Tamir Triad 03 - Die prophezeite Königin
nur hatte sie den Zauber noch nie gegen ihn eingesetzt.
»Viel Glück!«, rief er der menschenleeren Straße zu, während er dastand und die Finger in den Mantel grub. Seine Stimme hallte hohl über den Pass. »Ich werde alles tun, was du gesagt hast. Versprochen! Und … danke!« Die Stimme versagte ihm den Dienst, als frische Tränen die Sterne über ihm verschwimmen ließen. »Ich werde dich nie vergessen«, flüsterte er.
Die einzige Antwort bildete der ferne Jagdschrei einer Eule.
Ohne sich darum zu kümmern, ob ihn womöglich Wachposten beobachteten, drückte er das Gesicht in den zurückgelassenen Mantel seiner geliebten Lehrmeisterin und weinte.
Kapitel 34
Aufgewühlt von der Furcht und dem Zorn in Arkoniels Stimme, vergaß Ki seine Beklommenheit und eilte in Tamírs Zimmer. Luchs und Nikides standen offenkundig besorgt an der Tür und lauschten.
»Was ist geschehen?«, flüsterte Ki.
»Ich glaube, sie hat Frau Iya verbannt, und vielleicht auch Arkoniel«, berichtete ihm Luchs. »Es gab eine Menge Gebrüll, und ich schwöre dir, der Boden hat gezittert. Dann haben wir gehört, wie sie die beiden angeschrien hat, zu verschwinden …
»Ja, Arkoniel habe ich gerade gesehen. Er schickt mich.«
»Sie will niemanden sehen. Ausdrücklicher Befehl«, gab Nikides entschuldigend zurück.
»Mich wird sie sehen wollen.«
Luchs trat beiseite und bedeutete Nikides, dasselbe zu tun. Ki nickte zum Dank und hob den Türriegel an.
Tamír saß auf einem niedrigen Schemel vor dem Feuer, die Arme fest um die Knie geschlungen. Bruder kauerte neben ihr, das Gesicht eine Maske blanker Wut. Zornig zischte er ihr etwas zu, allerdings zu leise, als dass Ki es verstehen konnte. Die Luft strotzte vor Bedrohung. Während er hinsah, streckte sich Bruder langsam nach ihr aus. Ki zog die Klinge und stürmte auf den Dämon zu. »Rühr sie nicht an!«
Bruder wirbelte herum und schoss auf ihn zu.
»Nein!«, brüllte Tamír.
Bruder setzte ein hämisches Grinsen auf und seinen Ansturm fort. Ki spürte, wie ihn tödliche Kälte umgab, dann verschwand der Dämon. Ihm fiel das Schwert aus den tauben Fingern; er hatte Mühe, sich auf den Beinen zu halten, als eine Woge von Schwäche über ihm zusammenschwappte.
Tamír eilte an seine Seite und packte ihn am Arm, um ihn zu stützen. »Hat er dich verletzt?«
»Nein, er hat mir nur einen Schreck eingejagt.«
»Gut.« Sie ließ ihn los, nahm wieder Platz und wandte sich von ihm ab. »Geh weg, Ki. Im Augenblick will ich niemanden sehen.«
Ki zog sich einen weiteren Schemel neben den ihren und setzte sich. »Schade, denn ich werde bleiben.«
»Raus hier. Das ist ein Befehl.«
Stur verschränkte Ki die Arme vor der Brust.
Einen Augenblick funkelte sie ihn finster an, dann gab sie es auf und vergrub das Gesicht in den Händen. »Iya und Lhel haben meinen Bruder getötet.«
Irgendwie überraschte dies Ki nicht. Er schwieg und wartete darauf, dass sie fortfuhr.
»Meinetwegen ist er jetzt so.«
»Es ist nicht deine Schuld. Bei Bilairys Hintern – Tamír, du warst selbst ein Neugeborenes! Ich bin sicher, sie haben es nur getan, weil sie mussten.«
»Für Skala«, sagte sie mit vor Gram triefender Stimme.
»Ich will nicht behaupten, es sei richtig, einen Säugling so zu behandeln, aber was, wenn dein Onkel dich gefunden und umgebracht hätte? Was wäre dann aus Skala geworden?«
»Du hörs t dich genau wie sie an! Ich hätte Iya für das, was sie getan hat, hinrichten lassen sollen. Er war ein Prinz des wahren Blutes. Aber … Ich konnte es nicht!« Ihre Schultern bebten. »Ich habe sie nur verbannt, und jetzt ist Bruder hasserfüllter denn je zuvor. Und ich weiß nicht, wie ich Arkoniel je wieder ansehen kann … dabei hatte ich gerade begonnen, ihm wieder zu vertrauen, und …« Gleich einem Häufchen Elend krümmte sie sich vornüber.
Ki vergaß die vorherige Anspannung zwischen ihnen und zog sie erneut in eine Umarmung. Sie weinte zwar nicht, aber ihr Körper war starr und zitterte. Er streichelte wieder ihr Haar, und nach einer Weile löste sie sich ein wenig. Bald schlang sie die Arme um seine Mitte und vergrub das Gesicht an seinem Hals.
»Bin ich ein Ungeheuer, Ki? Ein widernatürliches Geschöpf?«
Er zupfte an einer Locke ihres Haars. »Sei nicht albern.«
Sie stimmte ein ersticktes Lachen an und richtete sich auf. »Aber du siehst immer noch Tobin, nicht wahr?«
Sie wirkte wieder so verletzlich wie in der Nacht, bevor er auszog, um zu kämpfen. »Ich sehe meinen
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