Tamir Triad 03 - Die prophezeite Königin
befahl Tamír dem Pagen. Sie ließ sich auf das Bett fallen und nickte in Richtung der Wanne. »Willst du zuerst?«, fragte sie Ki.
»Nein, mach nur. Das ist …« Noch vor einer Woche hätte Ki nicht zweimal darüber nachgedacht. Nun spürte er, wie ihm Hitze in die Wangen kroch. »Ich sollte rausgehen …«
Es schien naheliegend, aber Tamír wirkte plötzlich den Tränen nah. »Widere ich dich so sehr an?«
»Was? Nein!«, rief Ki aus, den sowohl der jähe Stimmungswechsel als auch der Umstand verdutzte, dass sie zu einem solchen Gedanken gelangte. »Wie kannst du das nur denken?«
Mit dem Gesicht in den Händen sackte sie nach vorn. »Weil ich mich so fühle. Seit Atyion fühlte ich mich in einem bösen Traum gefangen, aus dem ich nicht aufwachen kann. Nichts erscheint mir richtiger zu sein! In der Hose habe ich dieses leere Gefühl …« Ki sah, dass auch ihr Röte in die Wangen stieg. »Und die hier?« Verdrossen blickte sie auf die kleinen Erhebungen unter dem dreckigen Leinenhemd hinab. »Sie brennen wie Feuer!«
Ki ertappte sich dabei, überallhin zu blicken außer zu ihr. »Meine Schwestern haben über dasselbe geklagt, als sie gesprossen sind. Das vergeht, während sie weiterwachsen.«
»Wachsen?« Die Vorstellung schien Tamír zu entsetzen. »Aber willst du wissen, was das Schlimmste ist?«
Sie zog sich das Hemd über den Kopf, auf dass sie, abgesehen von der Kette mit den Ringen ihrer Eltern um den Hals, von der Hüfte aufwärts splitternackt zurückblieb. Hastig wandte Ki den Blick wieder ab.
»Das. Du kannst mich nicht mal ansehen, nicht wahr? Seit Atyion beobachte ich tagtäglich, wie du zusammenzuckst und dich wegdrehst.«
»So ist das nicht.« Ki blickte sie unverwandt an. Als Kind hatte er reichlich nackte Frauen gesehen. Tamír unterschied sich kaum von seinen Schwestern, abgesehen von dem unebenmäßigen Bluterguss an ihrer Schulter, wo sie während des ersten Angriffs auf die Stadt getroffen worden war. Mittlerweile war er zu einem grüngelben Fleck verblasst, in der Mitte von einem purpurnen Abdruck des Kettenhemds getupft, das den Pfeil aufgehalten hatte. »Es ist … Verdammt, ich kann es nicht erklären. Tatsache ist, dass du gar nicht so anders aussiehst als zuvor.«
»Lügen hilft nicht, Ki.« Sie kauerte sich zusammen, verschränkte die Arme vor den winzigen Brüsten. »Illior ist grausam. Als ich ein Junge war, wolltest du mich nicht anrühren, und jetzt, da ich ein Mädchen bin, kannst du mich nicht einmal ansehen.« Sie stand auf und schlüpfte aus der Hose, trat sie zornig beiseite. »Du weißt viel mehr über Mädchenkörper als ich. Sag, sehe ich jetzt wie ein Junge oder wie ein Mädchen aus?«
Ki schauderte innerlich. Was keineswegs daran lag, dass etwas mit dem nicht stimmte, was er sah. Das dunkle Haar in ihrem Schritt sah genau wie bei anderen Mädchen aus. Nein, es war das Wissen, was sich früher dort befunden hatte, das ihm den Magen zusammenkrampfte.
»Nun?« Sie wirkte immer noch zornig, aber ihr rollte eine Träne übers Gesicht.
Der Anblick versetzte Ki einen Stich im Herzen; er wusste, wie viel es brauchte, um sie zum Weinen zu bringen. »Na ja, du bist immer noch dürr, und dein Hintern war schon immer ein wenig flach, aber viele Mädchen sehen so aus. Du bist noch nicht so alt, schon … zur Frau zu reifen.« Er verstummte kurz und schluckte schwer. »Das geschieht, wenn du …«
»Wenn ich mit dem Mond blute?« Tamír wandte den Blick nicht ab, aber ihre geröteten Züge färbten sich noch dunkler. »Das habe ich in gewisser Weise schon vor der Verwandlung getan. Lhel gab mir Kräuter, durch die es großteils aufgehört hat. Aber ich vermute, jetzt wird es wieder einsetzen. So, und nun weißt du alles. Die vergangenen Jahre hast du neben einem Jungen geschlafen, der geblutet hat!«
»Verdammt, Tob!« Das war zu viel. Ki sank auf einen Stuhl und vergrub das Gesicht in den Händen. »Das ist es, womit ich nicht zurechtkomme – diese Unwissenheit!«
Elend zuckte Tamír mit den Schultern und griff nach dem Morgenrock, den jemand am Ende des Bettes zurückgelassen hatte. Es war der einer Dame, aus Samt mit Silberspitzen und Stickereien. Tamír wickelte sich darin ein und schmiegte sich gegen die Kissen.
Ki schaute auf und blinzelte überrascht. »Na also, das sieht doch gleich anders aus.«
»Was?«, murmelte Tamír.
»So wirkst du … mädchenhafter.« Damit erntete Ki einen finsteren Blick.
Entschlossen, die Dinge zwischen ihnen zu begradigen, sah er
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