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Tamir Triad 01 - Der verwunschene Zwilling

Tamir Triad 01 - Der verwunschene Zwilling

Titel: Tamir Triad 01 - Der verwunschene Zwilling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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kroch er näher zu Tobin, der zurückschreckte und das Kaninchen fallen ließ.
    Lhel umarmte ihn und lachte. »Er dir nicht tun weh. Du ihm sagen, gehen weg.«
    »Geh weg, Bruder!«
    Der Geist verschwand.
    »Kann ich ihn für immer verschwinden lassen?«
    Plötzlich ernst, ergriff Lhel seine Hand. »Nein! Du ihn brauche, ich dir sagt.« Traurig schüttelte sie den Kopf. »Denken, wie einsam er sein? Er Mama vermissen, wie du Mama vermissen. Sie Hekka gemacht, für ihn gesorgt. Sie tot. Niemand gesorgt. Du ihn jetzt gesorgt.«
    Tobin gefiel ganz und gar nicht, wie sich das anhörte. »Was soll ich tun? Muss ich ihn füttern? Kann ich ihm Kleider geben?«
    »Geister essen mit Augen. Müssen sein bei Leute. So du ihn sehen, deine Mama ihn halten. Mehr sie nicht können, so krank in Herz. Du ihn manchmal rufen, ihn lassen schauen bei dir, damit er nicht einsam und hungrig. Du das tun, Keesa?«
    Tobin konnte sich nicht vorstellen, einen Geist vorsätzlich zu rufen, aber er verstand nur allzu gut, was Lhel ihm darüber zu sagen versuchte, dass sich Bruder einsam und verloren fühlte.
    Er seufzte, dann flüsterte er abermals die Worte. »Blut, mein Blut. Fleisch, mein Fleisch. Knochen, mein Knochen.«
    Bruder tauchte wieder vor ihm auf, immer noch mit finsterer Miene.
    »Gut!«, rief Lhel aus. »Du und Geist …« Sie schlang die Zeigefinger ineinander.
    Tobin musterte das verdrießliche Gesicht, das so sehr seinem eigenen ähnelte und doch auch nicht. »Wird er mein Freund sein?«
    »Nein. Du tun, was er tun. Sein viel schlimmer bevor Mama machen Hekkamari .« Sie vollführte abermals das Verbindungszeichen mit den Fingern. »Ihr nah.«
    »Werden Nari und Vater ihn sehen können, wenn ich ihn rufe?«
    »Nein, außer sie haben Auge. Oder er wollen.«
    »Aber du kannst ihn sehen.«
    Lhel tippte sich an die Stirn. »Ich haben Auge. Du auch, ja? Du sehen ihn bisschen?« Tobin nickte. »Sie ihn kennen, ohne sehen. Vater. Nari. Alter Mann an Tür. Sie wissen.«
    Tobin fühlte sich, als hätte jemand die Luft aus ihm gepresst. »Sie wissen , wer der Dämon ist? Dass ich einen Bruder habe? Warum haben sie es mir nicht gesagt?«
    »Sie nicht bereit. Bis dann, du Geheimnis wahren.« Sie klopfte ihm aufs Herz. »Sie nicht wissen Hekkamari . Nur dein Mama und ich. Du Geheimnis wahren, nur du. Du niemand zeigen!«
    »Aber wie?« Tobin fühlte sich in seine ursprüngliche Zwangslage zurückversetzt. »Ich verstecke sie an immer anderen Orten, aber …«
    Lhel stand auf und ging zur Tür. »Dein, Keesa . Du sie tragen. Gehen heim jetzt.«
    Bruder begleitete sie, als sie den Rückweg antraten, bald vor ihnen, bald hinter ihnen. Er schien zu laufen, doch es sah nicht ganz richtig aus, wenngleich Tobin nicht zu sagen vermochte, weshalb.
    Binnen überraschend kurzer Zeit erblickte Tobin das Dach des Wachturms über den Baumwipfeln.
    »Du lebst ja wirklich gar nicht weit von uns entfernt!«, rief er aus. »Darf ich dich wieder besuchen kommen?«
    »Weile warten, Keesa .« Lhel blieb unter einer Birke mit tief herabhängenden Ästen stehen. »Dein Vater nicht mögen, du mich kennen. Du bald Neues lernen.« Damit streckte sie den Arm aus, legte ihm erneut die Hand auf die Wange und zeichnete ihm mit dem Daumen ein Symbol auf die Stirn. »Du großer Krieger, Keesa . Ich sehen. Du dann erinnern, ich dir helfen, ja?«
    »Das werde ich«, versprach Tobin. »Und ich werde mich um Bruder kümmern.«
    Lhel tätschelte ihm die Wange und lächelte dabei nicht ganz. Ihre Lippen schienen sich nicht zu bewegen, als sie sagte: »Du tun wirst alles, was muss getan sein.«
    Damit wandte sie sich ab und ging davon, verschwand so rasch, dass Tobin nicht einmal sicher war, in welche Richtung. Bruder hingegen blieb bei ihm, beobachtete ihn mit jenem Furcht einflößenden, starrenden Blick. Ohne Lhel fluteten Tobins alte Ängste zurück.
    »Geh weg!«, befahl Tobin hastig. »Blut, mein Blut, Fleisch, mein Fleisch, Knochen, mein Knochen!« Zu seiner Erleichterung gehorchte der Geist, wurde schlagartig unsichtbar wie eine gelöschte Kerze. Dennoch war Tobin überzeugt, seine ihn verfolgenden Schritte zu spüren, als er nach Hause eilte.
    Mit dem Wachturm als Geleit fand er zurück zum Flussufer, dem er flink zur hinteren Mauer der Feste folgte. Aus der Küche und dem Hof ertönten die üblichen Abendgeräusche, als er durch das Tor huschte, aber in der Halle hielt sich niemand auf. Tobin huschte hindurch und schaffte es bis in sein Zimmer, ohne jemandem zu

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