Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tamir Triad 03 - Die prophezeite Königin

Tamir Triad 03 - Die prophezeite Königin

Titel: Tamir Triad 03 - Die prophezeite Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
Vom Netzwerk:
sich um und erblickte einen Elfenbeinkamm auf dem Frisiertisch. Entweder war dies einst das Zimmer einer Dame gewesen, oder Illardis Herzogin hatte sich alle Mühe gegeben, es ordentlich einzurichten. Auf dem Tisch standen Gefäße mit kunstvollen Deckeln sowie verschiedener Krimskrams, dessen Zwecke er nur erahnen konnte.
    Er ergriff den Kamm, setzte sich neben Tamír aufs Bett und zwang sich zu einem Grinsen. »Wenn ich schon deine Ankleidefrau sein soll, Hoheit, darf ich mich dann um dein Haar kümmern?«
    Das brachte ihm einen noch düstereren Blick ein, doch nach einer kurzen Weile drehte sie ihm den Rücken zu. Er kniete sich hinter sie und begann, das verworrene Haar zu bearbeiten, indem er es sich in Strängen vornahm, wie es früher Nari getan hatte.
    »Glaub bloß nicht, ich wüsste nicht, was du vorhast.«
    »Was habe ich denn vor?«
    »Das aufgekratzte Pferd striegeln?«
    »Na ja, es muss gemacht werden. Dein Haar ist voller Knötchen.«
    Eine Zeit lang arbeitete er schweigend vor sich hin. Tamír besaß dichtes Haar, fast so schwarz wie jenes von Alben, aber nicht so glatt wie das seine. Als Ki fertig war, fiel es ihr in üppigen Wellen über den Rücken.
    Allmählich entspannten sich ihre Schultern, und sie seufzte. »Weißt du, es ist nicht meine Schuld. Ich habe mir das nicht ausgesucht.«
    »Ich weiß.«
    Sie schaute über die Schulter zurück. »Zwischen uns fühlt sich jetzt alles so anders an. Das hasse ich!«
    Vor Überraschung ging das Mundwerk mit Ki durch, und er sagte die Wahrheit: »Ich auch. Ich denke, ich vermisse Tobin einfach.«
    Sie wirbelte herum und packte ihn an den Schultern. »Ich bin Tobin.«
    Ki versuchte, den Blick abzuwenden, um die in seinen Augen brennenden Tränen zu verbergen, doch sie hielt ihn fest.
    »Bitte Ki, du musst für mich derselbe bleiben!«
    Beschämt über die eigene Schwäche löste Ki ihre Hände von seinen Schultern und nahm sie fest zwischen die seinen. »Tut mir leid. So habe ich das nicht gemeint. Aber du bist …«
    »Bloß ein Mädchen?«
    »Nein. Du sollst Königin werden, Tamír. Von Rechts wegen bist du das bereits.« Sie wollte sich von ihm zurückziehen, doch diesmal hielt er sie fest. »Eine Königin, neben der dieser Wald- und Wiesenritter vor dir in kalten Nächten nicht schlafen kann, mit der er nicht schwimmen oder ringen kann …«
    »Warum nicht?«
    Nun war es Ki, der zurückwich, da er den Schmerz in ihren Augen nicht ertragen konnte. »Das wäre nicht schicklich! Verdammt, wenn du Königin sein sollst, musst du dich auch so benehmen, oder? Du bist zwar immer noch eine Kriegerin, aber auch eine Frau – oder zumindest ein Mädchen. Und Mädchen und Jungen? Die machen so etwas nicht miteinander. Nicht bei den Adeligen«, fügte er hinzu und errötete. Wie alle anderen hatte er sich bislang mit Dienstmädchen begnügt, wofür er sich jedoch bis zu diesem Augenblick noch nie geschämt hatte.
    Die Lippen zu einer strengen Linie verkniffen setzte sich Tamír zurück, doch Ki konnte sehen, dass die Mundwinkel zitterten. »Gut. Dann lass mich allein, während ich bade.«
    »Ich sehe inzwischen nach, wie es Nik und Tanil geht. Dauert nicht lange.«
    »Lass dir Zeit.«
    Ki hielt auf die Tür zu. Sie rief ihn nicht zurück, sondern starrte ein Loch ins Bett. Mit aufgewühltem Herzen huschte Ki hinaus, senkte leise den Türgriff, drehte sich um – und stellte fest, dass Tharin und Una ihn erwartungsvoll beobachteten.
    »Sie … äh … badet jetzt«, murmelte Ki. »Ich komme gleich wieder.«
    Mit geducktem Kopf schob er sich an den beiden vorbei. Als er von dannen schritt, fühlte es sich an, als wäre eine gänzlich andere Art von Tür zwischen ihm und Tamír zugefallen.
    Tamír kämpfte weitere Tränen zurück, als sie sich auszog und in die Wanne stieg. Sie tauchte in das Wasser und rieb sich kräftig das Haar mit Seife ein, doch ihren Gedanken konnte sie nicht entrinnen.
    Selbst als Tobin war sie von jeher eigenartig gewesen, aber Ki hatte sie immer verstanden und so angenommen, wie sie war. Nun schien er nur noch die Fremde sehen zu können, zu der sie geworden war – ein schlichtes, dürres Mädchen, das anzusehen ihn zu sehr verwirrte. Sie schob einen Finger durch den Ring, der ihrer Mutter gehört hatte, und betrachtete die Umrisse ihrer Eltern. Ihre Mutter war wunderschön gewesen, auch nachdem sie den Verstand verloren hatte.
    Und wenn ich mehr wie sie aussähe?, fragte sie sich mürrisch. Dafür standen die Aussichten schlecht.
    Tamír

Weitere Kostenlose Bücher