Tamir Triad 02 - Die verborgene Kriegerin
hockten ein paar Frauen, aber von den Männern fehlte jede Spur. Ringsum war nur Weideland, offenes Gelände ohne jede Deckung. ›Es scheint mir zu spät dafür, dass sie noch schlafen‹, sagte ich zum Prinzen, aber er erwiderte nur: ›Wahrscheinlich sind sie betrunken. Das hier ist Pöbel, keine Armee.‹
Etliche Banditen waren ausgebildete Soldaten, bevor sie zu Freibeutern wurden. Auch das habe ich ihm zu erklären versucht, aber er wollte nicht hören. Dann wies Porion darauf hin, dass es zwei große Koppeln gab, in denen sich aber nur wenige Pferde befanden. Es war für jeden offensichtlich, dass sich die Männer aus dem Staub gemacht hatten, trotzdem konnte nichts den Prinzen von einem Angriff abhalten. Er wollte nicht einmal auf einen Kundschafter warten. Also ritten wir wild entschlossen los und brüllten den ganzen Weg. Wäre der Feind noch im Bett gelegen, die Schlachtrufe hätten ihn zu Tode erschreckt.
Wir begaben uns mitten ins Lager hinein, aber außer den armen Frauen kam uns keine Menschenseele entgegen. Sie wussten nicht, wo die Männer steckten, doch es sollte nicht lange dauern, bis wir es herausfanden. Sie haben darauf gewartet, dass wir abstiegen und uns verteilten, um das Lager zu durchsuchen, dann stürmten sie aus dem keine Viertelmeile entfernten Wald herbei, fünfzig Mann stark, beritten; wie ein Wirbelwind haben sie auf uns zugehalten.«
Sie setzte ab und seufzte. »Und der Prinz stand einfach da und starrte hin. Alle haben gewartet, dann sagte Porion unheimlich respektvoll: ›Wie lauten Eure Befehle, Herr?‹ Erst da kam er zu sich, aber es war zu spät. Eigentlich war es in dem Augenblick zu spät, in dem wir ins Lager geritten sind.
Uns blieb keine Zeit, wieder aufzusteigen oder jemanden zu euch zu schicken. Die Gefährten und einige von uns haben einen Ring um den Prinzen gebildet und sind bestmöglich hinter einem Heuschober in der Nähe der Koppeln in Deckung gegangen. Alle anderen stoben auseinander. Mittlerweile waren die feindlichen Bogenschützen in Schussweite und entfesselten einen Pfeilhagel auf uns.« Sie schüttelte den Kopf. »Sobald der Prinz losgelegt hatte, kämpfte er recht wacker, trotzdem habe ich jetzt leere Sättel in meiner Gruppe, weil er einen großen Angriff wollte. Aber gut, Ihr habt ihn ja danach gehört, nicht wahr? Das ist ihr Schicksal.«
Die Verbitterung in ihrem Tonfall sprach Bände. Sie trank einen weiteren Schluck aus der Schöpfkelle. »Aber Tharin und einige der anderen haben mir erzählt, wie Ihr Eure Männer gesammelt und gekämpft habt. Ihr seid von Sakor berührt. Ich war stolz, es zu hören, aber nicht überrascht. Auch mein Vater hat es in Euch gesehen, wenngleich er von Eurem Vetter von Anfang an wenig hielt. Er irrt sich nicht oft, der alte Halunke.«
»Danke, dass du mir das erzählt hast«, sagte Tobin. »Ich … ich denke, ich setze mich jetzt zu Lutha.«
Sie ergriff seinen Arm. »Verratet nicht, dass ich etwas gesagt habe, ja? Ich fand nur, Ihr solltet es wissen.«
»Werd ich nicht. Danke.«
Tobin war speiübel, als er zur Küche zurückkehrte. Es war schlimmer, als er sich ausgemalt hatte. Er zündete die Kerze wieder an und schlich nach oben.
Luthas Tür stand ein paar Zollbreit offen; ein schmaler Lichtstreifen fiel heraus auf den Boden der Halle und die dort schlafenden Kinder und Hunde. Tobin bahnte sich einen Weg um sie und spähte in die Kammer.
Auf einem Tisch neben Larenths Lehnsessel brannte eine Kerze. Der Sessel stand halb von der Tür weggedreht, dennoch konnte Tobin dort Korins Umrisse erkennen. Sein Vetter saß da und beobachtete, wie sich Luthas Brust angestrengt hob und senkte.
»Wo sind denn alle?«, flüsterte Tobin, schloss die Tür und gesellte sich zu Korin. Der Gestank von Wein wehte ihm bereits auf halbem Weg durch das Zimmer entgegen. Als er vor den Sessel trat, sah er, dass Korin einen Tonkrug mit Wein in den Armen hielt und äußerst betrunken war.
»Ich habe Luchs und Caliel aufgetragen, Barieus zu Bett zu bringen. Sie mussten beide Hand anlegen, um ihn wegzuschleifen.« Seine Stimme klang belegt, die Worte ertönten lallend. Korin stieß ein leises, höhnisches Lachen aus. »Der beste Befehl, den ich heute erteilt habe, was?«
Damit hob er den Krug an und schlürfte geräuschvoll daraus. Wein rann ihm übers Kinn und befleckte sein dreckiges Hemd. Er hatte sich seit ihrer Rückkehr weder umgezogen, noch gebadet. Seine Hände waren schmutzig; unter den Nägeln prangte geronnenes Blut.
Er
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