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Tamir Triad 02 - Die verborgene Kriegerin

Tamir Triad 02 - Die verborgene Kriegerin

Titel: Tamir Triad 02 - Die verborgene Kriegerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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wischte sich mit dem Ärmel über den Mund und bedachte Tobin mit einem verbitterten Lächeln. »Wie ich höre, hast du dich wacker geschlagen. Und Ki auch. Ihr alle, außer Quirion. Sobald wir zurück sind, fliegt er raus.«
    »Leise, Korin, sonst weckst du Lutha noch auf.«
    Aber Korin fuhr mit ausdrucksloser Miene fort. »Weißt du, Tobin, ich war nie dafür vorgesehen, König zu werden. Ich stand an vierter Stelle der Thronfolge. Und vor mir war auch eine Schwester. Darüber wären die Anhänger Illiors hoch erfreut gewesen. Sie hätten ihre Königin haben können. Gherian und mein ältester Bruder Tadir wurden von der Wiege an darauf vorbereitet. Bei den Vieren, du hättest sie sehen sollen! Sie waren dafür geboren. Sie hätten nie …« Er trank einen weiteren Schluck und erhob sich wankend auf die Beine. Tobin wollte ihm helfen, doch Korin stieß ihn zurück. »Schon gut, Vetter. Wenigstens davon verstehe ich was, nicht wahr? Wo ist Tanil?«
    »Hier.« Der Knappe löste sich aus einem schattigen Winkel und schlang einen Arm um ihn. Der Ausdruck in seinen Augen mochte Mitleid oder Abscheu gewesen sein. Vielleicht beides.
    »Gute Nacht, Vetter.« Korin versuchte, sich zu verbeugen, als Tanil ihn wegführte.
    Tobin hörte sie stolpern, worauf das verschlafene Grummeln eines Kindes folgte, dann vernahm er das Geräusch von unsteten Schritten, die nach oben verhallten.
    Tobin setzte sich, beobachtete Lutha und versuchte, seine Gedanken zu zügeln. Schlechtes Urteilsvermögen – was an diesem Tag eindeutig Korins Vergehen gewesen war – wurde jedem Befehlshaber schwer angelastet; dem Sohn des Königs, so schien es, nur umso mehr statt weniger.
    Aber alle denken, ich sei ein Held. Tobin fühlte sich jedoch keineswegs so. Das konnte er nicht, zumal Lutha vor ihm um sein Leben keuchte und draußen auf dem Hof all die Leichname lagen.
    Unmittelbar darauf folgte ein weiterer Gedanke. Jahrelang hatte er sich dagegen gewehrt zu überlegen, was Lhels Offenbarung wirklich bedeutete. Dennoch hatte das Wissen darum gewurzelt und war wie die Rispenhirse, die draußen zwischen den gesprungenen Steinplatten hervorwucherte, die ganze Zeit über beharrlich gewachsen, um sich ans Tageslicht zu kämpfen.
    Wenn ich Königin werden soll, muss Korin beiseitetreten. Ob es vielleicht so am besten wäre?
    Allerdings fühlte es sich nicht so an. Tobin war die ersten zwölf Jahre seines Lebens mit einer Lüge aufgewachsen, und die beiden vergangenen hatte er versucht, die Wahrheit zu verdrängen. Er liebte Korin, und die meisten anderen Gefährten auch. Was würde geschehen, wenn sie die Wahrheit erführen – nicht nur, dass er ein Mädchen war, sondern dass er obendrein den leiblichen Sohn des Königs ersetzen sollte?
    Die Zeit verging, gemessen im steten Heben und Senken der zierlichen Brust Luthas. Klang sein Atem besser oder schlechter? Es war schwierig zu beurteilen. Jedenfalls hörte er sich nicht mehr so feucht an wie zuvor, und er blutete nicht mehr aus dem Mund. Das musste ein gutes Zeichen sein. Andererseits ging sein Atem immer noch rau und rasselnd, und gelegentlich schien er in der Kehle zu stocken, ehe er sich löste. Nach einer Weile fiel Tobin auf, dass er im selben Takt wie Lutha atmete, als helfe ihm dies. Wenn Lutha stockte, tat er es auch und wartete auf das nächste röchelnde Einsaugen von Luft. Es war ermüdend, darauf zu lauschen.
    Als Nikides und Ruan hereinkamen, war Tobin froh über die Wachablöse. Es gab noch jemanden, mit dem er reden musste.
    Er brauchte keine Kerze, um den Weg zu jenem verwaisten Brunnenhof erneut zu finden. Nachdem er sich vergewissert hatte, dass er alleine war, flüsterte er die Beschwörungsworte. Bruder löste sich aus den Schatten und trat vor ihn hin, grüblerisch und schweigend.
    »Du hast mir heute das Leben gerettet. Danke.«
    Bruder starrte ihn nur an.
    »Wie … wie konntest du mich ohne die Puppe finden?«
    Bruder berührte Tobins Brust. »Die Bindung ist stark.«
    »Wie an jenem Tag, als Orun mir wehgetan hat. Damals habe ich dich auch nicht gerufen.«
    »Er wollte dich töten.«
    Selbst nach all der Zeit jagten die Worte Tobin einen kalten Schauder über den Rücken; bisher hatten sie beide noch nie darüber gesprochen. »Das hätte er nicht gewagt. Man hätte ihn zu Tode gefoltert.«
    »Ich habe seine Gedanken gesehen. Aus ihnen sprach Mordlust. Bei dem Mann heute war es dasselbe.«
    »Aber warum kümmert es dich? Du hast mich nie geliebt. Früher hast du mich bei jeder

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