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Tamir Triad 01 - Der verwunschene Zwilling

Tamir Triad 01 - Der verwunschene Zwilling

Titel: Tamir Triad 01 - Der verwunschene Zwilling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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zu sehr gegen die Kälte vermummt, um ihn auf die Entfernung zu erkennen. »Darf ich schauen gehen, wer es ist?«
    »Aber ja. Warum siehst du bei der Gelegenheit nicht auch gleich nach, ob Köchin etwas Gutes für uns in der Speisekammer hat? Ich könnte einen Apfel vertragen. Aber beeil dich. Wir sind für heute noch nicht fertig.«
    »Mach ich!«, rief Tobin und preschte los.
    In der Halle befand sich niemand, also ging er durch die Küche und stellte zu seinem Verzücken fest, dass es sich um Tharin handelte, der gerade von Nari und den anderen begrüßt wurde. Sein Bart war über den Winter lang gewachsen. Schlamm und Schnee hatten seine Stiefel verdreckt, und um ein Handgelenk trug er einen Verband.
    »Ist der Krieg vorbei? Kommt Vater nach Hause?«, rief Tobin aus und warf sich in die Arme des Hauptmanns.
    Tharin hob ihn hoch, bis ihre Nasen einander fast berührten. »Ja zu beidem, kleiner Prinz, und er bringt Gäste mit. Sie folgen ein kurzes Stück hinter mir.« Er stellte Tobin wieder auf die Füße. Zwar versuchte er zu lächeln, doch als Tharin zu Nari und dem Verwalter blickte, las Tobin in den Furchen um seine Augen etwas anderes. »Sie werden bald hier sein. Lauf los und spiel, Tobin. Köchin kann dich jetzt hier nicht gebrauchen. Es gibt viel zu tun.«
    »Aber …«
    »Kein aber«, ergriff Nari scharf das Wort. »Tharin nimmt dich später zu einem Ausritt mit. Und jetzt hinfort mit dir!«
    Tobin war nicht daran gewöhnt, auf solche Weise entlassen zu werden. Mürrisch schlurfte er zurück zur Halle. Tharin hatte nicht einmal verraten, wen Vater mitbrachte. Tobin hoffte, Fürst Nyanis oder Herzog Archis. Von all den Lehnsmännern seines Vaters mochte er sie am meisten.
    Er befand sich auf halbem Wege durch die Halle, als ihm einfiel, dass seine Mutter ihn um einen Apfel gebeten hatte. Die anderen konnten ihn wohl kaum schelten, wenn er dafür noch einmal zurückging.
    Die Küchentür stand offen, und als er sich ihr näherte, hörte er, wie Nari sagte: »Wieso kommt der König nach all den Jahren hierher?«
    »Zur Jagd, behauptet er zumindest«, erwiderte Tharin. »Unlängst auf der Heimreise, als Ero schon fast in Sicht war, erwähnte Rhius beiläufig, was für prächtige Hirsche es hier zu jagen gibt. Der König hat das als Einladung aufgefasst. In letzter Zeit packen ihn öfter solch eigenartige Launen …«
    Der König! Tobin vergaß den Apfel, als er zurück nach oben huschte. Stattdessen beherrschte ihn der Gedanke an die kleine Holzfigur in der Kiste – der regierende König, sein Onkel. Aufgeregt fragte sich Tobin, ob er seine goldene Krone tragen und ob er Tobin Ghërilains Schwert halten lassen würde.
    Seine Mutter stand immer noch am Fenster. »Wer war das auf der Straße, Kind?«
    Tobin rannte zu ihr und schaute hinaus, sah jedoch noch niemanden kommen. Er ließ sich auf seinen Stuhl plumpsen und japste nach Atem. »Vater hat Tharin vorausgeschickt … Der König – der König kommt! Er und Vater sind …«
    »Erius?« Ariani wich an die Wand zurück und umklammerte die Puppe. »Er kommt hierher? Bist du sicher?«
    Die kalte, zornige Gegenwart des Dämons umhüllte Tobin so eindringlich, dass es sich schwierig anfühlte zu atmen. Pergamentbögen und Tintenfässchen flogen vom Tisch und landeten verstreut auf dem staubigen Boden.
    »Mama, was ist denn?«, flüsterte Tobin, den der Blick in den Augen seiner Mutter auf einmal ängstigte.
    Mit einem erstickten Aufschrei stürzte sie sich auf ihn; halb schleifte, halb trug sie ihn aus der Kammer. Der Dämon tobte um sie herum, ließ die trockenen Binsen zu wirbelnden Schwaden aufwallen und schlug die Lampen von ihren Haken. Im Gang hielt seine Mutter inne und sah sich wild um, als suchte sie einen Fluchtweg. Tobin bemühte sich, nicht zu wimmern, als sich ihre Finger in seinen Arm bohrten.
    »Nein, nein, nein!«, murmelte sie. Das leere, schmuddelige Gesicht der Lumpenpuppe lugte unter ihrem Arm hervor zu Tobin.
    »Mama, du tust mir weh. Wohin gehen wir?«
    Doch sie hörte ihm nicht zu. »Nicht noch einmal. Nein!«, flüsterte sie und zerrte ihn auf die Treppe zum dritten Stockwerk zu.
    Tobin versuchte, sich loszureißen, aber seine Mutter erwies sich als zu stark für ihn. »Nein, Mama, ich will dort nicht hinauf!«
    »Wir müssen uns verstecken!«, zischte sie und packte ihn an beiden Schultern. »Letztes Mal konnte ich das nicht, sonst hätte ich es getan. Bei den Vieren, ich wollte es tun, aber sie haben mich nicht gelassen! Bitte, Tobin,

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