte eine ihm zugewiesene Rolle. Tanil diente bei jedem Gang als Fleischaufschneider, und Caliels Knappe Mylirin mit seinen vier Messern für die verschiedenen Brote als Bestreicher. Dies waren die Dienste höchsten Ranges.
Garol hatte die Alchemistenaufgabe des Mundschenks, der die Weine und Gewürze mit Wasser mischte. Was ein gefährliches Unterfangen sein konnte; der Mundschenk musste stets mit › dem eigenen Munde ‹ die Güte des Weines erproben und war daher für gewöhnlich der Erste, der vergiftet wurde, wenn jemand beabsichtigte, den Gastgeber zu töten. Laut dem Knappen Ruan bestand eine höhere Wahrscheinlichkeit, dass Garol den Rest von ihnen umbrachte, indem er den Wein zu stark mischte.
Orneus’ Knappe, ein stiller, eleganter Junge mit Spitznamen Luchs, diente als Kelcher, der dafür zu sorgen hatte, dass die Kelche während jedes Ganges immer mit den entsprechenden Weinen gefüllt waren. Ruan verdingte sich als Almosener mit der Verantwortung, Essensreste einzusammeln und zu den Bettlern vor den Palatintoren zu bringen. Ki und der Rest wurden als Saaldiener losgeschickt, um das Essen aus der Küche hereinzutragen, wobei Zusthras Knappe Chylnir die Rolle ihres Hauptmanns innehatte. Bedauerlicherweise war Ki somit der Gnade seines ihm am wenigsten geneigten Waffengefährten ausgeliefert.
Selbst mit Unterstützung des freundlichen Knappen Barieus hinkte Ki andauernd einen Schritt hinterher oder vergaß etwas. Die anderen Saaldiener, Mago und Arius, waren zu beschäftigt damit, ihre langen Nasen entlangzublicken, um ihm zu helfen. Chylnir zeigte mit keinem von ihnen viel Geduld.
Es kränkte Kis Stolz, für Tobin eine solch erbärmliche Vorstellung vor den anderen zu bieten. An jenem ersten Abend gelang ihm das Kunststück, zwei Soßenschüsseln umzuschütten, und um ein Haar hätte er Korin einen dampfenden Schwanenhalspudding auf den Kopf gekippt, als Mago gegen seinen Ellbogen stieß. Er beendete den Abend mit Fett und Pflaumenmus bespritzt, danach musste er noch das Kichern und Grinsen der anderen während der Unterhaltungsvorstellungen am Kamin erdulden. Korin ging mit einem Scherz darüber hinweg, und Tobin maß der Angelegenheit sichtlich keine Bedeutung bei und fühlte sich eindeutig nicht im Geringsten entehrt. Ki saß außerhalb des Kreises des Feuerscheins und fühlte sich niedergeschlagen und fehl am Platz.
Tobin ahnte, dass etwas an Ki nagte, doch er konnte sich nicht erklären, was es sein mochte. Am Tisch war Tobin stolz auf ihn gewesen, hatte sogar ein Lob von Prinz Korin für ihn erhalten.
Kis Laune schien sich auch nicht zu bessern, als Porion und die älteren Jungen begannen, am Kamin weitere Geschichten über Palastgespenster zu erzählen und ausführlich schilderten, wo man die verschiedenen Erscheinungen am wahrscheinlichsten antraf. In jedem Winkel gab es weinende Maiden und kopflose Liebende, wenn man all den Mären Glauben schenken wollte. Den furchterregendsten Geist aber verkörperte jener der wahnsinnigen
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