Tamir Triad 02 - Die verborgene Kriegerin
jene, die überlebt hatten. Alle wirkten schwer gezeichnet und hohläugig, und einige trugen kaum mehr als Lumpen und Decken. Ahras Frauen kümmerten sich um sie, aber beim Anblick dieser Gesichter fragte sich Ki unwillkürlich, ob Innis vielleicht doch Recht gehabt hatte.
Tobin hatte ihm früher von Una erzählt, und Ki hielt angespannt nach ihr Ausschau. Es dauerte eine Weile, bis er sie erkannte. Verdreckt und mit zerzaustem Haar wie eine Kämpferin von niedriger Geburt, verband sie gerade den Arm einer ihrer Gefährtinnen.
»Hallo«, sagte sie und bedachte ihn mit einem matten Lächeln, als er sich zu ihr gesellte. »Tobin habe ich bereits gedankt, und jetzt danke ich dir. Ihr wart gute Lehrer.«
»Ich bin froh, das zu hören.«
Sie nickte, dann wandte sie sich wieder ihrer Arbeit zu.
»Es war ein harter Kampf, aber wir haben dieses Nest von Ungeziefer ausgerottet«, erklärte Korin gerade. Seine kühne Rede geriet ins Stocken, als Tobin ihm Arius zeigte und ihm berichtete, was Lutha widerfahren war. Als Tobin jedoch die Freunde aus seiner Garde erwähnte, die er verloren hatte, zuckte Korin nur mit den Schultern. »Nun, das ist schließlich ihr Schicksal, nicht wahr?«
Korin hatte angeordnet, die Banditen und ihr Lager zu verbrennen. Als sie aus dem Wald gelangten, schaute Ki zurück und sah in der Ferne eine Rauchwolke über die Bäume aufsteigen.
Der Anblick hob seine Stimmung. Sie waren erfolgreich gewesen. Tobin und er hatten ihren Beitrag geleistet und überlebt, um erneut zu kämpfen. Ki brachte sogar einen stummen Dank an Bruder übers Herz. Auf dem Rückweg jedoch behielt er Korin eingehend im Auge. Der Prinz wirkte zu still, sein Gelächter gezwungen.
Sie ritten ohne Eile, und so gestaltete es sich einfach für Ki, sich unter die Leute seiner Schwester zurückfallen zu lassen, bis er Una fand, die sich am Ende des Trosses aufhielt.
»Was ist geschehen?«, flüsterte er.
Unas Schweigen und ihr warnender Blick verrieten ihm nur, dass sein Gefühl, etwas liege im Argen, ihn nicht trog.
K APITEL 35
Sobald Rilmar in Sicht geriet, galoppierten Tobin, Ki und Nikides voraus, um sich zu erkundigen, ob Lutha die Reise überlebt hatte. Sekora kam ihnen mit ernster Miene in der Halle entgegen. Larenth saß mit Barieus am großen Kamin. Der Knappe vergrub das Gesicht in den Händen und schüttelte langsam den Kopf, während Larenth mit leiser, überraschend sanfter Stimme mit ihm sprach.
»Wie geht es Lutha?«, fragte Tobin.
»Drysier sind bei ihm.« Sekora deutete in Richtung des Wohnzimmers, in dem sie am Vortag Larenth begegnet waren. »Vor einer Weile hat er aufgehört zu brüllen. Die Heiler lassen niemanden rein, nur meine Magd Arla, die Wasser und so bringt.«
Sie gesellten sich zu Barieus, aber niemand konnte still sitzen. Alsbald betraten unten Korin und die anderen den Turm. Tobin hörte einige von ihnen lachen. Sogar die Verwundeten schienen guter Dinge, nachdem sie die Arbeit des Tages verrichtet hatten.
Die übrigen Gefährten kamen herauf, und Luchs setzte sich zu Barieus, um ihm stummen Trost zu spenden.
»Eure Banditen sind erledigt, Sir Larenth«, verkündete Korin.
Tobin vermochte nicht, die Miene des alten Mannes zu deuten, als dieser das heile Auge auf den Prinzen richtete. »Wie ich höre, habt Ihr auch 'n paar Männer verloren?«
»Ja, ich fürchte, das haben wir.«
»Branntwein, Sekora!«, rief Larenth. »Lasst uns auf die Toten ebenso trinken wie auf diejenigen, die zurückgekommen sind.«
Eine Dienerin reichte ihnen beschlagene Silberbecher, und Sekora füllte sie. Tobin brachte sein Trankopfer auf die Binsen dar, dann trank er den Rest. Er hatte nie Geschmack an hochgeistigen Getränken gefunden, nun jedoch war er dankbar für die brennende Hitze. Nach ein paar Schlucken fühlte er sich schläfrig und warm; das Klirren aus der Küche und das heimelige Geplapper der Dienerinnen schienen weit entfernt. Korin und die älteren Jungen gingen nach draußen, aber Tobin harrte bei Barieus und den Freunden aus.
»Ich habe ihn im Stich gelassen«, stöhnte Barieus. »Ich hätte niemals vorauslaufen dürfen!«
»Ich habe gehört, wie er gesagt hat, du sollst losrennen«, sagte Luchs.
Doch der Knappe war untröstlich. Er glitt von der Bank, kauerte sich auf die Binsen und vergrub den Kopf in den Armen.
Das Abendmahl wurde aufgetragen und blieb unangetastet, bis ein alter Mann in braunem Gewand aus Luthas Zimmer kam und sich die Hände an einem blutigen Lappen
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