Tamir Triad 03 - Die prophezeite Königin
Freund, den ich von dem Tag an geliebt habe, an dem wir uns begegnet sind.«
»Geliebt. Wie einen Bruder«, meinte sie verbittert. »Was macht das jetzt aus mir? Deine Schwester?«
Der Schmerz, der aus ihren Augen sprach, presste ihm das Herz zusammen. Wenn keine Schwester, was dann? Angst und Verwirrung lähmten seine Zunge nach wie vor, aber er hatte nicht den Ausdruck in ihrem Gesicht vergessen, als er sie in dieser Nacht mit ihrem Jungennamen rief, oder wie es sich angefühlt hatte, als sie den gut aussehenden Aurënfaie beim Abendessen anlächelte. Bin ich …? Könnte ich denn je …?
Jene dunklen Augen weiteten sich, als er sich vorbeugte, zögerlich mit dem Mund den ihren berührte und versuchte, ihr zu geben, was sie brauchte.
Kurz zitterten ihre Lippen an den seinen, dann wandte sie das Gesicht ab. »Was soll das? Ich brauche dein Mitleid nicht, Ki.«
»Das ist es nicht.« Oder doch? Er ließ den Kopf hängen. »Es tut mir leid.«
Seufzend stützte sie den Kopf wieder auf die Hände. »Ich kann von dir nicht verlangen, anders zu empfinden, als du es tust.«
Darin bestand das Problem. Er war sich nicht im Klaren über seine Gefühle. Sie ist ein Mädchen, verdammt! Du weißt doch, wie man ein Mädchen beglückt! Er zog sie auf die Beine, schlang einen Arm um ihre Mitte und küsste sie erneut, diesmal entschlossener.
Sie stieß ihn zwar nicht weg, aber ihre Arme blieben mit geballten Fäusten an den Seiten. Es war nicht so, als küsste er einen Jungen, doch es war auch kein guter Kuss. In ihren Augen standen Tränen und Misstrauen, als Ki sie losließ.
»Was kommt als Nächstes – wirfst du mich jetzt aufs Bett?«
Bedrückt schüttelte er elend den Kopf. »Es tut mir leid.«
»Hör auf, das zu sagen!«
»Verdammt, Tamír, ich gebe mir doch Mühe!«
»Tut mir leid, dass es solche Schwerstarbeit ist!«
Einen Augenblick starrten sie einander zornig an, dann drehte sich Ki um, stapfte hinaus, schlug die Tür hinter sich zu und sagte sich, dass es ein strategischer Rückzug sei.
Bevor er flüchten konnte, packte Luchs ihn am Arm und wirbelte ihn zurück ins Zimmer. »Geh da wieder rein, du Feigling!«
Durch den unerwarteten Schwung stieß er mit Tamír zusammen, und die beiden stürzten zusammen auf das Bett. Die Seile ächzten unter ihnen, als sie hastig versuchten, sich voneinander zu lösen. Keuchend und errötend zogen sie sich zu gegenüberliegenden Enden zurück.
»Luchs hat mich geschubst«, murmelte Ki.
»Ich weiß.« Sie zog die zerknitterten Röcke über die Knie.
Unbehagliches Schweigen setzte ein, durchbrochen nur vom Knistern des Feuers. Ki konnte sich nur allzu gut vorstellen, wie die anderen draußen die Ohren an die Tür pressten. Er setzte erneut dazu an, sich zu entschuldigen, doch sie ließ ihn mit einem Blick davon Abstand nehmen.
Nach einer weiteren betretenen Weile seufzte sie und streckte die Hand aus. »Du bist immer mein bester Freund gewesen, Ki.«
Ki ergriff die Hand und sprudelte hervor: »Und ich liebe dich wirklich ! Das werde ich immer tun.«
»Aber nicht als …«
Er blickte auf ihre vereinten Hände hinab und suchte in seinem Herzen nach einem Funken Verlangen. Aber er konnte sich immer noch nicht vorstellen, mit ihr das Bett so zu teilen, wie er es mit all den Dienstmädchen und Küchenmägden getan hatte. Es war, als hätte ihn ein Zauberer verhext und ihm die Hitze aus den Lenden gesogen. »Ich würde alles, was ich besitze, dafür geben, so für dich zu empfinden.«
Ihr leises Schluchzen und der Anblick neuer Tränen, die über ihre Wangen rannen, drückte Ki abermals das Herz zusammen. Er schluckte schwer, rückte zu ihr und zog sie an sich. Diesmal weinte sie.
»Ich bin verflucht, Ki. Bruder sagt das auch.«
»Du solltest nicht glauben, was er sagt. Du weißt doch, was für ein Lügner er ist.«
»Du findest doch nicht, dass es falsch war, Iya zu verbannen, oder?«
»Nein. Allerdings denke ich, dass es falsch gewesen wäre, sie hinzurichten.«
Tamír setzte sich auf, wischte sich die Nase am Ärmel ab und bedachte ihn mit einem zittrigen, beschämten Grinsen. »Ich habe mich wahrhaftig in eine Frau verwandelt, was? Früher hab ich nie so geweint.«
»Lass so etwas bloß nicht Una hören.«
Sie brachte ein mattes Lächeln zustande. »Deine Freundschaft bedeutet mir mehr als alles andere. Wenn das alles ist, was wir je haben können …«
»Sag das nicht.« Ernst sah er ihr in die traurigen Augen. Am liebsten hätte er selbst geweint. »Du
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