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Tamir Triad 01 - Der verwunschene Zwilling

Tamir Triad 01 - Der verwunschene Zwilling

Titel: Tamir Triad 01 - Der verwunschene Zwilling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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Funkeln des goldenen Helms ihres Bruders am Rand der Weide erblickte und sich ausmalte, weshalb er gekommen war …
    Er stolperte am Flussufer entlang und folgte der Mauer der Feste um eine letzte Ecke. Dann hielt er jäh inne und stieß einen gequälten Schrei aus, als er nackte, weiße Beine in unnatürlichem Winkel zwischen zwei Felsbrocken am Rand des Flusses gespreizt erblickte. Rhius raste zu seiner Gemahlin und zerrte an ihren Röcken, die ihr im Fallen den Kopf verhüllt hatten. Er schaute zum hoch über sie aufragenden Turm auf. Auf dieser Seite gab es nur ein einziges, rechteckiges Fenster unmittelbar über der Stelle, an der er sich befand. Die Läden standen offen.
    Ein Stein hatte ihr das Rückgrat gebrochen, und ihr Kopf war auf dem Eis aufgeschlagen und aufgeplatzt. Schwarzes Haar und rotes Blut breiteten sich gleich einem schauerlichen Kranz um ihr Gesicht aus. Ihre wunderschönen Augen standen offen und starrten ihn blicklos mit einem qualvollen, entrüsteten Ausdruck an; selbst im Tod klagte sie ihn noch an.
    Rhius schrak vor dem Blick zurück und taumelte rücklings in die Arme des Königs.
    »Bei der Flamme«, stieß Erius hervor und starrte auf sie hinab. »Meine arme Schwester, was hast du getan?«
    Rhius presste die Fäuste gegen die Schläfen und kämpfte gegen den Drang an, damit auszuholen und dem Mann ins Gesicht zu schlagen.
    »Mein König«, brachte er hervor und sank neben ihr zu Boden, »deine Schwester ist tot.«
     
    Tobin erinnerte sich daran, gefallen zu sein. Als er allmählich das Bewusstsein wiedererlangte, nahm er einen harten Boden unter sich war und drückte sich unwillkürlich mit dem Bauch dagegen, zu verängstigt, um sich zu bewegen. Irgendwo in der Nähe sprachen widerhallende Stimmen durcheinander, doch er verstand die Worte nicht. Er wusste nicht, wo er lag oder wie er dorthin geraten war.
    Als er schließlich die schweren Lider aufschlug, erkannte er, dass er sich im Turmzimmer befand. Totenstille herrschte.
    Der Dämon war bei ihm. Tobin hatte ihn noch nie so stark gespürt. Allerdings fühlte sich etwas an ihm anders an, wenngleich er nicht zu sagen vermochte, was.
    Tobin fühlte sich ganz seltsam, als durchlebte er einen Traum, aber die Schmerzen in seinem Kinn und Mund verrieten ihm, dass dem nicht so war. Als er versuchte, sich zu erinnern, wie er hierher gelangt war, zerfranste sein Verstand und wurde laut, als wäre sein Kopf voller Bienen.
    Seine Wange, die er gegen den Steinboden presste, schmerzte. Er drehte den Kopf in die andere Richtung und blickte in das leere Gesicht der Puppe seiner Mutter, die nur wenige Fingerbreit von seiner ausgestreckten Hand entfernt lag.
    Wo konnte seine Mutter sein? Sie ließ die Puppe nie zurück, niemals.
    Vater wird sie mich nicht behalten lassen , dachte er. Aber plötzlich wünschte er sie sich mehr als alles andere auf der Welt. Sie war hässlich, und er hatte sie sein ganzes Leben lang verabscheut, dennoch streckte er sich danach und dachte an die innigen Worte seiner Mutter: Das hier ist die beste, die ich je gemacht habe. Es war fast so, als hätte sie es gerade laut ausgesprochen.
    Wo ist sie?
    Das Summen in seinem Kopf wurde lauter, als er sich aufsetzte und die Puppe umarmte. Sie war klein, rau und klobig, trotzdem fest und tröstlich. Benommen sah sich Tobin um und stellte überrascht fest, dass er selbst neben einem zerbrochenen Tisch am gegenüberliegenden Ende der Kammer kauerte. Doch jener Tobin war nackt, dreckig und wütend, und Tränen verschmierten sein Gesicht. Dieses andere Ich hatte keine Puppe und bedeckte immer noch mit beiden Händen die Ohren, um etwas auszusperren, an das sie sich beide nicht erinnern wollten.
     
    Nari schrie einmal auf, dann schlug sie sich die Hand auf den Mund, als der Herzog mit Arianis verheertem Körper in den Armen in die Halle wankte. Nari erkannte auf einen Blick, dass sie tot war. Blut rann aus den Ohren und dem Mund der Frau, und ihre offenen Augen wirkten stumpf wie Steine.
    Tharin und der König folgten dicht hinter dem Herzog. Erius streckte immer wieder die Hand aus, um das Gesicht seiner Schwester zu berühren, aber Rhius wollte es nicht zulassen. Er schaffte es bis zum Kamin, ehe seine Knie unter ihm einknickten. Er sank zu Boden, drückte sie fester an sich und vergrub das Gesicht in ihrem schwarzen Haar.
    Wahrscheinlich ist dies das erste Mal seit Tobins Geburt, dass er sie umarmen konnte, dachte Nari.
    Erius ließ sich schwerfällig auf eine der Kaminbänke

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